Hi,
Ob man's in der Troposphäre "Polarwirbel" oder "Wirbelkomplex" nennt,
das ist in meinen Augen reine Wortglauberei.
Im Prinzip verhält er sich in der Troposphäre nicht viel anders als darüber
in der Stratosphäre.
Zum Punkt: er besteht aus mehreren Tiefdruckgebieten!
Naja - wenn er vollkommen intakt ist, dann besteht er eher aus einem
riesigen, kompakten Tiefdruckgebiet - mit Zentrumm in Polnähe. Was
wir aber die letzten Jahre immer mehr sehen, ist die Zerfledderung dieses
einen großen Tief's - indem sich immer irgendweliche Hochdruckgebiete
aus südlichern Gebieten "reinschmuggeln/dazwischenpositionieren können".
Ohne jetzt genaue Aufzeichnungen geführt zu haben, ist für mich in den
letzten Jahre die häufigste Ausprägungsform des troposphärichen PW die
eines BIPOLS geworden. (mit dem westlichen Kern über Nordostamerika -
und dem östlichen über Sibirien). Dies ist auch ein Grund, wieso die Winter
in den letzten Jahren in diesen Regionen auch völlig gegen den Trend des
Klimawandels verlaufen, und eher kälter als milder werden.
Klassisches Beispiel dafür ist, was jetzt grad in den USA passiert. Durch
dir augesprägte BIPOLARITÄT kann natürlich der westliche DIPOL auch
mal etwas südlicher ausgreifen, wodurch selbst die Mitte der USA mit
arktischen Temps um -30 Grad versorgt wird. Ähnliches passiert übrigens
auch derzeit im östlichen Sibirien - wo sich sogar noch kältere Luft sammelt
als in Nordostamerika:
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In der Troposphäre schaut das nächste Woche schon sehr nach einem
Split aus - zusätzlich zeigt das europ. Modell, daß sich vom östlichen Dipol
ein Kältepool löst und sich in Richtung Mitteleuropa bewegt:
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Auch wenn man jetzt auf den ersten Blick meinen könnte: "Die Szenerie
muß schon einen vollständigen PW-Split zeigen, denn die Kälte kommt
ja von Sibirien->Russland zu uns - und deutet somit auch auf eine bereits
erfolgte Rotationsumkehr hin (von "gegen" zu "im" Uhrzeigersinn), dann
zeigt uns die Animation doch was anderes:
Eine wirkliche "Rotationsumkehr" findet also auch da noch nicht statt -
und genau diese müßte in beiden Polen erfolgen, damit man von
einem "abgeschlossenen PW-Split" sprechen könnte. Denn dann
könnte wirklich über längeren Zeitraum hindurch - bei dieser
Konstellation - die sibirischen Kälte zu uns gelangen.
Noch zur Ursache - wieso auch ohne Rotationsumkehr sich dieser
Kältepool nächste Woche zu uns bewegen soll: Grund dafür ist
ein Hoch zwischen Nordskandianvien und dem Baltikum, welches
eben durch seine Rotation im Uhrzeigersinn, Kälte von Rußland
zu uns schaufelt. (hab ich übrigens gestern schon berichtet).
Dieses Hoch sehen wir am besten in der 500hpa - Karte
(=5,5 - 6 km, also noch immer ganz klar Troposphäre - da
diese ja bis in eine Höhe von 15 km reicht):
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Wie`s dann weitergeht - ist aufgrund der Langfrist natürlich noch
Spekulation. Wenn man sich aber die 500-hpa Karte anschaut, dann
könnte man daraus den Schluß ziehen, daß der "Kleine" Kälte-
patzen vom sibirischen Dipolteil abgeschnitten werden könnte
und sich dann als "Insel" quasi - über Mitteleuropa legen würde.
Da der Kältenachschub aber abgeschnitten wär (die wirklich kalte
Luft wär zu weit im Osten), würde das nur eine relativ kurze Kälte-
phase bei uns bedeuten - denn die Kälte würde sich relativ rasch
"aufbrauchen".
Laut GFS wär es aber anders! Es zeigt eigentlich alles so wie das
europ. Modell auch (nur 1-2 Tage später, also auch mit diesem
losgelösten Kältepool), da GFS aber weiter in die Zukunft schaut -
sehen wir, daß es danach nicht eine Ende dieser Kältezufuhr - ganz
im Gegenteil sogar eine Intensivierung direkt vom östlichen PW aus
geben würde. Es käme noch kältere Luft (diesmal aus nördlicherer
Richtung (durch Rotation des PW und nicht durch's Hoch vom
Baltikum)) nachgeschossen. Diese könnte dann auch jede Menge
Schnee mit im Gepäck haben, da ja dabei ein weiter Weg über
über Meerwasser (Barentsee - Ostsee) erfolgen würde!
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Wie aber erwähnt, das ab dem 9./10 ist noch ziemliche Glaskugel -
wird aber vom GFS-Modell in dieser so gezeigt!
Vorsicht! - es könnte nämlich auch ganz anders kommen! Wenn die
Kälte nämlich nicht kommt so wie's GFS hinten raus zeigt - dann
hätte wir vielleicht wieder unser Standardproblem, daß der Osten
Amerikas noch immer sehr viel Kaltluft hat und dadurch wieder
der Atlantik angefeuert werden würde. Somit könnte zur Monats-
mitte hin es auch schlagartig richtig mild werden bei uns.
Es bleibt also spannend - und fix ist bei weitem noch nix!
lg
PS: hab bewußt hier versucht, Fachausdrücke zu vermeiden - denn
das wird uns ja oft (zu recht) auch vorgeworfen - wenn wir hier über
den PW was schreiben.