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Normale Version: Diskussionen rund um den Polarwirbel 2019/20
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Hallo,

nun wird es aber langsam Zeit, mal den aktuellen Thread zu eröffnen. Hier bitte wieder alles rein was mit dem Polarwirbel 2019/20 zu tun hat.

Immer aktueller Verlauf der Zonalwinde bei 65°N:
[Bild: u_65N_10hpa.png]

Grüße Leon
Hallo,

bisher hat sich der Polarwirbel unauffällig verhalten, derzeit sieht es in den Prognosen nach ungewöhnlich starken Zonalwinden aus:
[attachment=26055]

Grüße Leon
(28.10.2019, 10:16)Leon K. schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.Hallo,

bisher hat sich der Polarwirbel unauffällig verhalten, derzeit sieht es in den Prognosen nach ungewöhnlich starken Zonalwinden aus:


Grüße Leon


Hallo Leon,

was bedeutet, ungewöhnlich starke Zonalwinde für uns oder generell?
Vielleicht könntest du für mich als Laien hier etwas Klarheit schaffen? Smile

Frosty Sam

(29.10.2019, 11:46)Dominik / 380m ü.NN. schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.
(28.10.2019, 10:16)Leon K. schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.Hallo,

bisher hat sich der Polarwirbel unauffällig verhalten, derzeit sieht es in den Prognosen nach ungewöhnlich starken Zonalwinden aus:


Grüße Leon


Hallo Leon,

was bedeutet, ungewöhnlich starke Zonalwinde für uns oder generell?
Vielleicht könntest du für mich als Laien hier etwas Klarheit schaffen? Smile

Hi Dominik,

Ohne Leon K. hier vorgreifen zu wollen - "zonal" heißt immer in West-Ostrichtung:

[attachment=26063]

D.h. - Unser Wetter würd vom Atlantik geprägt sein, relativ nass - aber viel zu mild für echten Winter!

Im Gegensatz dazu steht der Ausdruck "meridonal" - also Nord-Süd gerichtete Wetterlage. Bei einer
solchen können im Winter Kaltluftmassen aus Nord bis zu uns und z.T. sogar auch bis Afrika vordringen.
Muß aber auch nicht mehr unbedingt Winter bis ins Flachland bedeuten, denn durch den langen Weg
übers relativ milde Meer inzwischen - steigt auch da die SFG schon manchmal auf 500 Meter oder gar
darüber). Meridonale Lagen begünstigen somit auch logischerweise unsere heißersehnten  Troglagen:

[attachment=26065]

Zusammenfassend:
Prinzipiell kann man in den meisten Fällen davon ausgehen daß "zonal" (=west-ost gerichtet) für "unwinterlich" -
und "meridonal" (=nord-süd gerichtet) eher für "winterlich" steht!

lg
Hi Dominik, Hi Frosty!

Ja, so hätte ich es auch formuliert, starke Zonalwinde stärken grundsätzlich die Westdrift. Es wird beim Polarwirbel immer von der Höhe von 10 hPa ausgegangen (eine Höhe in Metern hätte ich jetzt nicht bereit).

Im Winter gibt es folgende Szenarien:
1. Starker Polarwirbel = Milder Westwind
2. Polarwirbelsplit bzw. SSW (Sudden Stratospheric Warming, dt. Plötzliche Stratosphärenerwärmung) = Neigung zu meridionalen Großwetterlagen (wie von Frosty beschrieben)
3. Zonalwindumkehr = Westdrift tot, Winde kommen aus Osten (Das Meisterstück schlechthin)

Allerdings kann man so pauschal nicht sagen, dass eine meridionale Wetterlage zu Winterwetter führt. Die Chancen sind nur größer. Bei einer Meridionalen Lage können wir auch auf der milden Vorderseite liegen.

Grüße Leon
(29.10.2019, 11:46)Dominik / 380m ü.NN. schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.Hallo Leon, was bedeutet, ungewöhnlich starke Zonalwinde für uns oder generell? Vielleicht könntest du für mich als Laien hier etwas Klarheit schaffen? Smile

Hi,
zonal bedeutet von West nach Ost und ungewöhnlich stark heißt, dass der Polarwirbel sehr gut aufgestellt ist, jedenfalls laut Prognose. Allerdings habe ich mal ein paar Punkte umrahmt, die ich anmerken möchte.

[attachment=26069]

Erstens steht da 10hpa. Die Grafik bezieht sich auf eine Höhe, in der ein Luftdruck von 10hpa herrscht. Zum Vergleich: Bei uns am Boden haben wir meist über 1000hpa. Einen Luftdruck von 10hpa hat es in einer Höhe von um die 30km. Man nennt die Luft da oben auch Stratosphäre. Unser Wetter spielt sich in der Troposphäre ab und zwischen den beiden Sphären liegt die Grenzschicht namens Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.. Es gibt zwar Interaktionen zwischen beiden, aber es dauert, bis sich die Verhältnisse in der Stratosphäre bei uns unten am Boden bemerkbar machen. Erst Recht, wenn man die höhere Stratosphäre (wie z.B. 30km Höhe) betrachtet. Und häufig genug setzen sich die Verhältnisse unten am Boden überhaupt nicht durch, das gilt auch für Polarwirbelsplits.

Zweitens steht da 65°N. Das bezieht sich auf den Breitengrad, in diesem Fall 65 Grad nördlicher Breite. 90° Nord ist der Nordpol, 90° Süd ist der Südpol, 0° ist der Äquator. Deutschland und Österreich liegen zwischen dem 45. und 55. Breitengrad, der 65. Breitengrad verläuft entlang der roten Linie. Okay, halbwegs in unserer Nähe. Aber beispielsweise eine nördliche Westlage verursacht da oben Westwind und bei uns Ostwind.

[attachment=26070]

verändert nach Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.

Und drittens steht da "mean", auf deutsch: durchschnittlich. Die Grafik misst den West-Ost-Wind entlang der roten Linie (wohlgemerkt in 30km Höhe) und berechnet daraus einen Durchschnittswert. Gut geeignet für die Beurteilung der Stärke des Polarwirbels, der umspannt die ganze Nordhalbkugel. Aber der Zonalwind ist auch dann gut ausgeprägt, wenn es bei uns nicht so westlastig ist und dafür über Sibirien und dem Pazifik schon.

Also nochmal kurz: Die Grafik bezieht sich auf den durchschnittlichen Westwind entlang des 65. Breitengrads in 30.000m Höhe. Gut geeignet für die Beurteilung des Polarwirbels. Uns interessiert aber der konkrete Westwind entlang des 50. Breitengrads in 0 bis vielleicht 3000m Höhe im Bereich Ostamerika bis Osteuropa. Rückschlüsse sind teilweise möglich, aber seeeehr mittelbar. Ich würde dazu sagen Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login., dann kann uns der Rest mal kreuzweise. Wobei ich dort zugegeben aktuell auch in Gebiete nördlich von 65° Nord gucke. Das liegt aber nur daran, dass nur dort Ende Oktober Winterwetter herrschen kann, und eigentlich ist es selbst dort ziemlich früh. Das ändert sich schon mit der Zeit.  Wink
Vielen Dank für eure Erleuterungen! Wink
(04.10.2019, 10:04)Leon K. schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.Immer aktueller Verlauf der Zonalwinde bei 65°N:
[Bild: u_65N_10hpa.png]

Grüße Leon

Guten Morgen in die Runde,

sagt mal, ist was mit der Grafik nicht in Ordnung?
Gefühlt ist sie ja mitten im Oktober stehen geblieben, habe auch schon die entsprechende Webseite recherchiert, und dort geht es auch nur bis Mitte Oktober mit dem anschließenden Sprung im Forecast...
Grüßt Euch!

Habe mich heute durch die Karten der Stratosphäre geklickt und bin auf diese Berechnungen von GFS gestoßen:

für den 15. November:
[attachment=26376]

für den 19. November:
[attachment=26377]

Das sollte dann wohl einen Polarwirbelsplit zeigen, aber nur in der unteren Stratosphäre, weiter oben ist davon nichts zu sehen. Interessant ist die Wärmeblase, die sich in der unteren Stratosphäre ausbilden soll. Exemplarisch für den 19. November von GFS:

[attachment=26378]
Quelle: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.

Doch das ECMWF sieht das nicht so dramatisch. Für den 15. November gibt es noch einigermaßen Konsens:
[attachment=26379]

für den 19. November aber nicht mehr:
[attachment=26380]
Quelle: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.

Hier ist auch die Wärmeblase nicht über Nordamerika zu finden. Nach ECMWF also kein Polarwirbelsplit in der unteren Stratosphäre.

Das hat ja auch noch etwas Zeit, wir haben erst November!

Dennoch möchte ich bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam machen, dass sich an einer sensiblen Stelle ein starker, anhaltender Hochdruck etablieren soll. Das simulieren praktisch alle Modelle. Es handelt sich um das Gebiet vom Ural nach Süden hin. Diese Region wird in den neueren Studien als eine zentrale Stelle genannt, um Schwerewellen vertikal in die Stratosphäre zu senden. Solche Schwerewellen können ganz oben in der Stratosphäre und darüber starke Erwärmungen auslösen. Hält sich dieser Hochdruck dort lange (10 Tage und mehr), dann kann dies eventuell einen SSW auslösen. Zeitlich wäre das dann aber erst im Dezember in der oberen Stratosphäre messbar, etwa 3-4 Wochen Zeit benötigt der ganze Vorgang bis zu einer markanten Erwärmung in 10 hpa. Sollten die Berechnungen für das markante Hochdruckgebiet beim Ural stimmen, dann könnte sich ein SSW ab 10. bis 15. Dezember einstellen. Das ist aber nur eine Momentaufnahme und daher praktizierte Spekulation von mir.

Meinen Gruß!
Grüßt Euch!

Kurz und knapp:

für den 15. November steht der "Quasi-Polarwirbelsplit" in der unteren Stratosphäre. Ein nur kurzes Schauspiel von 3-4 Tagen.  Es ist das Spiegelbild der oberen Troposphäre und zeigt zwei ausgeprägte Dipole über Sibirien und Nordamerika und einen dritten schwächeren Dipol über Europa. Das wäre dann also ein Tripol, der troposphärisch getriggert wäre. Für uns bedeutet das Zufuhr von Polarluft, die über dem Nordatlantik gedämpft aufgewärmt wurde. Das sollte reichen für Schneefall bis auf Höhenlagen ab etwa 600/700 Meter, wo Niederschlag um den 15. November anstehen soll. Mit etwas Glück in der Konstellation der Randtiefs kann es auch mal bis ganz runter Schneeregen oder Graupel geben, auch kurze Gewitter (wegen der sehr kalten Höhenluft) wären möglich. In den Alpen und den höheren Lagen der Mittelgebirge sollte schon noch etwas Schnee zusammen kommen. Nichts für die lange Winterzeit in den Mittelgebirgen, aber durchaus für die Alpenregionen, insbesondere Süd- und Ostalpen. Das könnte der Beginn der nachhaltigen Einwinterung sein.

Sobald sich der Tripol (Dipol über Europa) aufgelöst hat, müsste eigentlich eine Westwetterlage folgen können, wenn ich das richtig beurteile. Aber das ist ziemlich unsicher, da es durchaus auch eine längere Erhaltungsneigung werden könnte mit einer weit südlich verlaufenden Frontalzone. Das starke Hochdruckgebiet "Ural + südlich davon" ist weiterhin für eine ganze Dekade berechnet worden. Damit steigt dann theoretisch die Chance für einen SSW ab Mitte Dezember 2019 weiter an.

Betrachtet man die ganze Nordhalbkugel, so kann man feststellen, dass sich die Schneebedeckung Anfang November auf Rekordniveau bewegt. Für die Ausbildung von Kältereservoirs müsste das eigentlich gut sein. Allerdings ist die Meereisbedeckung insgesamt nach wie vor gering, was die Schneebedeckung argumentativ relativieren müsste. Als Fazit: ganz gute Entwicklung, aber keine Euphorie. Für Europa gut ist, dass sich die Meereisausdehnung weiterhin näher nach Europa geschoben hat im Verhältnis zu den letzten Jahren. So wird der Weg nach Mitteleuropa natürlich kürzer für Kälte, die mal nach Süden ausbricht. Ob das reicht für einen kalten Winter, das wird sich erst noch zeigen. Man darf skeptisch bleiben. Zumal man bedenken muss, dass es nicht jedes Jahr ein Major Warming in der Stratosphäre geben kann mit einem Polarwirbelsplit und wenn es doch kommen sollte, dass wir dann auch auf der warmen Seite landen könnten. Das macht es aber auch erst so spannend, finde ich.

Meinen Gruß!
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