Hi in die Wetter-Runde!
Heute möchte ich noch zwei Informationen loswerden, die indirekt auch den Polarwirbel beeinflussen, bzw. durch den Polarwirbel ausgelöst wurden. Und ich möchte Euch zeigen, dass man diese Informationen für eine Einschätzung in die Zukunft nutzen kann. Dies ist dann der 2. Teil im Thema, wie man abseits der Wettermodelle eine Prognose für mehr als 14 Tage in der Zukunft angehen kann.
Es geht einmal um die Entwicklung der Temperatur auf der Nordhalbkugel in den letzten Tagen und Wochen. Gerade in den letzten Tagen im Januar 2017 haben wir eine extreme Amplitude feststellen können, also einen großen Unterschied zwischen der höchsten Temperatur und der niedrigsten Temperatur. So hatten wir noch vor wenigen Tagen eine Temperaturanomalie von fast + 1 Grad auf der gesamten Nordhalbkugel und nun ist die Anomalie rasend schnell ins Minus gefallen. Dies jedenfalls zeigt diese Grafik vom 10.01.2017:
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Das ist gleich doppelt interessant für uns Polarwirbelbetrachter, denn zum einen zeigt diese große Amplitude, dass der Polarwirbel instabil war und viele Kaltluftausbrüche und Warmluftzufuhr aufgetreten sein müssen. Andererseits aber stellt sich auch die Frage, woher die plötzliche Kälte denn kommen kann, wenn doch die Arktis insgesamt viel zu warm war und immer noch ist. Die Antwort findet sich zum wesentlichen Teil in der Schneebedeckung der Nordhalbkugel, die schon allein ein gutes Stück weit mit der Temperaturanomalie der Nordhalbkugel schwingt, indem sie gegenläufig anwächst oder schrumpft. Derzeit zeigt sich die Schneebedeckung der gesamten Nordhalbkugel mit einem zuletzt kräftigen Peak nach oben bis zum 08.01.2017 so:
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Nun wissen wir aber auch spätestens seit dem "Frosted Hurricane" Link ist nur fuer registrierte User sichtbar.
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login. , dass mit Schneefall und mit Tauen von Schnee sowie dem Absinken der Schneetemperatur immer viel Energie verbunden ist. Der Aufbau von Schneefläche und das Absinken der Schneetemperatur setzt Wärmeenergie frei, die sich in der Atmosphäre als Temperaturerhöhung feststellen lässt. Wärmeenergie wird teilweise aber wieder in Windenergie umgewandelt und treibt unsere Tief- und Hochdruckgebiete an. Insgesamt kann man also sagen, dass der Zuwachs von Schneeflächen Wärme freisetzt, ebenso das Abkühlen des frisch gefallenen Neuschnees. Umgekehrt wird durch das Schmelzen von Schnee wieder Wärme aus der Atmosphäre entzogen, ebenso, wenn die Schneetemperatur sich erhöht. Diese Zusammenhänge haben wir nun wieder im Kopf und schauen uns nochmals die beiden Entwicklungen an bei der Temperaturabweichung und bei der Entwicklung der Schneeflächen:
und da sollten wir etwas stutzig werden, denn bei gleichzeitiger starker Zunahme der Schneeflächen (starker Peak zum Ende der Grafik - rote Linie) ist die Temperaturanomalie stark gesunken. Das widerspricht doch den oben genannten Feststellungen, oder doch nicht? Müsste nicht die Temperaturanomalie ansteigen wenn die Schneefläche zunimmt? Tut sie aber nicht, sie verhält sich konträr dazu und nimmt stark ab. Wie kommt das zustande?
Der Hintergrund ist, dass die Temperaturanomalie der Nordhalbkugel eine starke Abhängigkeit zu den Kontinentalflächen hat. Steigt die Schneebedeckung auf den Landflächen an, dann wird durch die erhöhte Rückstrahlung (Albedo) von wärmenden Sonnenstrahlen weniger Sonnenenergie am Erdboden aufgenommen und die untere Luftschicht kühlt sich ab. Mehr Schneeflächen bedeutet also Energieverlust durch höhere Rückstrahlung und das zeigt sich in den Temperaturanomalien. Die Landflächen unterkühlen also dadurch und senken die Temperatur insgesamt auf der Nordhalbkugel (untere Luftschicht). Und die freigesetzte Wärme wird parallel dazu über Windenergie in andere Regionen verfrachtet, vorzugsweise in die Arktis und über die Ozeanflächen und sie steigt zudem in höhere Luftschichten auf. Daher steigen die Temperaturanomalien über diesen Regionen am Boden und in der Höhe an, während sie über den Landflächen mit Schneebedeckung unten absinken. Die Verteilung von Land- zu Ozeanflächen auf der Nordhalbkugel verursachen dann das jetzt gemessene Ergebnis für die 2 Meter-Temperaturen.
Was bedeutet das nun für unsere Wetterküche, die ja bekanntlich nicht bodennah dominiert, sondern in der Höhe bis hinauf zur Tropopause? Kurz gesagt, es befindet sich derzeit viel Energie in der Wetterküche, die sich zum einen in Wärme zeigen kann und zum anderen in Wind. Dies führt dazu, dass sich der troposphärische Polarwirbel stärker konzentrieren kann (im Gegensatz zur Auffächerung in mehrere Dipole oder Wirbel) und sich verstärken wird inkl. eines anwachsenden Polarjetstreams. Dadurch wird mehr Höhen-Kaltluft zentraler zusammengehalten und es gibt weniger Kaltluftausbrüche. Genau das werden wir also jetzt beobachten können.
Was bewirkt das für unser Wetter?
Durch die Konzentration der Höhen-Kaltluft über der Arktis findet sich der Polarwirbel recht zentral über dem Nordpol ein. Dort sammelt sich nun verstärkt die Kaltluft und kühlt weiter aus. Dagegen wird es über den Schneeflächen außerhalb des konzentrierten Polarwirbels in der Höhe wärmer, was Hochdruck begünstigt. Und nun schauen wir noch, wo diese Schneeflächen liegen und was dort passieren müsste. Diese sind derzeit in:
Nordamerika - hier wird sich Hochdruck ausbilden
Sibirien - ebenfalls Hochdruck
Europa - auch hier wird sich Hochdruck aufwölben
Durch den Hochdruck über den Schneeflächen außerhalb des konzentrierten Polarwirbels wird in der Folge kaum noch Schneezuwachs stattfinden können. Die Schneebedeckung wird daher wieder abnehmen müssen von den Rändern her. Dadurch steigen wieder die Temperaturen am Erdboden an durch mehr Sonnenenergie-Aufnahme. Da die Schneeflächen in Europa und Nordamerika diejenigen sind, die aufgrund ihrer geografischen Lage als erstes angegriffen werden können, kommt es zu einem faktischen Übergewicht der Schneeflächen in Asien, wodurch der Polarwirbel tendenziell in diese Richtung wandern wird. Das wird sich auch im Polarwirbel der Stratosphäre wiederfinden. Mit der Wanderung des Wirbelkerns nach Osten aber werden die inzwischen angesammelten Kaltluftmassen nicht mehr über dem Nordpol/der Arktis gehalten und es beginnt eine neue Phase mit schweren Kaltluftausbrüchen. Wo die stattfinden werden ist derzeit noch nicht abschließend absehbar. Es hängt davon ab, wie stark die amerikanischen Schneeflächen im Verhältnis zu den europäischen abnehmen werden. Oder andersherum, wie lange sich die Schneeflächen in Europa erhalten können, denn die amerikanischen werden ordentlich Federn lassen. Bleiben die europäischen Schneeflächen gut erhalten, werden wir erleben können, wie sich die angesammelten Kaltluftmassen in unsere Richtung bewegen werden. Ansonsten wird Nordamerika mit Kaltluft geflutet und wir gelangen in eine sehr unwinterliche Strömung.
Meine Tendenz-Einschätzung dazu nach langem hin- und herrechnen, wie sich die Energie verteilen wird, kommt zu folgendem Ergebnis mit einer Wahrscheinlichkeit von 55%:
Die europäischen Schneeflächen erhalten sich besser als die nordamerikanischen. Wir müssen uns auf eine Phase mit wohl recht massiven Kaltluftvorstößen einstellen. Zeitraum: ab 23./25. Januar mit einer Unsicherheit von bis zu 7 Tagen (also bis zum Monatsende etwa).
Na, jetzt seid Ihr alle sicher etwas geschockt, oder? Ich habe lange überlegt, ob ich dieses Ergebnis hier wirklich veröffentliche, denn es ist ja eine ganz neue Vorgehensweise in den Berechnungen. Und es gibt dabei Unsicherheiten, die ich nicht angesprochen habe, wie z.B. ein vielleicht doch durchgreifender SSW mit Polarwirbelsplit oder einer Polarwirbelverschiebung, die ich nicht einkalkulieren kann. Dann wird alles aber eh neu gemischt und muss ganz neu analysiert werden. So mache ich also die Einschränkung, dass die von mir eingeschätzte Entwicklung voraus setzt, dass wir bis zum Monatsende hin keinen Major SSW haben werden.
So, nun dürft Ihr über mich herfallen, mich in Stücke reißen und mich sonst wie verhöhnen.
Mit 45% Wahrscheinlichkeit werden die recht haben, die meinen, dass ich falsch liege. Das Risiko gehe ich also ein.
Schönen Tag Euch allen und wenn Fragen sind, bitte her damit.