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Normale Version: Wetterleuchte's Polarwirbelexpertisen 16/17 - Analysen, Aussichten, Expertisen
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Hi Mädels und Jungs Big Grin ,

bei all der Unruhe - ob nun Frühwinterwetterchen im November nochmals kommt oder nicht - sollten wir nicht vergessen, dass wir uns immer noch im Herbst befinden. Die Ausbeute war doch bisher nicht schlecht. Im Norden sind einige Kälterekorde seit Aufzeichnungsbeginn gebrochen worden (Boitzenburg, Leck, St. Peter Ording u.a.m.) und deutschlandweit liegen wir temperaturtechnisch ziemlich dick im Minus zu 61-90, was nochmals verstärkt wird von heute bis übermorgen. Dann darf es auch mal milder werden und sollte es eigentlich auch, wenn wir nicht zum Ziel haben, den November als vollen Wintermonat einzureihen. Es stellt sich doch viel mehr die Frage, wie stark und wie lange die am Mittwoch einsetzende Milderung anhalten wird. Selbst wenn der restliche Monat maritim-mild wird, so sind die folgenden positiven Abweichungen dann immer noch moderat und wohl nicht geeignet, den gesamten Monat noch ins Plus zu heben. Jedenfalls kann ich das derzeit so nicht erkennen, selbst beim worst case in den Modellen.

Zurück zum Polarwirbel in der Stratosphäre, der uns vielleicht helfen kann, die nächsten 10-14 Tage zu überblicken. Und dort spielen sich in der modellierten Welt gerade einige markante Sprünge von Tag zu Tag ab, was immer andeutet, dass sich etwas tut, was nicht so ganz in die üblichen Abläufe passt oder sich an Grenzlagen befindet, die mal hier und mal dahin münden, wenn man sie weiterrechnet. Ausschlaggebend - so habe ich es jedenfalls identifizieren können - ist die Bewegung der Wärmeblase von 100 hpa bis etwa 50 hpa Höhe. Derzeit hat sich gerade der zweite Wirbel - sprich Dipol - über Grönland wieder ausgebildet, weil die Wärmezufuhr in die Blase kurzzeitig unterbrochen war. In das Druckvakuum hinein bildete sich dieser Dipol - ich hatte es bereits vor Tagen erklärt. Parallel dazu wird jetzt aber wieder Wärme zugeführt und die Wärmeblase füllt sich wieder auf und verursacht Druck auf das vorherige Vakuum bei Grönland bis Alaska. Die Folge ist, dass der Dipolwirbel verdrängt wird und er wandert über den Atlantik auf Skandinavien zu. Auch das hatte ich bereits am 09. November beschrieben. Für die nummerischen Modelle sind diese Druckentwicklungen und - für die Verhältnisse in 100 hpa - schnelle Druckverlagerungen verbunden mit zahlreichen Grenzwertlagen, die zwangsweise zu unterschiedlichen Ergebnissen führen müssen. Schließlich ändern sich fast stündlich die Ausgangsparameter durch das Eintrudeln der Echtdaten, so dass die folgenden neuen Berechnungen - trotz vieler verschiedener Lösungsberechnungen pro Lauf - erhebliche Schwankungen auslösen. Das macht die Modelle ja nicht schlechter oder besser, sie rechnen nur, was sie als Vorgabe bekommen haben. Ich bitte daher um Verständnis, dass gestern oder heute gezeigte Lösungen morgen schon nicht mehr zu finden sein können. Erst wenn die oben genannten raschen Druckveränderungen und Druckverlagerungen abgeschlossen sind - damit die Echtdaten von Messwert zu Messwert nicht mehr so große Differenzen aufweisen - wird eine Phase mit verlässlicheren Vorausschauen einsetzen können. Und diese Phase wird noch ein paar Tage andauern, da die Bewegung des Dipols von Grönland auf Skandinavien zu erst noch folgen wird und diese Bewegung wirklich eine ganz erhebliche Veränderung im Gleichgewicht der Troposphäre auf unserer Seite der Nordhalbkugel bewirkt. Man erahnt es an dem Ausmaß des Tiefdruckgebildes, dass simuliert wird. Und hier reichen wenige hundert Kilometer andere Zugbahn, mehr oder weniger Umfang (Drucktiefe) und die Mitführung und Nachführung von Warm- und Kaltluft verändert sich erheblich. Der Aufbau von Hochdrücken und auch der Abbau bestehender Hochdrücke verändert sich dadurch maßgeblich. Damit aber steht und fällt das Wettergeschehen in den unterschiedlichen Regionen der betroffenen Hälfte der Nordhalbkugel. Will sagen: derzeit braucht es etwas Geduld und auch Anerkennung, dass Wettermodelle keine Wunder vollbringen können - sie denken nicht, sie rechnen nur.

Ganz interessant in diesem Zusammenhang ist, dass durch die insgesamt reduzierten Bewegungsmöglichkeiten in der unteren Stratosphäre (im Verhältnis zur Troposphäre), etwas höhere Prognosesicherheit in dieser Höhenlage attestiert werden kann. 5-6 Tage gelten dort als ziemlich sicher, was unten in der Troposphäre nur für 3-5 Tage gilt. Daher ist der Blick in die Stratosphäre mitunter schon eine Hilfe, wenn es darum geht, die nachfolgenden Großwetterlagen abzuschätzen. Was zeigt sich also da oben?

Und damit bin ich wieder bei meiner Prognose, die ich hier am 09. November zum Polarwirbel eingestellt habe. Erstaunlich: obwohl die Wettermodelle für die Troposphäre ziemlich andere Lösungen gefunden haben, sind wir in der Stratosphäre mit der Entwicklung des Polarwirbels dann immer noch voll im "Plan". ECMWF zeigt heute früh diese simulierte Entwicklung für den 19. November:

[attachment=1636]
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Noch sind wir bis zum 21.11.2016 volle 8 Tage entfernt. Noch sind die Simulationen in der Stratosphäre unsicher für diesen Zeitraum. Aber wir nähern uns jetzt in die "ziemlich sichere Phase" der Simulationen für die Stratosphäre. Ich bin gespannt, welche Lösung die Natur dann schlussendlich gewählt haben wird und wie die Modelle in diese kommende Lösung dann auch gefunden haben werden. Ich vermute noch einige Sprünge bis etwa Dienstag/Mittwoch. Dann sollte das Fahrwasser ruhiger werden. Vielleicht wird es eine Lösung sein, die meiner Prognose sehr ähnlich wird. Ich finde es toll, echt super sogar, dass wir Hobbyfreaks hier eifrig mitdenken können und nach logischen Lösungen suchen!!

Einen schönen Sonntag Euch allen!

(11.11.2016, 08:10)Wetterleuchte schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.Nachtrag:

ECMWF hat nun die Ellipse Sibirien-Ostsee für den 20.11.2016 im Programm. Hier:

[attachment=1637]

Also weiterhin alles im Fahrplan. Das ganze Gebilde müsste nur an der Südspitze noch etwas nach rechts (Ost) rücken, dann wäre es perfekt im Plan. Das sollte dann auch schon ausreichen, um das Azorenhoch nach Norden und Osten zu locken. Grönlandhoch würde helfen.

Ach so Robbi: mit der Ellipse würde das Hoch zwischen den anfänglichen Dipolen bald verschwinden oder sich stark abschwächen. Das bedeutet dann nicht mehr Ausräumen des Kältepotentials aus Westrussland. Es könnte sogar gegenteilig wirken. Aber da muss ich nochmal drüber nachdenken..
Nachtrag GFS heute früh:

am 19. November steht die Ellipse, wäre aber instabil:

[attachment=1638]

am 20. November beginnt schon die Auflösung der Ellipse nach GFS:

[attachment=1639]

Quelle: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.

Zur Beruhigung: das wird so nicht kommen, es sei denn die von GFS selbst berechneten und eingestellten Temperaturwerte in 100 bis 30 hpa sind veraltet oder fehlerhaft. Und das glaube ich nicht, da dies eine Hochburg bei den Amis ist! Dagegen sind die Druckberechnungen häufiger neben der Spur. Die Europäer sind beim Druck besser, bei den Temperaturen aber noch hinter GFS.

Na mal abwarten. Wink
Gruß!
(14.11.2016, 00:46)Winters Majesty schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.War's hier oder doch wo anders? Weil mir das mit der QBO und dem plötzlichen und überraschenden Wechsel auf Ost wieder eingefallen ist von einem meiner ersten Tage hier... Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login. ich weiß nicht... die sind schon ziemlich weit jetzt in 2016... da ist für mich noch immer nichts überraschendes und plötzliches von oben herab zu sehen?
Oder war das noch weiter, sprich erst ab Ende Oktober? Dann kann es aber zu dem angegebenen Zeitpunkt noch gar nicht ausgewertet werden, ich meine mich an irgendwas mit September/Oktober zu erinnern und da haben wir definitiv nix dergleichen...

P.S. Wetterleuchte, super Analyse, findet mittlerweile sogar auf kaltwetter.com Zuspruch Big Grin
Was hältst du von Dr. Cohen vom AER? Ich finde seine Aussage zum beispiellos schwachen PW mit nahezu unvorhersehbaren Folgen für den weiteren Verlauf ziemlich treffend...

Hi Winter´s Majesty,

danke für die Blumen! Dr. Cohen hat ein paar gute Ideen in die Diskussion eingebracht und einen neuen Index. Noch funzt das alles aber nicht so, dass man es ausgereift nennen könnte. Trotzdem schöne Ansätze und es hat eine Menge logische Aspekte. Es scheint aber so, als würde noch mindestens eine Zutat fehlen, die bisher nicht erkannt ist, um die Prognosegüte über 50% Erfolgsquote zu bringen. Was könnte fehlen? Eine Portion ENSO mit Berücksichtigung von Zeitverzug 3-5 Monate wäre ein Kandidat. Dann die Entwicklung der relativen Luftfeuchte auf der Nordhalbkugel könnte ein wichtiger Player sein. Und schließlich die Temperaturentwicklung insgesamt auf der Nordhalbkugel. So kommt man in Summe auf eine Art Energiebilanz. Würde man diese nun noch als Differenz zwischen Arktis und mittlere Breiten (Grenze etwa bei 55N) analysieren, könnte daraus eine temporäre Entwicklungswahrscheinlichkeit gefunden werden für Energieabbau und -Zuwachs in relevanten Regionen, woraus sich Wettermuster ableiten lassen könnten - vielleicht für eine ganze Jahreszeit als Ganzes im voraus. Aber das ist nur ein vertiefter Gedanke, der originär bereits von KlimaAutist entwickelt wurde in 2010, also nur eine etwas abstrakte Ideen-Kopie von mir und ich habe das auch noch nie durchgespielt. Wäre allerdings mal einen Versuch wert. Vielleicht komme ich ja auf das Thema nochmal zurück..

Jetzt aber nochmal ins Thema aktueller Polarwirbel:

Wir befinden uns da oben immer noch im Fahrplan meiner Prognose vom 09.11.2016:

[attachment=1735]
Das mal vorab. Allerdings schleicht sich eine weitere, ganz neue Entwicklung in die Schlussphase des Prognosezeitraums. Denn es deutet sich an, dass die Wärmeblase in 100 hpa und darüber ab etwa dem 20/21. November eine mächtige Bewegung vollziehen will. Es wäre jene Wärmeblase, die sich gerade jetzt wieder auffüllt und den sibirischen Polarwirbel über Asien hält. Sollte es zu dieser schnellen Bewegung auf Nordkanada bis Grönland kommen, dann können sich verschiedene neue Konstellationen ausbilden, die wir bisher nicht berücksichtigen konnten. Mit einer sehr schnellen Verschiebung der Wärmeblase um viele tausend Kilometer in nur 2 Tagen von Ostasien nach Nordkanada würde der gesamte Polarwirbel verschoben und zudem erheblich geschwächt (nicht so sehr in der Druckstärke, die würde stagnieren oder sich sogar noch leicht vertiefen), auseinandergezogen oder sogar in 2/3Teile zerlegt. Diese Phase könnte genau in die Endphase der Prognose fallen und damit eine Überlagerung verursachen. Das ist noch alles sehr unsicher und ich selbst bin etwas ratlos, was da genau passieren könnte. Doch scheint etwas im Busch zu sein: kein SSW klassisch, soviel ist sicher, aber eine rasche Erwärmung nur in der unteren Stratosphäre aus der Troposphäre heraus scheint sich anzubahnen. Dazu habe ich keine Vorlage, wieder etwas unbekanntes? Doch nicht verzagen, nachdenken, wohin kann die Reise dann gehen? Ich habe mal etwas Gehirnschmalz in eine mehr fragende als antwortende Entwicklungskarte gesteckt. Das ist dabei heraus gekommen:

[attachment=1733]

Ich nehme solche Zwischenstepps gern als Vorlage für weitere (spätere) Analysen, um möglichst viele Bewegungswahrscheinlichkeiten abzustecken und zu kontrollieren.

Als Tagesergebnis kann ich heute nur sagen: die Ellipse und/oder der Dipol Sibirien-Skandi wird kommen. Was aber die Wetterwirksamkeit dieser Konstellation angeht bei uns in den Tagen nach dem 21. November, da könnten die neuen Entwicklungen entweder unterstützen oder aber stören. 50 : 50 oder russisch Roulette mit zwei Kammern und einer Kugel, würde ich mal sagen.

Tja, Wirbel Grönland wäre nicht so prickelnd für uns. Wir bekommen in zwei Tagen die Milderung, weil es den Wirbel Grönland gerade jetzt gibt. Er ist für heute und morgen der dominante Wirbelkern, dann gewinnt der sibirische wieder und der Druckkern wandert nach Skandinavien. Daran wird sich nichts mehr ändern. Danach wird es kribbelig, denn derzeit lässt sich einfach nicht vorhersagen, was dann genau Ablaufen wird. Mir sind da bereits die Grenzen gesetzt.

PS: falls @Zirfeld mitliest: sei doch mal so lieb und schau Dir die simulierten Jetstream-Daten in 300 hpa der Nordhalbkugel an im Kontext zum stratosphärischen Polarwirbel in 100 hpa. Und dann die Ozonwerte dazu! Findest Du auch einige auffällige Diskrepanzen oder habe ich es heute und gestern mit den Augen? Du hast doch einen Weg gefunden, die Simulationen der verschiedenen Höhen miteinander zu verbinden und in ein Bild zu transportieren. Schau Dir doch bitte mal die simulierten Tage vom 19. bis zum 22. November an, die scheinen entscheidend zu werden. Danke im voraus dafür!!!

Eine überaus spannende Phase haben wir erwischt. Könnte sein, dass der Polarwirbel in Kürze erneut Geschichte schreiben will. Wo das alles wohl noch hinführt..?

Gruß in die Wetter-Runde!
(14.11.2016, 19:58)Schneemann schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.Hi Wetterleuchte,

super Prognose von dir. Doch ist es für die Winterliebhaber jetzt eine schlechte oder eine gute Nachricht?


Grüsse

Hi Schneemann,

ich setzte mal ein dickes Fragezeichen, weil die Lage oben in der Stratosphäre derzeit nur Spekulationen Platz lässt.

Gehen wir davon aus, dass es keine gravierenden Änderungen geben wird ab dem 21.11.2016, dann sollte sich dieses Szenario einstellen zum Monatsende (Text steht in den Grafiken, mit Cursor drüberfahren!):

[attachment=1760]
[attachment=1761]
[attachment=1762]

Doch Vorsicht: das ist weit weg und davor kann es eine Verschiebung geben. Das kann bedeuten: wärmer wird's oder sogar etwas kälter. Dann aber ist es wirklich eine echte Kältesensation!

Ich tendiere mehr zu der Lösung dazwischen, wenn ich keine echte Prognose mehr wagen kann - aus Erfahrung. Aber dieser Zustand des "Schwimmens" sollte morgen/übermorgen behoben werden können. Im Moment läuft ja noch alles nach "Plan". Doch ein neuen Fahrplan für die Anschlusszüge wird erst noch erstellt..

Gruß!
(14.11.2016, 18:56)Wetterleuchte schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login....Allerdings schleicht sich eine weitere, ganz neue Entwicklung in die Schlussphase des Prognosezeitraums. Denn es deutet sich an, dass die Wärmeblase in 100 hpa und darüber ab etwa dem 20/21. November eine mächtige Bewegung vollziehen will. Es wäre jene Wärmeblase, die sich gerade jetzt wieder auffüllt und den sibirischen Polarwirbel über Asien hält. Sollte es zu dieser schnellen Bewegung auf Nordkanada bis Grönland kommen, dann können sich verschiedene neue Konstellationen ausbilden, die wir bisher nicht berücksichtigen konnten. Mit einer sehr schnellen Verschiebung der Wärmeblase um viele tausend Kilometer in nur 2 Tagen von Ostasien nach Nordkanada würde der gesamte Polarwirbel verschoben und zudem erheblich geschwächt (nicht so sehr in der Druckstärke, die würde stagnieren oder sich sogar noch leicht vertiefen), auseinandergezogen oder sogar in 2/3Teile zerlegt. Diese Phase könnte genau in die Endphase der Prognose fallen und damit eine Überlagerung verursachen. Das ist noch alles sehr unsicher und ich selbst bin etwas ratlos, was da genau passieren könnte. Doch scheint etwas im Busch zu sein: kein SSW klassisch, soviel ist sicher, aber eine rasche Erwärmung nur in der unteren Stratosphäre aus der Troposphäre heraus scheint sich anzubahnen. Dazu habe ich keine Vorlage, wieder etwas unbekanntes? ...

Hi liebe Leute,

kurz und knapp nur ein Zwischenruf: der stratosphärische Polarwirbel bleibt weiterhin in meinem Fahrplan und wird ihn auch erfüllen. Es besteht nur noch eine Restchance von 15%, dass die Wanderung des grönländischen Wirbelkerns Richtung Skandinavien nicht stattfinden wird.

Troposphärisch werden sich die vorgesehenen Hoch- und Tiefdruckgebiete auch einstellen. Lediglich das Azorenhoch dürfte der Spielverderber werden, weil es sich nicht an den Zeitplan hält und zu lange bummelt. Big Grin  Es wird sich zu spät am vorgesehenen Platz aufsteilen und damit landet der Trog zu weit westlich und wir dürfen milde Luft atmen, was im November allerdings nicht ungewöhnlich ist. Der November wird dann wohl doch noch ins leichte Plus hüpfen können, wenn die Mildlage lange genug anhält.

Für mich ist gedanklich diese Prognosephase bis zum 21. November schon abgeschlossen. Natürlich halten wir die Echtwerte aber noch fest für den stratosphärischen Polarwirbel, um eine saubere Verfikation abzulegen.

Jetzt aber etwas viel ernsteres. Ich möchte niemandem Angst machen, aber an Sorgen sollten wir uns gewöhnen.
Nun arbeite ich derzeit an der nächsten Phase, also die Zeit nach dem 21.11.2016. Und da komme ich an meine Grenzen. Offenbar ereignen sich derzeit Abläufe in der Stratosphäre, die in kein Schema passen wollen. Ich stoße ständig auf neue Diskrepanzen, die erst noch erklärt werden müssen. Auch wo sie herrühren und vor allem, was sie verursachen werden. Ich arbeite eifrig daran, aber ohne entsprechende Rechnerkapazitäten kann ich kaum etwas simulieren oder berechnen, was nicht nur sehr oberflächliches Gestrunze wäre.

Ein Beispiel: das sibirische Hoch hat aufgrund seiner Ausmaße und Druckstärke die Tropopause viel zu weit nach oben gedrückt. Von unten an der Trennschicht zwischen Troposphäre und Stratosphäre wird durch das mächtige Hochdruckgebiet im Uhrzeigersinn warme Luft herumgeholt und nach oben an die Tropopause gedrückt. Gleichzeitig dreht sich über der Tropopause der sibirische Polarwirbelkern in umgekehrter Richtung. An der überschneidenden Nahtstelle wird die Tropopause mehrfach gefaltet und lässt die Warmluft nach oben in die Stratosphäre fluten. Auf der 100 hpa-Karte sehen wir die Wärmeblase über Ostasien, die sich nun immer stärker auffüllt. Das ist ein echter Grund, Sorgenfalten zu bekommen.

Läuft das nämlich noch lange (das Sibirienhoch könnte noch viele Wochen so stark bleiben), so wird der Polarwirbel sehr schwach bleiben und in viele kleine Fetzen zerfallen können. Und das für eine längere Zeit, was man so noch nicht gemessen hat. Was hatte das für schlimmste Folgen?

- Die chemische Zusammensetzung der Stratosphäre würde verändert werden (z.B. mehr Ozonaufbau)
- Die in die Stratosphäre eingespeiste Wärme aus der Troposphäre würde unwiederbringlich in das Weltall abgestrahlt werden
- Die Kälte in der Troposphäre würde nicht an den Polen gehalten werden können und würde übermäßig in mittlere Breiten abfließen
- Die Wärme aus den mittleren Breiten würde fast ungehindert zu den Polen vordringen können
- Das Eis der Arktis würde sich nur sehr schwach entwickeln können
- Ein unglaubliches Chaos an Energieströmen wäre in der Wetterküche

Mehr mag ich hier und heute noch nicht dazu schreiben. Wettertechnisch würden wir auf der Nordhalbkugel eine Katastrophe nach der anderen erleben müssen, bis sich wieder eine relative Balance eingestellt haben würde. Das kann Monate dauern. Das macht mir inzwischen ziemlich große Sorgen, wenn ich ehrlich bin. Alles geht viel zu schnell. Wir denken hier immer nur an einen schönen Winter mit Schnee und Kälte, aber vielleicht bekommen wir den diesmal tatsächlich nur mit einer immensen Pfandgebühr. Ich verspreche, ich werde mich in den nächsten Tagen zu dieser anstehenden stratosphärischen Extreme melden und versuchen, die Lage und die möglichen Folgen mit einfachen Worten zu erklären. Jetzt muss ich erst noch ganz viel über die Probleme nachdenken und viele Gleichungen durchspielen. Gern würde ich Euch sagen können: macht Euch keine Sorgen, alles ist und bleibt auch im Rahmen..

Gruß in die Wetter-Runde!
(19.11.2016, 08:50)Wetterleuchte schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login...Ich werde darauf aber noch genauer eingehen und versuchen zu erklären, an welcher Stelle der tatsächliche Knackpunkt in der Entwicklung gelegen hat, der die denkbar größtmögliche Abweichung zur Wetterentwicklung bei uns ausgelöst hatte. Das gehört zu einer genauen Verifikation dazu und könnte auch helfen, daraus zu lernen oder zu differenzieren...

Da ich an diesem Wochenende von Berlin nach Niedersachsen umziehe, kann ich verständlicherweise erst im Laufe der nächsten Woche - wenn ich angekommen bin und etwas erholt von der Anstrengung - die Verifikation leisten.

Allen ein schönes Wochenende!

Hi Wetterfreaks!

Umzug ist erfolgreich abgeschlossen, alle Utensilien sind eingeräumt und auch die Küche ist nun voll einsatzfähig. Smile
Als ich am Sonntag morgens um 08:30 eintraf, war der Teich zugefroren! Ja, ich habe nicht schlecht gestaunt. Um 10 Uhr war aber alles Eis schon geschmolzen. Meine neuen Nachbarn erzählten mir, dass die Teiche bereits an fast einer Woche lang durchgehend zugefroren waren und auch tagsüber nicht mehr abgetaut sind. Nicht schlecht für Anfang November, oder? Leider hilft das für meine Wette noch nicht, da ich den 25. November genannt hatte (ursprünglicher Umzugstermin). Aber wer weiß, mit Glück könnte es ja... Cool

Zur Verifikation der von mir erwarteten Entwicklung vom 09.11. für den 21.11.2016 oben in der Stratosphäre:

Diese Entwicklung hatte ich vermutet:

[attachment=2040]

..und so sah der Polarwirbel am 20.11.2016 dann tatsächlich aus:

[attachment=2042]

in 70 hpa ist das Zentrum des südlichen Wirbels bei Skandinavien noch besser zu identifizieren.
[attachment=2041]

Die Wanderung des grönländischen Teilwirbels nach Osten ist zeitlich perfekt erkannt worden, auch die vermutete Verstärkung des östlichen Wirbels hat auf den Tag genau gepasst und hat tatsächlich stattgefunden. Wärmeblase wanderte genau dorthin, wo sie geplant war. Auch hat gestimmt, dass sich eine Ellipse bilden wird von Sibirien bis zur Ostsee. Was wir als Differenz sehen können, ist, dass der grönländische Wirbel nicht weit genug nach Osten gewandert ist. Da fehlen nur ein paar hundert Kilometer, aber die haben bewirkt, dass sich der Hochdruck in der Troposphäre nicht bis vor Großbritannien aufbauen konnte. Dadurch verschob sich die Zugbahn der Tiefs nach Westen auf den Atlantik, vorbei an uns, und wir kamen dann ganz unglücklich auf die Vorderseite des Troges und wurden hübsch mild beglückt. Wenige hundert Kilometer bei gleicher Konstellation können schon genügen, um bei uns ganz anderes Wetter geschehen zu lassen. Ich weiß nicht, ob man so etwas wirklich vorhersagen kann. Ich behaupte mal, das geht nicht. So lerne ich daraus, dass ich neben einer wahrscheinlichen Wetterentwicklung dann auch noch eine weniger wahrscheinliche, aber mögliche Entwicklung mit aufführen sollte. Dann sind auch Enttäuschungen weniger möglich, vermute ich.

Doch warum hat sich der grönländische Wirbel nicht so weit nach Osten hin bewegt? Und hier liegt der tatsächliche Knackpunkt:

die Wärmeblase wanderte zwar prima nach Plan Richtung Nordkanada, aber der Nachschub an Wärme wurde dort erneut kurz reduziert. Das hatte zur Folge, dass ab dem 18./19. November der Druck durch die Wärmeblase auf den grönländischen Teilwirbel (echter Dipol) nachließ und daher die Wanderung des Wirbels sich verringerte. Kleine Änderung, große Wirkung bei uns. Und zum Thema der Wärmeblase hatte ich ja bereits hier im Thread berichtet und auch angenommen, dass sich zum Prognosezeitraum-Ende hin dadurch eine Änderung ergeben könnte. Doch dazu später mehr, da ich diesen Beitrag als Aufhänger für einen weiteren Beitrag nehmen möchte.

Zunächst noch der Abgleich der Entwicklungen in der Troposphäre. Oben im ersten Schaubild waren für die Troposphäre in 500 hpa die von mir vermuteten Hoch- und Tiefdrücke eingezeichnet. Nun der Abgleich mit dem, was dann wirklich eingetreten ist:

[attachment=2043]

Wir finden zutreffend: Hoch zwischen den Polarwirbelkernen, Tief bei Neufundland und auch Hochdruck über Grönland
nicht zugetroffen hat: das Azorenhoch hatte zwar Kontakt zum Grönlandhoch, aber es lag im Kern viel weiter südlich und damit fehlte die Wirkung nach Großbritannien rüber.

Und auch die Voraussage für AO und NAO hat gestimmt. Beide wurden negativ! Trotzdem:

damit haben sich dann andere - konträre - Wetterlagen für uns eingestellt und anstelle von Kaltluft durften wir nochmals Warmluft genießen.

Zum Trost sei gesagt, dass der Monat dann aber wohl trotzdem noch mit einem kleinen Minus zu 61-90 abschließen wird. Die kühle Wetterlage der ersten Monatshälfte hatte es dann doch in sich und die wirklich warmen Tage derzeit reichen dann doch immer noch nicht, um dieses Minus gänzlich zu tilgen...

Soviel zur Verifikation von meiner Seite. Für Ergänzungen, Korrekturen, Hinweise bin ich immer dankbar.

Gruß in die Runde!
(14.11.2016, 18:56)Wetterleuchte schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login...Allerdings schleicht sich eine weitere, ganz neue Entwicklung in die Schlussphase des Prognosezeitraums. Denn es deutet sich an, dass die Wärmeblase in 100 hpa und darüber ab etwa dem 20/21. November eine mächtige Bewegung vollziehen will. Es wäre jene Wärmeblase, die sich gerade jetzt wieder auffüllt und den sibirischen Polarwirbel über Asien hält. Sollte es zu dieser schnellen Bewegung auf Nordkanada bis Grönland kommen, dann können sich verschiedene neue Konstellationen ausbilden, die wir bisher nicht berücksichtigen konnten. Mit einer sehr schnellen Verschiebung der Wärmeblase um viele tausend Kilometer in nur 2 Tagen von Ostasien nach Nordkanada würde der gesamte Polarwirbel verschoben und zudem erheblich geschwächt (nicht so sehr in der Druckstärke, die würde stagnieren oder sich sogar noch leicht vertiefen), auseinandergezogen oder sogar in 2/3Teile zerlegt. Diese Phase könnte genau in die Endphase der Prognose fallen und damit eine Überlagerung verursachen. Das ist noch alles sehr unsicher und ich selbst bin etwas ratlos, was da genau passieren könnte. Doch scheint etwas im Busch zu sein: kein SSW klassisch, soviel ist sicher, aber eine rasche Erwärmung nur in der unteren Stratosphäre aus der Troposphäre heraus scheint sich anzubahnen. Dazu habe ich keine Vorlage, wieder etwas unbekanntes? Doch nicht verzagen, nachdenken, wohin kann die Reise dann gehen? Ich habe mal etwas Gehirnschmalz in eine mehr fragende als antwortende Entwicklungskarte gesteckt. Das ist dabei heraus gekommen:

Hallo in die Runde!

Habe es gestern nicht mehr geschafft, weil mich netter Besuch neuer Nachbarn ereilt hat, aber nun hau ich es Euch um die Ohren. Big Grin

Oben im zitierten Beitrag hatte ich diese "fragende" Grafik eingestellt:

[attachment=2053]

und lag mit meiner Vermutung völlig richtig, dass die Wärmeblase "ins Rutschen" kommen könnte. Sie hat sich Richtung Nordkanada bis Westgrönland aufgemacht und wandert aktuell noch ein wenig. Ich hatte für mich und Euch dann die Frage gestellt (grafisch), wohin der Polarwirbel wandern würde und ob es vielleicht sogar einen zweiten Wirbel über Nordamerika geben könnte. Soweit zum Stand vom
14.11.2016.

Danach folgte dies hier:

(16.11.2016, 15:25)Wetterleuchte schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.Jetzt aber etwas viel ernsteres. Ich möchte niemandem Angst machen, aber an Sorgen sollten wir uns gewöhnen.
Nun arbeite ich derzeit an der nächsten Phase, also die Zeit nach dem 21.11.2016. Und da komme ich an meine Grenzen. Offenbar ereignen sich derzeit Abläufe in der Stratosphäre, die in kein Schema passen wollen. Ich stoße ständig auf neue Diskrepanzen, die erst noch erklärt werden müssen. Auch wo sie herrühren und vor allem, was sie verursachen werden. Ich arbeite eifrig daran, aber ohne entsprechende Rechnerkapazitäten kann ich kaum etwas simulieren oder berechnen, was nicht nur sehr oberflächliches Gestrunze wäre.

Ein Beispiel: das sibirische Hoch hat aufgrund seiner Ausmaße und Druckstärke die Tropopause viel zu weit nach oben gedrückt. Von unten an der Trennschicht zwischen Troposphäre und Stratosphäre wird durch das mächtige Hochdruckgebiet im Uhrzeigersinn warme Luft herumgeholt und nach oben an die Tropopause gedrückt. Gleichzeitig dreht sich über der Tropopause der sibirische Polarwirbelkern in umgekehrter Richtung. An der überschneidenden Nahtstelle wird die Tropopause mehrfach gefaltet und lässt die Warmluft nach oben in die Stratosphäre fluten. Auf der 100 hpa-Karte sehen wir die Wärmeblase über Ostasien, die sich nun immer stärker auffüllt. Das ist ein echter Grund, Sorgenfalten zu bekommen...

Und nun bin ich eine ganze Ecke weiter gekommen und habe in das Dunkel meines Wissens etwas Licht strömen lassen. Cool

Um hier im Thread den Rahmen nicht platzen zu lassen und die Spannung unnötig zu erhöhen, mache ich es kurz und zeige sofort das Ergebnis meiner sehr weitgehenden Untersuchungen und Analysen. Auf die oben angesprochenen Probleme werde ich in einem gesonderten Thread demnächst eingehen, okay? Na, jedenfalls führen meine Untersuchungen mit einer ungewöhnlich hohen Wahrscheinlichkeit zu einem Polarwirbelsplit im Dezember. Und ich denke, ich kann sogar den Zeitraum stark eingrenzen, wann dieses Ereignis stattfinden würde - wieder mit Wahrscheinlichkeiten. Aus der ganzen Bewegungsanalyse mit Energiewanderung, dem Energieaufbau und -abbau in den relevanten Regionen der Nordhalbkugel, dem Aufwärmen in den Schichten der Stratosphäre inklusive dem Druckaufbau da oben ergibt sich für mich im Ergebnis, dass aus den vorhandenen Ausgangssituationen es zu einem Polarwirbelsplit kommen wird im Dezember 2016. Eine taggenaue Bestimmung ist da nicht möglich, aber einen Zeitrahmen kann ich benennen - wie es wohl nur KlimaAutist bisher schon mehrfach erfolgreich geschafft hatte. Ich gebe offen zu, mir ist mulmig dabei, denn gleich mehrere Berechnungen für diese Prognose sind Neuland für mich gewesen und es wäre fast einem Wunder gleich, wenn ich da nicht irgendwo einen Fehler versteckt habe. Dennoch möchte ich es jetzt wissen und hier in unserer Wetter-Runde wird man mir ja nicht mein Köpfchen abreißen, wenn ich eine Bauchlandung hinlege..

Hier das Ergebnis der Arbeit als Grafik:

[attachment=2054]

Ihr erkennt die Lage der Wirbel, die Wärmeblase an ihrem finalen Standort zwischen den Wirbeln. Ferner die aus dieser Splitlage zu erwartenden Hochdruckgebiete (H) in der Troposphäre.

Nun dürft Ihr gern überlegen, was das für unser Wetter bedeutet. Winter oder nicht? Schnee für alle oder nicht?

Natürlich lasse ich Euch für eine solche Einschätzung nicht im Regen stehen. Es gibt einen Hinweis zum Recherchieren:
schaut mal, was im Dezember 2010 geschehen ist, als es am 20.12. diesen Polarwirbelsplit gegeben hat, den übrigens KlimaAutist fast auf den Tag genau vorhergesagt hatte- und zwar schon im September 2010, also 3 Monate im Voraus! Hier der Polarwirbelsplit vom 20.12.2010, der unten nur schwach ausschaut, aber bis weit hoch in der Stratosphäre durchgängig war:

[attachment=2055]

Wisst Ihr noch, was dann folgte?

Jetzt darf spekuliert werden, gemunkelt, geraten - und aber auch gefachsimpelt, denn ich nehme das ernst und habe mich bemüht, alle mir bekannten Faktoren in die Analysen mit einfließen zu lassen. Und auch bedenken: Wetter wiederholt sich nicht 1:1. Ähnlichkeiten sind aber möglich und durchaus erwünscht.. Smiley32 Smiley50

Danke für´s Lesen und lieben Gruß in die Runde!
(24.11.2016, 13:56)MKK-Wetter schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.@Wetterleuchte
Zunächst mal Danke für die viele Arbeit die du dir gemacht hast. Respekt! Aber, deine gewagte Prognose baut einzig und allein auf EZ auf. Geht es nach den Strat-Karten von GFS, dann gibt es auch in weiterer Zukunft nicht mal ansatzweise eine Voraussetzung für ein MW. Das sah in den Karten des 0er Laufs noch anders aus, hier ließen die Ozon-Karten in 10hpa vermuten daß es zu einer Schwächung des PW im Bereich Ostgrönland / Ostkanada kommen könnte, und das wäre für nachhaltiges Winterwetter der so ziemlich schlechteste Fall, weil es die Tiefdruckgebiete von Grönland aus südwärts schicken und eine SW-Strömung iniziieren würde.

Gruß

Michael

Hi Michael,

meine Berechnungen beziehen sich nicht auf ECMWF oder GFS, aber ich nutze die Bildgrafiken gern - und male in ihnen rum, da sie bekannt sind und man schnell ein gutes Vergleichsgefühl bekommt. Damit sind auch Einzelläufe von Wettermodellen für meine Analysen nicht interessant. Ausgangslage ist immer die aktuelle Situation. Dazu benötige ich natürlich die Daten und Werte aus den Modellen. Bis in die 3-Tages-Vorschau gehe ich dann auch gelegentlich, wenn die Entwicklungen als sehr sicher gelten können. Das erspart viel Arbeit.
Danach gehen die verschiedenen Wettermodelle ihre eigenen Wege unter diversen Annahmen und kommen meist zu unterschiedlichen Entwicklungen in der Troposphäre. Daraus kann man eine Langfristprognose aber nicht aufbauen, es sei denn man analysiert lediglich die Qualität der Wettermodelle selbst und versucht daraus eine Wahrscheinlichkeitsprognose für bestimmte Läufe eines oder mehrerer Modelle vorzunehmen. Das aber ist nicht meine Intension. Ich suche Wege, die sich von den Modellen weg befinden, also neue Wege in der Analyse. Dazu können Modellentwicklungen durchaus hilfreich sein, z.B. die Berechnungen der stratosphärischen Entwicklungen von GFS und ECMWF, die inzwischen bis zum Tag 5, manchmal auch Tag 7 ziemlich sicher sind. Doch nun schau mal meinen Zeitraum an, für den die Prognose gelten soll. Das sind 3-4 Wochen. Da hilft Dir kein Modell mehr weiter!

Jetzt fragt man sich bestimmt, wie die Wetterleuchte denn so etwas berechnen kann, wenn es kein Wettermodell kann. Berechtigte Frage und ich müsste auch antworten: ich kann das nicht berechnen, jedenfalls nicht numerisch, wie die Wettermodelle es machen. Doch es gibt außerhalb der ausschließlichen numerischen Berechnung - die durchaus auch bei mir hohe Bedeutung hat - Möglichkeiten, aufgrund von recht gut kalkulierbaren Bewegungen von Luftmassen und sich entwickelnden Energiebilanzen in relevanten Regionen (oder neutral = Gitterpunkten) Wahrscheinlichkeiten zu ermitteln, welche Wetterlagen sich in den wichtigsten Wetterregionen einstellen werden, wie lange sie anhalten können und in welche Abfolge sie geraten dürften. Im Winter ist die Entwicklung des Polarwirbels in der Stratosphäre ein ganz starkes Argument für Bewegungsabläufe unten in der Troposphäre. Auf Dauer kann sich die Troposphäre und die Stratosphäre nicht entgegen gesetzt entwickeln. Beide Sphären interagieren - sie wechselwirken aufeinander. Meist gibt die Troposphäre den Ton an, in besonderen Situationen aber auch die Stratosphäre. Ein Split im Polarwirbel ist so eine Situation, wo die Troposphäre stark von oben mit gesteuert wird. Das spielt mir dann in die Karten, da die stratosphärischen Entwicklungen weniger dynamischen Veränderungen unterliegen und insgesamt stabilere Vorhersagezeiträume einräumen als die troposphärischen.

Wenn nun die voraus berechneten und/oder über Bewegungsanalysen gefundenen Entwicklungen oben beim Polarwirbel auf der einen Seite und die ermittelten zukünftigen Großwetterlagen in der Troposphäre über einander gelegt eine Harmonie oder sehr ähnlichen Gleichlauf zulassen, dann ergibt sich eine Art Korrelation, die eine Wahrscheinlichkeitsberechnung zulässt. Und das ist für mich der neue Weg, eine Prognose zu erstellen, die über die uns erreichbare Frist von 10 Tagen hinaus gehen kann. Ob das schon klappt für einen so langen Zeitraum und dann noch mit so einer seltenen Konstellation, das wird sich zeigen. Jedenfalls habe ich sogar die Energiebilanzen der Regionen aus Schneefall, Schneeschmelze und Wärmefreisetzung bei geschlossenen Schneedecken unter Hochdruck mit einfließen lassen, was schon sehr hohen Aufwand bedeutet für einen so langen Zeitraum.

Ach so, by the way, ganz interessant ist bei diesen Untersuchungen herausgekommen, dass die relative Luftfeuchte auf der ganzen Nordhalbkugel in den letzten Jahrzehnten abgenommen hat und ganz besonders in den hohen Breiten der Arktis. Ein markantes Ereignis im Jahr 1956/57 in der Zeit von Oktober bis Dezember hat in der Arktis zwischen 0 und 180E einen nachhaltigen Abbau der relativen Luftfeuchte ausgelöst, der bis heute anhält und sich immer noch weiter verstärkt. Das werde ich noch in einem Thread im Klimaforum aufbereiten. Diese Entwicklung spielt eine immense Rolle, wenn es um den Transfer von latenter Energie geht, um Schneemengen und Schneebedeckung, um Eisbildung und Gletscherschwund... So was kommt dann dabei heraus, wenn man nach anderen Wegen sucht. Cool

Für heute genug. Gruß in die Runde!
Hi Leute,

ganz kurz, da ich gleich zum Buffet geladen bin.

Einige wird es irritieren, dass man noch nichts (oder fast nichts) von der Entwicklung sehen, kann, die ich beschrieben hatte. Zur Info: derzeit kann sich der Polarwirbel in der Stratosphäre wieder verstärken. Man sieht das an der angegebenen Druckhöhe. War sie am 24. noch bei 15.520 Meter Höhe für 100 hpa, liegt sie nun schon etwas tiefer und wird sich weiter vertiefen auf 15.200 Metern (wie ich es in meiner Prognose-Grafik übrigens eingezeichnet habe. Das bedeutet, dass sich die Kälte mehr um den Wirbelkern herum sammeln und konzentrieren kann. Der zweite Wirbel wird sich erst bilden können, wenn über Nordamerika sich eine Kälteansammlung gebildet hat. Das mal als Tipp, wohin man schauen muss.

Für die Arktis wird es bedeuten, dass sie langsam aber sicher auskühlt und dann eine Brücke schlagen kann zwischen Sibirien und Nordamerika. Das wird mit Turbulenzen geschehen, aber diese Voraussetzungen sind wichtig, um möglichst viel Kälte auch in die Arktis zu bekommen, denn wir profitieren speziell bei NW-Lagen davon, und die werden unweigerlich kommen, wenn der Split sich organisiert. So können also bis zu einer Woche vor dem tatsächlichen Split bereits bei uns winterliche Vorboten landen - was für eine erste Grundlage nie schlecht ist.

Also: erstarkender Polarwirbel in der Stratosphäre (nicht identisch mit dem troposphärischen Verhalten) hält die Kälte zusammen und verschießt sie nicht sinnlos in den Atlantik oder Pazifik...

Gruß!
(27.11.2016, 21:49)richie schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login....

Ich bleibe weiterhin dabei dass sich wohl ab in etwa der Zeit nach Nikolaus eine milde westliche bis südwestliche Strömung etabliert, da sich der Kältepol in winterfeindlichen Gebieten einfinden wird.

Hi Richie,

danke für Deine Zusammenfassung und Einschätzung. Ja, vielleicht gibt es die befürchtete SW-Lage. Du stehst nicht allein mit Deiner Ansicht.

Geht es nach meinen Berechnungen und Bewegungsanalysen, dann bleibt aber der sibirische Wirbel der stärkere. Grund liegt in der sich weiter aufbauenden positiven Schneemassenbilanz über Russland, Mongolei und Nordchina in Verbindung mit der bereits extrem stark heruntergekühlten Schneetemperaturen. Da ist kaum noch Energie im Schnee gebunden, die freigesetzt werden könnte. Mildere Luft wird daher von der arg gekühlten Schneemasse stark sublimiert (aufgenommen) und zwischengespeichert. Oben auf kommt zudem sehr viel Neuschnee dazu, so dass die Lage sich weiter zuspitzen wird, was Schneemassen angeht und damit auch Rückstrahlung und Auskühlung sobald Hochdruck entsteht. Da werden sich extreme Temperaturen entwickeln auf riesigen Flächen. Das bewirkt mit der schweren, weil kalten Luft ein neues Kältehoch über Sibirien, sobald ein Teil der kalten Luftmasse in der Höhe über die Arktis nach Nordamerika abfließen konnte. Da rutscht dann die Höhenkaltluft samt Bodenkaltluft für einige Tage machtvoll über die Arktis hinweg und macht rückseitig Platz für ansteigenden Luftdruck. Braucht ein paar Tage, da Kaltlufthochs weniger dynamisch anwachsen als Warmlufthochs. Das wäre genau die richtige Zeitspanne, um die sich über NW-Nordamerika ansammelnde Kaltluft so zu verstärken, dass sich daraus schlussendlich der westliche Polarwirbelkern ausbilden kann. Dann aber ist die Kaltluftzufuhr für den amerikanischen Wirbel auch schon wieder abgedreht. Heißt nix mehr aus Sibirien nach Amerika, sondern nur aus der sich erfreulich endlich abgekühlten Arktis heraus - und Grönland wird mit Schnee zugeschüttet an der Süd- bis Südost-Küste - mit Freisetzung von viel Wärme, die wieder in der Arktis landen könnte. Ergebnis: sibirischer Wirbel beansprucht Dominanz und sammelt extreme Kälte, die sich vermutlich weit nach Europa ausdehnen wird. Und was heißt das für uns, die wir doch so nah am Atlantik wohnen? Winter für alle? Schnee für alle? Oder etwa doch nicht?

Tongue Gruß in die Runde!
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