Wetterforum Wetter-Runde

Normale Version: Wetterleuchte's Polarwirbelexpertisen 16/17 - Analysen, Aussichten, Expertisen
Sie sehen gerade eine vereinfachte Darstellung unserer Inhalte. Normale Ansicht mit richtiger Formatierung.
Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
In diesem Jahr sehen wir zum Ende des Oktobers einen bereits gut entwickelten stratosphärischen Polarwirbel. Den Entwicklungsstand erkennt man an der Ausdehnung des Wirbels und an seiner Druckstärke. Beide Faktoren zeigen im Verhältnis zu Vergleichsjahren in diesem Herbst eine bereits gut entwickelte Struktur.

Allerdings ist die Wirbelstruktur labil, das heißt, der Wirbel neigt zur Bildung von Dipolen (zwei voneinander abgelegene Wirbelzentren, die aber noch miteinander verbunden sind) oder sogar einem Tripol (dann drei solcher eher schwachen Zentren) bis hin zu einem Polarwirbelsplit, bei dem sich zwei starke Wirbel ausbilden, die voneinander getrennt sind und eigenständig agieren.
Die Gründe für eine labile Struktur sind vielfältig. Einen geschlossen, starken Polarwirbel kann man dann beobachten, wenn die Gegensätze der Temperaturen zwischen Nord und Süd auf unserer Nordhalbkugel sehr groß sind. Dies befeuert die Bewegungen um den Wirbel herum und vertieft diesen dadurch. Bei einem starken, geschlossenen Polarwirbel können störende Einwirkungen aus der Troposphäre oder Erwärmungen in der Stratosphäre die Struktur des Wirbels nur wenig beeinflussen. Anders ist dies bei einem in der Struktur labilen Wirbel. Externe Einflüsse können den Wirbel verformen oder Teile abspalten, im ungünstigsten Fall den Wirbel in zwei Teile trennen (Split). So kann ein bereits gut entwickelter Polarwirbel durch z.B. troposphärische Einflüsse (Hochdruckkeil drückt von unten gegen den stratosphärischen Wirbel und trennt ihn in der unteren Stratosphäre in zwei Teile) gestört werden, obwohl der Wirbel für die Jahreszeit schon gut entwickelt war. Allerdings benötigt es dazu grundsätzlich auch noch weitere Faktoren, die da sein können: Erwärmungen an exponierten Stellen und Höhen in der Stratosphäre, ein Wechsel in der stratosphärischen Windrichtung von West auf Ost oder auch eine Veränderung der Schwerewellen-Ausrichtung durch eine Verschiebung in der Konvergenzzone. Es gibt weitere Einflüsse, die ich hier aber nicht alle behandeln kann.

Zur aktuellen Situation:
Der Polarwirbel zeigt einen guten Entwicklungsstand für Ende Oktober. Das bedeutet, dass die Differenzen in der Temperatur zwischen Nord und Süd sehr groß sein müssen. Nur dann wächst der Polarwirbel so früh und so rasch, wie wir es heute sehen können. Allerdings ist er dennoch labil. Die Frage ist, warum ist er so labil? Ich mache es kurz: wir haben in der Stratosphäre überraschend einen Windwechsel (QBO) messen können: die Hauptwindrichtung ist von West auf Ost gewechselt und das sehr flott. Dieser Windwechsel findet durchschnittlich alle 27 Monate statt, ist aber erstmals (seit Aufzeichnungbeginn 1953) nicht pünktlich zwischen Ende 2015 und Mitte 2016 eingetreten. Die Gründe dafür sind nicht bekannt. Jetzt kam er dafür umso überraschender und vollzog sich sehr schnell. Mit dem Ostwind (der stärker ist als der Westwind) wird der Polarwirbel in seiner Bewegungsrichtung und folglich in seiner Struktur geschwächt. Und diese Schwächung führt nun ab heute zu einem ausgewachsenen Polarwirbelsplit, also es entwickeln sich zwei voneinander getrennte Polarwirbel. Vollzogen wird der Split in etwa 2 Tagen sein, also etwa am 28.10.2016. Dann sind beide Wirbel tatsächlich autark und agieren selbständig. Ein Wirbel wird dabei über Sibirien (bis Mongolei) liegen, der andere über Nordkanada bis Westgrönland. Zum Zeitpunkt des Splits wird der Wirbel über Sibirien der stärkere sein (Druck liegt niedriger) und damit dominant sein für die Bestimmung der kurzfristigen Positionierungen beider Wirbelkerne. Der stärkere Wirbel zeichnet sich auch dadurch aus, der er über die größere Kaltluftansammlung verfügt. Wandert oder bewegt sich der stärkere Wirbel in eine Richtung, folgt der schwächere Wirbel gewöhnlich fast synchron dieser Bewegung. Genau zwischen den beiden Wirbeln wird durch die an dieser Stelle entgegengesetzten Bewegungsrichtungen großer Druck produziert, was sich in Hochdruck auf den Wetterkarten darstellt. Dieser Hochdruck trennt in der Troposphäre ebenso die sich ausbildenden Tiefdruckgebilde voneinander, womit insgesamt eine völlig veränderte Luftzirkulation entsteht. Dieser Zustand mit getrennten Wirbeln kann von wenigen Tagen bis zu 2 Monate andauern, je nach Stärke des Polarwirbels insgesamt und nach Andauer der störenden Faktoren. Grundsätzlich kann man sagen, ein sehr früher oder sehr später Polarwirbelsplit (also vor Mitte November oder nach Mitte März) dauert nur wenige Tage an und hat längst nicht so gravierende Auswirkungen auf die Temperatur- und Niederschlagsabweichungen am Boden, wie es mit solch einem Ereignis in der Zeit von Ende November bis Anfang März der Fall ist.

Nun haben wir also einen sehr frühen Polarwirbelsplit zu verzeichnen in diesem Herbst 2016. Für unser Wetter in Mitteleuropa bedeutet ein Polarwirbelsplit jedoch nicht automatisch kaltes Wetter. Das hängt stets von der Position der beiden Wirbel ab, insbesondere des östlichen Wirbels. Dazu habe ich ein Schaubild erstellt, anhand dessen man grob eine Aussage treffen kann, ob wir auf die kalte oder warme Seite in Mitteleuropa kommen. Dazu vergleicht man die Positionen der Wirbel aus dem Schaubild mit den Positionen aus den aktuellsten Simulationen. Schaubild:

[attachment=1009]

Nun vergleichen mit den Positionen der Wirbelkerne lt. ECMWF:

[attachment=1010]
Quelle: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.

Wie wir sehen können, verspricht die simulierte Lage des östlichen (rechten) Wirbels für uns keine Lage, die es bei uns besonders kalt machen würde - er ist zu weit weg von uns. Klassisch wären wir auf der warmen Seite. Das gilt zumindest, solange diese Positionen beibehalten werden und solange der Split besteht. Ändern sich Lage oder geteilter Zustand, dann verändern sich auch die Aussichten für unser Wetter. Zudem muss man noch festhalten, dass zwischen dem Entstehen des Polarwirbelsplits und der Wetterwirksamkeit bei uns auch noch ein Zeitverzug zu bedenken ist. Als Faustregel gilt: je weiter der Wirbelkern „unseres“ östlichen Wirbels von uns entfernt ist, umso länger dauert es, bis bei uns daraus Auswirkungen entstehen können. Beim derzeitigen Stand wären das bis zu 7 Tage. Entfällt in der Zwischenzeit dieser 7 Tage der geteilte Zustand, werden weitere Entwicklungen (aus dem wieder Zusammenwachsen des Wirbels) bereits auf unser Wetter wirksam – oder sie überlagern sich. Also ist es sehr schwierig, heute schon eine Prognose abzugeben, wie sich das Wetter in den nächsten 10-14 Tagen bei uns entwickeln wird. Nur mit permanenter Beobachtung der Entwicklungen in der Stratosphäre im Kontext mit der Troposphäre (unserer Wetterküche) kann man Tendenzen herausarbeiten und zu einer vorsichtigen Prognose verdichten. Das könnte in 2-3 Tagen schon möglich sein. Vielleicht wage ich mich an diesen hohen Arbeitsaufwand, wenn ich fit genug bleibe. 
 
Für heute sollte das für einen Einstieg in Diskussionen genügen.

Viel Freude und hoffentlich rege Beteiligung wünsche ich uns! Und daraus gern viele neue User. Wink
Gruß in die Wetter-Runde!
Das Thema ist nun auch bei WetterOnline erschienen. Ich zitiere mal den Bericht und schreibe unten etwas dazu:

Quelle: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.
Zitat:Donnerstag, 27.10.2016
Der Polarwirbel schwächelt
Spannende Zeiten für Winterfans
Steht uns im November ein ungewöhnlich früher Winterauftakt mit Frost und Schnee bevor? Durchaus möglich, denn das Wetter auf der ganzen Nordhalbkugel ist gehörig aus dem Takt geraten.
..
Das ruhige Herbstwetter der letzten Wochen hierzulande täuscht: Auf der ganzen Nordhalbkugel sind ungewöhnliche Dinge im Gange. Besonders deutlich wird das im Nordpolarmeer: Auf Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login. liegt beispielsweise immer noch kein Schnee, auf den Aleuten (zwischen Russland und Alaska) pumpen Orkantiefs extrem milde Luft ins Polgebiet und verhindern dort die eigentlich längst überfällige Bildung von Meereis. Auf dem Atlantik gibt es dagegen kaum Tiefdruckgebiete. Stattdessen dominiert hoher Luftdruck, vor allem von Island bis nach Sibirien.
..
Die Ursache für diese Wetterphänomene ist ein ungewöhnlich schwacher Polarwirbel. Dieses Starkwindband in über 10 Kilometern Höhe steuert vor allem im Winterhalbjahr Zugbahn und Stärke der Tiefdruckgebiete, beeinflusst aber auch die Temperaturverteilung zwischen dem Nordpol und den mittleren Breiten. Bei einem starken Wirbel gibt es auch starke Tiefs, milde Westwinde dominieren und polare Kaltlufteinbrüche sind selten. Bei einem schwachen Wirbel sind auch die Tiefs schwach, Hochdruckgebiete dominieren und Polarluft strömt leichter nach Süden.
Dank des schwachen Polarwirbels dominierten in den vergangenen Wochen starke Hochdruckgebiete über Russland und Skandinavien unser Wetter. Die Chancen stehen gut, dass das auch im November und Dezember so bleiben wird, was bei uns eher zu unterdurchschnittlichen Temperaturen und zumindest sporadischen Winterperioden führen könnte.
Der Polarwirbel wird auch in den kommenden Wochen weiter ungewöhnlich schwach bleiben, es gibt sogar Anzeichen, dass er sich in zwei Teile aufspalten könnte. Sollte das passieren, wäre das ein Novum: Noch nie wurde ein sogenannter Polarwirbelsplit Anfang November beobachtet. Auf solche Entwicklungen folgten in den vergangenen Wintern oft spektakuläre Kälteeinbrüche in Europa mit schweren Schneestürmen und klirrendem Frost. Zuletzt passierte das im Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login., im eiskalten Februar 2012 und im Schneesturm-März 2013.

Wie gravierend die Folgen eines Polarwirbelsplits sein können, zeigte sich zuletzt eindrucksvoll im März 2013. Sibirische Kälte flutete ganz Europa und schwere Schneestürme begruben die ersten zarten Frühlingsboten wochenlang unter Schneemassen.
Ob der (mögliche) anstehende Polarwirbelsplit auch dieses Mal wieder strenges Winterwetter in Europa zur Folge hat, muss abgewartet werden. Die Ausgangslage für einen frühen Kälteeinbruch ist allerdings so "günstig" wie seit Jahren nicht: Atlantiktiefs mit milder Luft spielen auch in den kommenden Wochen kaum eine Rolle für unser Wetter, Hochdruckgebiete sind weiterhin am Zug. Dazu ist es in Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login. schon sehr kalt für die Jahreszeit, und diese Frostluft kommt langsam, aber sicher immer näher. Für Winterfans brechen also spannende Zeiten an.

Ist ja nett geschrieben. Leider sind einige Aussagen inhaltlich falsch:

1. der Polarwirbel zeigte sich im Oktober nicht besonders schwach, sondern er war und ist bis heute außergewöhnlich früh und gut entwickelt! Die Labilität, die derzeit festzustellen ist, liegt an der Windumstellung in der Stratosphäre (QBO = quasi biennale Oszillation) von West auf Ost (siehe auch meinen Eröffnungsbeitrag im Thread).

2. Der Polarwirbelsplit steht schon fest, denn er ist schon Realität von 100 hpa bis rauf auf 30 hpa - seit heute früh (GFS 00z)!

3. Die Aussage: "Dank des schwachen Polarwirbels dominierten in den vergangenen Wochen starke Hochdruckgebiete über Russland und Skandinavien unser Wetter." - ist absoluter Quatsch. Denn in den "vergangenen Wochen" war der Polarwirbel überhaupt nicht schwach, im Gegenteil war er schon präsent, was sonst im Oktober überhaupt nicht der Fall ist. Gewöhnlich wäre also der Polarwirbel noch ganz schwach gewesen, war er aber nicht. Aber er war auch nicht so stark in den vergangenen Wochen, dass er die starken Hochdruckgebiete über Russland und Skandinavien hätte beeinflussen können. So hat also der Polarwirbel mit den Wetterentwicklungen der "vergangenen Wochen" überhaupt noch nichts zu tun gehabt oder wenn, dann nur marginal.

Also nett zu lesen das Ganze, aber gespickt mit Unfug. Gut dass wir nun ein eigenes Forum haben, so können wir uns ohne Rücksichtnahme auf einen Gastgeber an die Fakten halten und Falschmeldungen auch so deklarieren.

Trotzdem gut, dass nun das Thema auch bei den Kommerziellen angekommen ist. Das erhöht die Informationslust bei den Lesern bestimmt. Und hier werden Sie geholfen.. Big Grin

Schönen Tag allen!
(27.10.2016, 23:33)Winters Majesty schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.... nun ist das erste was falsch ist, diese PLÖTZLICHE Ost-QBO von der alle sprechen. Die QBO ist momentan völlig uneins... wir haben West UND Ost gleichzeitig und die ersten Ostwinde tauchten völlig überraschend und völlig VERFRÜHT im Januar 2016 auf. Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.
Die weißen Bereiche sind hierbei Ostwinde und die Höhe ist von Unten nach Oben in der Skala an der Seite zu erkennen. Unten erkennt man das Jahr und wie weit im jeweiligen Jahr wir sind.

Hi Winter´s Majesty,

willkommen im Forum und danke für Deinen interessanten Beitrag!

Ich bin auch gespannt, wie sich das Wetter in den nächsten Wochen entwickeln wird und bastele ja selbst an Prognosen für 14 Tage, in der Hoffnung, die Trefferquote nach und nach zu verbessern. Daher kann ich Dich gut verstehen und freue mich, dass wir in diesem Forum nun eine weitere Herangehensweise erleben dürfen. Ich wünsche Dir jedenfalls viel Freude und natürlich auch Erfolg!

Zum Thema QBO und dem Wechsel von West auf Ost in diesem Jahr möchte ich gern ein paar mehr Informationen in das Forum streuen. Denn tatsächlich ist der zum Ende September erfolgte Wechsel auf Ostwind für die Meteorologen überraschend gewesen. Ich versuche es mal zu erklären. Seit 1953 verfügen wir über Daten, was da oben in der Stratosphäre abgelaufen ist. Seit Aufzeichnungsbeginn wechselte der Wind immer zuerst ganz oben in der Stratosphäre und der Richtungswechsel pflanzte sich immer von oben nach unten zeitversetzt fort. Die Dauer einer Windphase betrug bisher zwischen 22 und 34 Monaten, nie kürzer, nie länger. Im Durchschnitt ergab sich eine Andauer einer Windrichtung von 28 Monaten. Das war bisher jedenfalls so. Demnach hätte zwischen Mitte 2015 und Mitte 2016 der Windwechsel auf Ost erfolgen müssen. Und Ende 2015 (Oktober) lief dann auch der erste gemessene Ostwind ganz oben in der Stratosphäre auf. Weiter unten in der Stratosphäre setzte im Januar 2016 Ostwind ein. Alles okay, dachte man, alles wie gewohnt. Doch dann - und jetzt kommt die Besonderheit - drehte der Wind bis März 2016 wieder auf West und blieb bis Ende August auch auf West - jedenfalls oben in der Stratosphäre. Die Frist zum Wechsel war längst abgelaufen, aber West blieb und blieb. Und weiter unten blieb der Wind zunächst auf Ost stehen, aber wurde weitgehend dann doch wieder von Westwind ersetzt. Das alles hatte man bisher so nicht erlebt und daher waren die Experten auch entsprechend ratlos und hin und her gerissen, was die Prognosen für die nächsten Monate anging. Man vermutete dann sogar, dass diesmal wohl eine Ostwindphase ausgelassen würde oder sich alles verändern könnte - vielleicht wegen des Klimawandels oder wegen des 2015er El Nino... Darüber wurden dann von den Experten Studien verfasst, siehe z.B. diese hier: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.

Aber dann kam im September 2016 dann doch der Wechsel von West nach Ost, was die Meteorologen dann wieder überraschte. Das also ist der Hintergrund.

Um das "Problem" der Meteorologen zu veranschaulichen, habe ich Euch noch eine vergrößerte Übersicht über die Windwechsel von 2001 bis heute zusammengebastelt. Darin sehen wir, worüber ich oben geschrieben habe und ich habe gekennzeichnet in der Darstellung für 2016 unten rechts, wo der Hase im Pfeffer liegt - eigentlich lag, denn die Grafik geht nur bis Mitte August 2016 und die entscheidende Phase September und Oktober 2016 fehlt noch (sollte wohl in 2-3 Wochen zur Verfügung stehen). Dort werden wir dann sehen, dass der Ostwind sich im September von oben nach unten wieder fortpflanzte und zum Ende Oktober schon weit nach unten reichen wird. Das wird eine steile Entwicklung sein, wenn ich mich nicht irre und die Rohdaten nicht noch nachträglich korrigiert werden. Wink

Quelle: findet man dann hier Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.

Und schließlich und endlich habe ich dann bei dieser Gelegenheit auch gleich noch die Polarwirbelsplits eingezeichnet, von denen ich anhand von Stratosphärenkarten weiß, dass sie stattgefunden haben. Eine Unterscheidung nach Ursache (SSW oder troposphärische Ursache) habe ich nicht vorgenommen, um nicht zu verwirren an dieser Stelle der Diskussion. Da könnten vielleicht zwei Splits fehlen in der Reihe, aber leider habe ich mal bei einer Rechnerumstellung einige Daten endgültig verloren. Doch die, die ich sicher habe, habe ich eingezeichnet. Das ergibt dann dieses Bild:

[attachment=1029]

Eigentlich selbst erklärend - hoffe ich. Die grauen Flächen entsprechen Westwind, die weißen Ostwind. Insgesamt kann man noch sagen, dass bei Westwind der Polarwirbel gestützt wird und bei Ostwind geschwächt. Das bedeutet aber nicht, dass PW-Splits nur bei Ostwind auftreten, allerdings dann doch vermehrt. Ach so, Ostwind war seit Aufzeichnungsbeginn 1953 insgesamt kräftiger als der Westwind. Warum das so war, kann ich allerdings nicht erklären. Könnte aufgrund der noch geringen Länge der Aufzeichnungen auch noch Zufall sein.
Das also zum Thema Windwechsel für heute. Ich hoffe, die Infos helfen weiter!

Gruß in die Wetter-Runde!
(29.10.2016, 12:48)Wetterleuchte schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login....meine Intension war und ist, möglichst viele Informationen über die aktuellen Entwicklungen im Polarwirbel und auch ganz allgemein um den Polarwirbel in diesem Thread zu sammeln. Dazu gehört meiner Meinung nach auch eine Art Entwicklungsprognose des Polarwirbels in der Stratosphäre selbst, wenn diese erkennbar ist. Denn daraus lassen sich Großwetterlagen erkennen oder auch die Orte, an denen sich mehr Kaltluft ansammeln wird oder wo sie abgezogen wird etc. An diesen Entwicklungen bin ich ja seit Ende 2012 dran und so manche Kenntnis habe ich ja immerhin schon gewinnen können. Spannend wird es ja immer dann, wenn man anhand einer erkannten Entwicklung eine Wetterprognose festmachen will. Das macht irre Arbeit, wenn man nicht aus dem Bauch heraus prophezeien will sondern fundierte Erklärungen einbringt, die nachgehalten und von allen Lesern aktiv verfolgt werden können. Das sind dann 7-14-Tages-Prognosen, eventuell auch mal etwas längere. Und die sind - wir wissen es aus Erfahrung - je längere Zeiträume sie umfassen - unsicher und spekulativ. Und das gilt für die Anzahl der Details natürlich ebenso...

Hi Polarlichter Big Grin

endlich komme ich zu meiner Auswertung. Wie wird sich der Polarwirbel in den nächsten Tagen entwickeln und welche Wirkungen kann das auf unser Wetter haben?

Aktuell haben wir seid dem 27. Oktober einen erstklassigen Polarwirbelsplit in der Stratosphäre. Bis hinauf auf sogar 2 hpa kann man derzeit die beiden eigenständigen Wirbel betrachten. Unterhalb der Tropopause (Trennschicht zwischen Troposphäre unten und Stratosphäre oben) findet sich genau zwischen den beiden Wirbeln der Stratosphäre ein Hochdruckgebiet. Dieser Hochdruck trennt in der Troposphäre die Tiefdruckgebiete im Osten der Nordhalbkugel von jenen im Westen. Nur an den "Nahtstellen" südlich und nördlich dieser Hochdruckzone können sich Tiefdruckgebiete vorbeimogeln, ansonsten ist die sonst übliche Oszillation weitgehend gestört. Diese Situation wird nun noch einige Tage anhalten können. Sobald aber der Split sich abschwächt, verändern sich auch wieder die Bedingungen in der Troposphäre. Aufgrund der frühen Ausgangslage Ende Oktober/Anfang November im Kalender des stratosphärischen Polarwirbels wird sich der bestehende Split nicht lange erhalten können. Es ist der früheste bisher gemessene Polarwirbelsplit seid Aufzeichnungsbeginn. Das bedeutet zwangsläufig, dass der stratosphärische Wirbel heuer sehr früh sehr gut ausgebildet war, denn ansonsten wäre ein erstklassiger Split unmöglich gewesen. Warum wird er nun aber bald wieder zu einem Wirbel zusammen finden? Hintergrund ist die noch zu schwache Druckentwicklung aufgrund der frühen Phase. Später im Winter kann so ein Split auch Monate andauern. Jetzt aber wird er bald wieder beendet sein, da der Polarwirbel durch den Split insgesamt mindestens etwas an Kraft verliert und dazu neigt, sich wieder zu einem Wirbel zu  vereinen. Erst dann kann er sich wieder vertiefen und stärker werden. So haben wir also jetzt eine Phase, in der der Polarwirbel durch die Splitsituation nicht stärker werden kann, nur schwächer werden oder maximal stagnieren kann. Stagnation scheint wahrscheinlich zu sein derzeit.

Nach meiner Analyse wird der Split schon am 02./03. November wieder unterhalb der Definitionsschwelle liegen. Die beiden Wirbelkerne werden sich annähern und für 2-3 Tage eine Dipolsituation einnehmen. Dann verliert sich der westliche Wirbel vollständig und der östliche wird übrig bleiben und sich ab etwa dem 09. November erstmals wieder vertiefen können. Er wird vermutlich mit seinem Kern über Westrussland bis Sibirien liegen, eine geringere Wahrscheinlichkeit liegt bei Kern Westrussland bis Norwegen/Finnland.

Maßgebend dafür wird sein, wie weit sich die Wärmeblase in 100 hpa in Richtung Nordamerika bewegen wird. Ich halte die derzeitige Simulation von ECMWF für plausibel.

Für unser Wetter bedeuten diese oben genannten Entwicklungen:

Wir kommen in den Genuss von polarer Kaltluft in den Tagen ab dem 02. November. Jedoch nicht über eine klassische Nordströmung, sondern mit bereits maritim aufgewärmter Polarluft aus NW und W. Bei uns wird es kühl und feucht. Schnee kann nur regional erwartet werden, aber durchaus auch bis runter auf 300 Meter. Skandinavien wintert aber gut ein. Viel Schnee und Tiefstwerte unter -15°C sorgen dort für einen echten Wintereinbruch, der gute Aussichten hat, nachhaltig zu werden. Das kommt uns zugute, wenn sich etwa zum 10. November hin eine Phase einstellen dürfte, die uns eine nördlichere Anströmung bieten sollte. Dann sollte Flachlandschnee ein Thema werden. Nassschnee, Leute, mehr ist nicht drin. Aber immerhin.

Ganz wichtig für das Eintreffen meiner Prognose: über Grönland hat sich ein Hochdruckgebiet etabliert. Das sollte nach meiner Einschätzung fast durchweg bis zum 10. November (vielleicht sogar länger) erhalten bleiben. Tiefs sollten nur ganz kurz mal den Druck verringern können und danach sofort wieder Hochdruck entstehen. Dieser Hochdruck sucht ständig die Verbindung zum Azorenhoch oder einem Ableger. Das führt dazu, dass über GB ebenfalls immer wieder Hochdruck herrscht, nachdem kurz Tiefausläufer vorübergezogen sind. Es erhält sich dadurch über Europa eine kontinentale Strömung, nicht erstklassisch, aber doch ausgeprägt und ausdauernd. Und noch ein Punkt: das Mittelmeer wird ein Player, der noch eine größere Rolle einnehmen kann. Derzeit erkennt man schon die Kraft, die dort unten noch schlummert in den aktuellen Ereignissen (Medicane). Nach meinem Dafürhalten werden wir zur Monatsmitte wohl verstärkt dort hinschauen müssen, da unsere (bedingte) Kontinentalströmung das quasi herausfodert. Denn auch bis zur Monatsmitte werden sich im Mittelmeerraum schwere Unwetter (Regen) ergeben, wie ich es einschätze. Kommt dann der Polarwirbel zur Ruhe, beginnt dort unten das Festsetzen und das Anzapfen heißer Luft aus Nordafrika. Naja, ich weise schon darauf hin, weil es eine Folge wäre der derzeitigen Entwicklungen.

Und noch ein Wort in die weitere Zukunft:
sollte das alles bis zum 10. November (+/- 1-2 Tage) so eingetroffen sein, dann laufen wir ab dem 15. November zunehmend in die Situation, dass sich die Westdrift einstellen könnte. Die Konstellation des Polarwirbels um den 10. November herum, sollte den ersten echten Kaltluftausbruch über Nordamerika in die USA auslösen können. Von da ab werden die Karten dann neu gemischt. Und wir könnten dabei in Mitteleuropa in eine vergleichsweise warme und stürmische Phase geraten - wenn nicht schon aus Osten und Norden ein Kältehoch dagegen hält und uns Dauerfrost beschert (wäre mein Wunschwetter - wegen einer Wette). Aber dafür ist es heute entschieden viel zu früh. Ich habe genug Spekulatius gebacken für heute.

Ich sage erst einmal: Dankeschön für das Lesen und das darüber Nachdenken!

Gruß in die Wetter-Runde!
(31.10.2016, 19:49)Wetterleuchte schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login....Nach meiner Analyse wird der Split schon am 02./03. November wieder unterhalb der Definitionsschwelle liegen. Die beiden Wirbelkerne werden sich annähern und für 2-3 Tage eine Dipolsituation einnehmen. Dann verliert sich der westliche Wirbel vollständig und der östliche wird übrig bleiben und sich ab etwa dem 09. November erstmals wieder vertiefen können. Er wird vermutlich mit seinem Kern über Westrussland bis Sibirien liegen, eine geringere Wahrscheinlichkeit liegt bei Kern Westrussland bis Norwegen/Finnland.

Maßgebend dafür wird sein, wie weit sich die Wärmeblase in 100 hpa in Richtung Nordamerika bewegen wird. Ich halte die derzeitige Simulation von ECMWF für plausibel.
...

Und noch ein Wort in die weitere Zukunft:
sollte das alles bis zum 10. November (+/- 1-2 Tage) so eingetroffen sein, dann laufen wir ab dem 15. November zunehmend in die Situation, dass sich die Westdrift einstellen könnte. Die Konstellation des Polarwirbels um den 10. November herum, sollte den ersten echten Kaltluftausbruch über Nordamerika in die USA auslösen können. Von da ab werden die Karten dann neu gemischt...

Hi Polarwirbel-Forscher!

Ein kurzes Update zur Entwicklung des stratosphärischen Polarwirbels, beziehungsweise der beiden Wirbel, denn wir haben ja noch den Split. Dieser aber löst sich - wie von mir vorgeplant - nun auf und wird wohl morgen nicht mehr die Definition eines Splits erfüllen können. Die beiden Wirbel wachsen zusammen, es bleibt aber noch eine Dipolsituation für 2-3 Tage - auch wie geplant. Wink
Dann bleibt der östliche Wirbel übrig und der kann sich dann ab dem 08./09. November erstmals wieder vertiefen. Das alles steht ja schon da oben und die Simulationen wollen das auch so haben (GFS und ECMWF). Doch eines kommt nun neu dazu:

Die Wärmeblase in 100 hpa macht wie geplant ihren Weg in Richtung auf Nordamerika zu. Doch dann - etwa am 09. November - stoppt diese Bewegung abrupt, die Blase fällt stark in sich zusammen und bildet sich neu ganz in der Nähe des Ausgangspunkts vor 3 Tagen. Schwupps und Hopsasa - eine Überraschung - naja, fast. Denn es findet ein Unterbruch im Wärmenachschub statt, der sich schon 2 Tage zuvor abzeichnet. Und danach setzt der Nachschub wieder ein und die Wärmeblase kann sich neu aufbauen. Das aber reicht aus, um eine Instabilität dort auszubilden, wo der Druck der Wärmeblase lastete: es betrifft das Gebiet von Alaska bis Grönland. Und so ist es kein Wunderwerk mehr, wenn sich sehr schnell dort ein Druckausgleich etabliert - und das ist - festhalten: erneut ein zweiter Wirbel direkt über Grönland. Sofort am 09. November vertieft es sich dort:
[attachment=1226]

und schon am 12. November übersteigt die Druckstärke eine lose Dipolsituation und der Grönlandwirbel beginnt selbständig zu routieren:
[attachment=1225]

... aber einen Split haben wir dann noch nicht nach Definition. Das würde noch einige Tagen gehen, bis das zutreffen würde. Wenn das tatsächlich dazu kommen sollte, was fragwürdig erscheint derzeit. Der Wirbel Sibirien bleibt der Stärkere und damit der dominante für die Wirbelkernbewegungen beider Wirbel, er gibt dann also die Richtungswechsel an. Wandert der sibirische weiter nach Asien, würde der grönländische auf Skandinavien zusteuern. Wandert der dominante nach Westrussland, driftet der grönländische nach Nordkanada. Dies nur als Beispiele.

Doch nun darf man spekulieren, was das für uns in Mitteleuropa bedeuten würde nach dem 12. November. Man achte auf die Lage der beiden Wirbel. Der grönländische wäre näher an uns dran als der über Sibirien. Eine ziemlich verquere Ausgangslage, da ich eine solche Konstellation in den Archiven nicht finden konnte. Doch lassen wir uns mal nicht einschüchtern, wir können auch mit dieser neuen Lage etwas anfangen! Big Grin

Ich versuche es mal: der grönländische Bursche wird nicht stur über Grönland verharren. Er wird seine Fühler nach Osten ausstrecken und eine Art Ellipse ausbilden, die bis nach Skandinavien reichen kann, vielleicht nur bis Island und rückseitig nach Neufundland oder Nordkanada. Und nun kommt es wegen der gegeneinander gerichteten Bewegungen der beiden Teilwirbel an der nahesten Stelle beider Wirbel zu kräftigem Hochdruck. Das sollte dann wohl zwischen NW-Russland und Skandinavien sein. Bei Skandinavien kann dies auch bis Dänemark im Süden sein. Heißt dann also Hoch Skandinavien und das wäre dann mit zeitweise Verlängerung über GB zum Azorenhoch, eine ziemlich schräge Achsenlage, die nicht all zu lange Bestand haben dürfte (Tage, max. 1 Woche?), aber für Zufuhr von (trockener?) Kaltluft bei uns nicht schlecht. Auch vb-Tiefs vom Mittelmeer wären dann denkbar, ach je, was für Aussichten. Hoch Grönland wäre damit ab 09./10. November zunächst weggebügelt und Tiefdruck nistet sich dort ein. Aber wie stark kann der Tiefdruckmotor dann anspringen bei Neufundland? Eine interessante Ausgangslage. Was meint Ihr zu der Konstellation bei Neufundland und Hoch nördlich von uns? Wird West wieder aktiv oder geht das Blocking in eine neue Phase?

Wird spannend, wie sich das dann wirklich entwickelt.

Gruß in die Runde!
(02.11.2016, 18:33)Wetterleuchte schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.Ich versuche es mal: der grönländische Bursche wird nicht stur über Grönland verharren. Er wird seine Fühler nach Osten ausstrecken und eine Art Ellipse ausbilden, die bis nach Skandinavien reichen kann, vielleicht nur bis Island und rückseitig nach Neufundland oder Nordkanada. Und nun kommt es wegen der gegeneinander gerichteten Bewegungen der beiden Teilwirbel an der nahesten Stelle beider Wirbel zu kräftigem Hochdruck. Das sollte dann wohl zwischen NW-Russland und Skandinavien sein. Bei Skandinavien kann dies auch bis Dänemark im Süden sein. Heißt dann also Hoch Skandinavien und das wäre dann mit zeitweise Verlängerung über GB zum Azorenhoch, eine ziemlich schräge Achsenlage, die nicht all zu lange Bestand haben dürfte (Tage, max. 1 Woche?), aber für Zufuhr von (trockener?) Kaltluft bei uns nicht schlecht. Auch vb-Tiefs vom Mittelmeer wären dann denkbar, ach je, was für Aussichten. Hoch Grönland wäre damit ab 09./10. November zunächst weggebügelt und Tiefdruck nistet sich dort ein. Aber wie stark kann der Tiefdruckmotor dann anspringen bei Neufundland? Eine interessante Ausgangslage. Was meint Ihr zu der Konstellation bei Neufundland und Hoch nördlich von uns? Wird West wieder aktiv oder geht das Blocking in eine neue Phase?

Wird spannend, wie sich das dann wirklich entwickelt.

Gruß in die Runde!

Ui, ein Modell hat die oben beschriebene Variante dann jetzt sogar schon im Programm: ECMWF im neuen 12er Lauf. Daraus mal die Simulation für den 11.11.2016 in 500 hpa Nordhalbkugel:

[attachment=1228]

Hochdruck über Skandinavien bis Westrussland, Verlängerung über GB zum Azorenhoch, eine schräge Achslage..

Eine trockenkalte Variante für uns mit 850er Temperaturwerten von unter -10°C durch Nordost-Wind - zumindest für eine kurze Zeit. Dürfte reichen für deftige Temperaturabweichungen nach unten (-5 bis -10°C kommen da flächig zusammen für ein paar Tage). Schnee an diesen Tagen dann wohl nur als Krümel...

Da bisher nur die Europäer dieses Szenario berechnet haben, ist es also nur ein Ausreißer am heutigen Tag. Aber - wartet mal ab, morgen könnte das schon anders aussehen und wir haben vielleicht dann mehrere Läufe, die wir diskutieren können.

Aber anhand dieser Karte von EC kann man auch schon prima diskutieren über die Frage:
Aber wie stark kann der Tiefdruckmotor dann anspringen bei Neufundland? Eine interessante Ausgangslage. Was meint Ihr zu der Konstellation bei Neufundland und Hoch nördlich von uns? Wird West wieder aktiv oder geht das Blocking in eine neue Phase?

Für heute ist für mich aber genug. Morgen darf ich wieder.. Blush
Gute Nacht!
(09.11.2016, 08:03)Wetterleuchte schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.
(02.11.2016, 20:20)Wetterleuchte schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.Ui, ein Modell hat die oben beschriebene Variante dann jetzt sogar schon im Programm: ECMWF im neuen 12er Lauf. Daraus mal die Simulation für den 11.11.2016 in 500 hpa Nordhalbkugel:



Hochdruck über Skandinavien bis Westrussland, Verlängerung über GB zum Azorenhoch, eine schräge Achslage...

Aber anhand dieser Karte von EC kann man auch schon prima diskutieren über die Frage:
Aber wie stark kann der Tiefdruckmotor dann anspringen bei Neufundland? Eine interessante Ausgangslage. Was meint Ihr zu der Konstellation bei Neufundland und Hoch nördlich von uns? Wird West wieder aktiv oder geht das Blocking in eine neue Phase?

Guten Morgen in die Wetter-Runde!

Es ist wieder eine Woche um und damit wird es Zeit für ein Update. Das mache ich heute noch. Und ich kann schon sagen, es wird eine dicke Überraschung darin enthalten sein!! Anschnallen bitte und das Rauchen einstellen, der (Vor-)Winterflug wird turbulent!

Später mehr. Ach ist das ein tolles Hobby!
Gruß

So Leute, jetzt habe ich auch die 2. Hälfte des Zeitraums fertig. Das war jetzt aber doch sehr viel Vorarbeit, da sich die Modellwelt in den letzten beiden Tagen recht differenziert gezeigt hat. Mal schauen, ob ich die Quintessenz richtig erarbeiten konnte. Die Vorschau geht nun 13 Tage voraus bis zum 21. November. Das Ergebnis kann wieder um 1-3 Tage schwanken, aber das denke ich mal, kann man unter Detailrisiko abheften. Oh ha, da bahnt sich nach meinem Dafürhalten aber ganz schön was an für uns! Bomb

Da wir hier kein Wunschwetter produzieren wollen, muss ich im Vorfeld eingestehen, dass ich diesmal etwas vorbelastet war, da ich eine Wette abgeschlossen habe, dass "mein" Teich in meiner neuen Wohngegend im niedersächsischen Wendland zum 25.11. zugefroren sein soll (Umzug am 20. mit Sack und Pack!). Das war 2005 letztmals der Fall und um diese Jahreszeit in den letzten 50 Jahren wohl nur 4-5 mal so. Also ein wahrlich seltenes Ereignis. Um den Wunschwettergedanken zu eliminieren habe ich mir besonders viel Arbeit gemacht  Smiley43 75 und die Entwicklungen mehrfach überprüft. Wenn es nun dann trotzdem daneben gehen sollte Smiley19 , dann liegt das nicht am Wunschwettergedanken, sondern an anderen Fehlerquellen. Daraus könnte ich dann ja lernen. Smiley59

Genug Smilies, jetzt geht´s los:

Es geht im Thread ja um den Polarwirbel. Die Ausgangslage in der Stratosphäre in 100 hpa sieht aktuell so aus:

[attachment=1439]

Ab heute verstärkt sich der Polarwirbel wieder, was ich ja bereits am 31.Oktober richtig erkannt hatte, was übrigens ebenso zutraf, wie der Rest der Prognose:

Zitat:Wetterleuchte schrieb: [/url]...Nach meiner Analyse wird der Split schon am 02./03. November wieder unterhalb der Definitionsschwelle liegen. Die beiden Wirbelkerne werden sich annähern und für 2-3 Tage eine Dipolsituation einnehmen. Dann verliert sich der westliche Wirbel vollständig und der östliche wird übrig bleiben und sich ab etwa dem 09. November erstmals wieder vertiefen können. Er wird vermutlich mit seinem Kern über Westrussland bis Sibirien liegen, eine geringere Wahrscheinlichkeit liegt bei Kern Westrussland bis Norwegen/Finnland.

Maßgebend dafür wird sein, wie weit sich die Wärmeblase in 100 hpa in Richtung Nordamerika bewegen wird. Ich halte die derzeitige Simulation von ECMWF für plausibel.

Doch was heißt das für unser Wetter in den nächsten Tagen? Nun, den Vorwinter-Einbruch brauchen wir nicht mehr zu diskutieren. Den haben wir überall auf dem Schirm und auch einen schönen Extrathread von Robbi, der bestens mit Beiträgen gefüllt wird. Der Blick in die Zukunft über die Wettermodelle macht dem Winterfreund gerade heute Kopfschmerzen. Die Modelle schwenken auf einen lebhafteren Atlantik und eine längere Mildphase wird simuliert, die sich anschickt, bis Ende des Monats währen zu wollen. Doch zu diesem Ergebnis komme ich nicht nach meiner Analyse. Es wird etwas milder werden - eventuell auch mit einer Luftmassengrenze über Deutschland - aber in Summe wird es dann doch nicht mild. Die aufgelaufene negative Anomalie in den Temperaturen von ganz Deutschland wird sich noch verstärken bis zum Wochenende, dann leicht zurückgehen, dann stagnieren, dann wieder zunehmen - so schätze ich es ein. Der Atlantik schickt uns auch tatsächlich einen feuchten Gruß, aber vielleicht dann ziemlich anders im Ergebnis, als es die Modelle besonders heute errechnet haben. Ein kurzer Ausschnitt aus der Wetter-Modellwelt, der zeigen dürfte, wohin die Reise geht:

Am 13.11. sehen wir das hier:
[
attachment=1440]

Und wir erinnern uns vielleicht noch daran, was ich am 02.11. meinte:

Zitat:Wetterleuchte schrieb: [url=https://wetter-runde.de/post-4447.html#pid4447]Ich versuche es mal: der grönländische Bursche wird nicht stur über Grönland verharren. Er wird seine Fühler nach Osten ausstrecken und eine Art Ellipse ausbilden, die bis nach Skandinavien reichen kann, vielleicht nur bis Island und rückseitig nach Neufundland oder Nordkanada. Und nun kommt es wegen der gegeneinander gerichteten Bewegungen der beiden Teilwirbel an der nahesten Stelle beider Wirbel zu kräftigem Hochdruck. Das sollte dann wohl zwischen NW-Russland und Skandinavien sein. Bei Skandinavien kann dies auch bis Dänemark im Süden sein. Heißt dann also Hoch Skandinavien und das wäre dann mit zeitweise Verlängerung über GB zum Azorenhoch, eine ziemlich schräge Achsenlage, die nicht all zu lange Bestand haben dürfte (Tage, max. 1 Woche?), aber für Zufuhr von (trockener?) Kaltluft bei uns nicht schlecht...[/b]

Der Blick auf den 2-Meter-Temperaturen am 15.11. zeigt bei uns schon nette Werte und im Osten schaut es bitterkalt aus (GEM heute - ist aber ein kalter "Ausreißer", lag allerdings mit den heutigen Tiefstwerten über den Schneeflächen als einziges Modell verdammt gut vor 4-5 Tagen! - daher meine erste Wahl diesbezüglich):

[attachment=1441]

Doch vom Atlantik droht Ungemach:

[attachment=1442]

Dort bewegt sich am 15.11. von Grönland her ein mächtiges Tief auf den Hochdruckblock zu und drückt und drückt..

[attachment=1443]

... und verdrängt den Hochdruck etwa am 19.11. und löst eine neue Wetterlage aus.

Das hat immerhin ECMWF berechnet heute morgen im 0er-Lauf. Und das entspricht ziemlich dem, was ich über die Analyse des stratosphärischen Polarwirbels ermittelt habe, von Details mal abgesehen. GEM steht mit seiner Einschätzung heute allerdings ziemlich allein da. Das aber beunruhigt mich nicht. Denn der Hauptakteur in meiner Analyse war ja das Geschehen in der unteren Stratosphäre, also der Polarwirbel. Und den schauen wir uns deshalb mal genauer an. Sowohl GFS als auch ECMWF sind sich weitgehend einig, was die Gesamtentwicklung angeht.
Wir erinnern uns in diesem Zusammenhang kurz an meine Aussage:

Zitat:Die Wärmeblase in 100 hpa macht wie geplant ihren Weg in Richtung auf Nordamerika zu. Doch dann - etwa am 09. November - stoppt diese Bewegung abrupt, die Blase fällt stark in sich zusammen und bildet sich neu ganz in der Nähe des Ausgangspunkts vor 3 Tagen. Schwupps und Hopsasa - eine Überraschung - naja, fast. Denn es findet ein Unterbruch im Wärmenachschub statt, der sich schon 2 Tage zuvor abzeichnet. Und danach setzt der Nachschub wieder ein und die Wärmeblase kann sich neu aufbauen. Das aber reicht aus, um eine Instabilität dort auszubilden, wo der Druck der Wärmeblase lastete: es betrifft das Gebiet von Alaska bis Grönland. Und so ist es kein Wunderwerk mehr, wenn sich sehr schnell dort ein Druckausgleich etabliert - und das ist - festhalten: erneut ein zweiter Wirbel direkt über Grönland.

Ich zeige ECMWF mit der Entwicklung:

[attachment=1445]
Wir sehen am 13.11.2016, dass sich über Grönland eine Druckvertiefung abspielt - dieser Dipolwirbel (ist kein Split nach Definition) wird kurz etwas stärker als der sibirische sein. Zum Glück nur kurz, denn sonst wäre Westwetter vom Atlantik in Stein gemeißelt. Aber es kommt anders:

[attachment=1450
..oben im Bild sehen wir dann am 15.11.2016 die Wärmeblase wieder auf Nordamerika zu wandern und das schwächt den grönländischen Dipol. Die Wärmeblase wandert flott weiter und das drückt auf den sich abschwächenden Dipolwirbel (Sibirien ist wieder dominant!) mit der Folge..

[attachment=1451]
.. dass am 17.11.2016 der Dipol nach Osten gedrückt wird auf Skandinavien zu, so dass..

[attachment=1447]
 ab dem 18.11.2016 vor Skandinavien schon der Dipol anlandet. GFS sieht das ebenso (hier 19.11.2016).

[attachment=1448]

Hier enden die Modellvorhersagen. Für mich stellte sich nun die Frage, was wird aus dieser halbfertigen Lage um den 18.11. herum? Und da sich die abschließende Lage für eine Großwetterlagen-Bestimmung in nur etwa 3 Tagen nach den Modellreichweiten ausgebildet haben müsste - also zum etwa 21.11.2016, habe ich diese Lage für den 21.11. dann mal selbst "simuliert". In die Lage der Stratosphäre habe ich zusätzlich die wesentlichen Elemente in 500 hpa - also obere Troposphäre mit eingebunden. Das ergibt dann diese Prognosekarte:

[attachment=1449]

Sollte eigentlich selbst erklärend sein - aber wenn Fragen sind, bitte gern her damit!

Was bedeutet diese Konstellation für unser Wetter?
- NW bis Nord-Anströmungen für gut 1 Woche ab etwa 21.11.
- Polartiefs wandern an Norwegen vorbei über die Nordsee zu uns
- maritim angewärmte Polarluft + kaum erwärmte sibirische Luft strömt nach Mitteleuropa bis weit in den Süden
- Sturm an der Nordsee (Sturmflut) könnte Thema werden (Schnellläufer aus NW??? - geht das überhaupt), da die Umstellung mindestens ein Orkantief ausbilden wird und kleine Randtiefs sehr flott unterwegs sein könnten
- Schneefälle mit stetig sinkender Schneefallgrenze über ganz Deutschland
- wenn es ganz dumm läuft, fallen Wind und Schneefall zusammen
- Nachts bei Aufklaren wird es richtig kalt - Dekadenrekorde könnten regional wackeln
- Der November würde mit -1,5 bis -2,5°C zu 61-90 in Deutschland enden (damit Gesamtherbst normal)
- Der Nikolaus dürfte dann seinen Schlitten präparieren, da dann der Dezember kalt starten dürfte.

Und ich hätte vermutlich sogar noch eine Wette gewonnen.

Die Details werden wir dann aus den Modellläufen erschließen können - wenn, ja wenn die Prognose eintrifft.

Ach so: sogar ein Polarwirbelsplit wäre theoretisch möglich, aber nur mit 5% Wahrscheinlichkeit. Cool

Puh - langer Text. Ich geh dann jetzt mal einen Tee trinken und schau mir dann das Geplärre von und um Trump an Devil , dem Waffenfreund  88 und Möchtegern-Mauerbauer  34 und dem neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika - Putin tanzt vor Freude..

Danke für das Lesen und einen schönen Abend!
..weiter im Thema:

Heute kann ich aus dem 0er Lauf von GFS diese Tageskarte präsentieren:

[attachment=1477]

Man vergleiche mit meiner "Prognosekarte" von gestern für diesen Zeitraum..

[attachment=1478]

.. und man erkennt sofort (Kennzeichnung "h" und "T" mit "500 hpa" in Prognosekarte):

- das Azorenhoch ist jetzt da, wo es "geplant" wurde (war gestern plattgebügelt)
- das Hochdruckgebiet zwischen den simulierten Wirbelkernen ist da
- das Tiefdruckgebiet bei Neufundland ist da
Ergebnis: Polartiefs wandern über die Nordsee zu uns - und bringen aus dieser neuen Wetterlage erste Schneefälle.

Ist natürlich nur eine Momentaufnahme aus der Modellwelt, aber bis gestern fand sich diese Lösung in keinem Modell.

Das bleibt also spannend und natürlich mit vielen Fragezeichen versehen.

Bleibt aber bitte selbst entspannt und freut Euch lieber an den schönen Dingen, die uns umgeben!
Lieben Gruß in die wachsende Wetter-Runde Thumbsup
(10.11.2016, 10:58)Frosty Sam schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.
(10.11.2016, 10:42)Wetterleuchte schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login...weiter im Thema:

Heute kann ich aus dem 0er Lauf von GFS diese Tageskarte präsentieren:
Man vergleiche mit meiner "Prognosekarte" von gestern für diesen Zeitraum..

Scheint fast so, als würde GFS hier auch schon mitlesen, um sich von deinen Expertisen inspirieren zu lassen Smiley14

lg

Ganz sicher! Wo sonst?

So langsam malt GFS ja dann auch den stratosphärischen Dipolwirbel dahin, wo er hin soll:

[attachment=1482]

Die Ellipse ist schon gut zu erkennen bis nach Sibirien. Noch ein Ruck nach Ost und die Lage wäre fertig. Bestimmt sind die Kartenzeichner bei GFS schon dabei und morgen kommt dann das neue Bildchen raus.

Aber im Ernst nochmal: der dominante Wirbel über Asien wandert mir etwas zu rasch nach Ostasien. Wenn sich das herauskristallisiert, dann wird "unser" Wirbel mitlaufen, aber er kann nicht so schnell nachziehen. Da könnte sich dann doch noch mit dem troposphärischen Hoch zwischen den Wirbelkernen als Unterstützung "unser" Wirbel verselbständigen, sprich Split. Wahrscheinlichkeit jetzt bei 10%, also noch gering, aber leichter Trend dahin. Wenn das käme, würde sich Winterwetter bei uns länger durch die Konstellation einstellen können. Genaueres kann man noch nicht sagen. Prognose bleibt natürlich so, da auch diese Konstellation einberechnet war.

Mal abwarten und Tee trinken. Oder Kaffee, so wie ich es jetzt machen werde.
Gruß
Nachtrag:

ECMWF hat nun die Ellipse Sibirien-Ostsee für den 20.11.2016 im Programm. Hier:

[attachment=1546]

Also weiterhin alles im Fahrplan. Das ganze Gebilde müsste nur an der Südspitze noch etwas nach rechts (Ost) rücken, dann wäre es perfekt im Plan. Das sollte dann auch schon ausreichen, um das Azorenhoch nach Norden und Osten zu locken. Grönlandhoch würde helfen.

Ach so Robbi: mit der Ellipse würde das Hoch zwischen den anfänglichen Dipolen bald verschwinden oder sich stark abschwächen. Das bedeutet dann nicht mehr Ausräumen des Kältepotentials aus Westrussland. Es könnte sogar gegenteilig wirken. Aber da muss ich nochmal drüber nachdenken..
Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21