Hi Wetter-Runde-Fans
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die große Springerei hat nun auch ECMWF erfasst. Kaum zu glauben, wie da von einer Variante innerhalb von 24 Stunden in eine völlig andere Variante gesprungen wurde. Warum passiert das eigentlich?
Ich erkläre es mir - und Euch - damit, dass sich ab einem bestimmten Zeitpunkt durch eine kleine Änderung in den Berechnungen die ganze Nordhalbkugel anders darstellt als zuvor. Diesen Zeitpunkt kann man eingrenzen, er liegt bei Tag 5-6, also 21.-22. November. Denn bis zum 20. November sind beide Modelle ziemlich gleichlautend:
GFS- Karte gedreht für guten Blick auf Europa:
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ECMWF:
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Da sind keine wirklich großen Differenzen zu erkennen.
Doch danach gehen die Berechnungen immer weiter auseinander.
Entscheidend sind offenbar die Kombination mit Hoch Grönland und Tiefdruckentwicklung im nördlichen Atlantik in Höhe von Skandinavien. Dorthin wandert mal sehr viel Potential, mal nur wenig. Und genau das scheint die Unsicherheit auszumachen: kleine Tiefs, die aber rasch das ganze Strömungsbild verändern. Und das wirkt sich in alle Richtungen aus. Allerdings bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich den echten Knackpunkt damit schon umfassend genannt habe, denn auch an anderen Stellen auf der Nordhalbkugel läuft es nicht rund. Da ist das mehr oder weniger ausgeprägte Hoch über dem Nordmeer bis hin östlich der Aleuten. Oder der unterschiedlich berechnete Tiefdruck über Ostsibirien wäre so eine markante Stelle...
So oder so, die Modellwelt von GFS und ECMWF könnte kaum weiter auseinander liegen nach den gleichlautenden nächsten 4 Tagen. Hier sind die aktuellen Berechnungen für den 25. November:
GFS - Karte gedreht für guten Blick auf Europa:
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ECMWF:
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GFS mit kalter Variante mit kräftigem Trog über Europa, ECMWF mit Hochdruck bei uns und milder Variante. Vielleicht leigt ja die Wirklichkeit dazwischen, vielleicht aber auch nicht. Tatsache ist, dass ECMWF in der Mittelfrist statistisch die besseren Berechnungen hinlegt als GFS. Das sollte unsere Erwartungen dann auch dämpfen, wenn Winterwetter auf dem Wunschzettel steht für die Zeit bis zum Monatsende.
Nun sollte ich eigentlich meine Einschätzung benennen, denn dazu dient ja auch dieses Extraforum. Ich tue mich aber schwer, mich festzulegen. Es gibt Indizien, dass diesmal ECMWF auf der falschen Spur ist. Ebenso gibt es Indizien, dass GFS den Ablauf zu troglastig für Mitteleuropa berechnet. Ich sehe eigentlich nur eine sinnvolle Lösung aus diesem Modell-Dilemma, die ich dann doch wenigstens anreißen möchte:
Ich vermute, dass sich in der unteren Stratosphäre der Polarwirbelkern von jetzt Grönland/Kanada wieder nach Osten verlagern wird. Er wird aber keinen Kern über der zentralen Arktis ausbilden, sondern sich in ein langgezogenes Druckgebilde umwandeln (bei Abschwächung). Der tiefste Druck sollte sich über Sibirien ausbilden mit einer Verlängerung hin nach Skandinavien. Ich vermute, dass die Wärmeblase aus Ostsibirien nach Nordamerika wandert und sich dort manifestiert, was dazu führen würde, dass dort kein Dipol entstehen kann. So verbliebe die überwiegende kalte Luft östlich des Nordpols und würde nach Süden auf den Nordatlantik geführt (dann auch in der Troposphäre). Über Grönland könnte sich dadurch Hochdruck aufbauen und in der Folge mit dem Azorenhoch eine Verbindung eingehen. Die Achse dieser Verbindung wird entscheiden, wo sich die stärkste Austrogung über dem Atlantik finden wird. Nur wenige hundert Kilometer entscheiden dann über eine Mildphase durch Vorderseitenlage oder über Winterwetter durch einen Volltreffer durch einen Trog Europa. Eine zu weit östliche Austrogung kann ich derzeit nicht als wahrscheinlich erkennen.
Man sieht schon an meinen "könnte" und "sollte", dass die Ausgangslage denkbar schwierig ist.
Es ist daher besser, hier und jetzt nicht noch mehr Annahmen oder Möglichkeiten anzusprechen, denn die gibt es auch noch. Mal abwarten, was dann weiter in den Modellberechnungen an Varianten angeboten wird.
Gruß in die Runde!