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Normale Version: Der Juni 2020 - ein feuchter Geselle?
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Grüßt Euch!

Endlich habe ich etwas Zeit und möchte den Wettermonat Juni 2020 ansprechen, wie er aus meiner Sicht aus Naturbeobachtungen heraus sich entwickeln sollte/dürfte/könnte. Natürlich ist Wetter der Zukunft immer Spekulation, dennoch kann man darüber nachdenken, wenn man Anzeiger in der Natur schon so lange beobachtet wie ich und so seine Erfahrungen damit gemacht hat. Manchmal hat es auch mal Vorteile, wenn man schon etwas älter ist und auf viele Jahre zurückblicken kann. Leider sind manche Interpretationen dann trotzdem falsch, aber man kann es ja trotzdem versuchen.

Welche Anzeiger sind auffällig?

Da ist zu aller erst die sehr lange Blühphase der Kastanien. Mehr als drei Wochen lang standen die Bäume seit Ende April bis zum 22 Mai in voller Blüte, ganz ohne Unterbrechung. Die Blütenzahl war extrem hoch, so hoch, wie seit mindestens 30 Jahren nicht mehr. Aus meinen Aufzeichnungen entnehme ich, dass nach einer so langen und starken Blühphase im Mai der nachfolgende Juni sich dadurch auszeichnete, dass er nie trocken war, sondern stets mehr Niederschläge brachte als im Durchschnitt. Bisher gab es dazu noch keine Ausnahme.

Ein weiterer Anzeiger sind Wildblumen und Kräuter. Hier kann man feststellen, dass bestimmte Frühblüher sich in diesem Jahr zurückgehalten haben, erst 1-2 Wochen später die Blüten aufgehen ließen und länger blühten als üblich. An den Temperaturen und fehlende Sonnenstrahlen lag das nicht. Auch gab es genug Feuchte im Boden. So hat der wilde Mohn erst vor einer Woche seine Blüte begonnen. Beim Klatschmohn zum Beispiel ist die Blühzeit pro Blüte aktuell fast doppelt so lang wie üblich (bisher 4 Tage, statt 2-3 Tage). Calendula (Ringelblume) hat die Blütenstände bereits Ende April voll ausgebildet, blüht aber erst seit 3 Tagen, jedoch nur sehr verhalten. Einige Blütenstände wurden wieder zurückgebildet. Das kann den späten Bodenfrösten geschuldet sein, ist aber dennoch unüblich und bedeutet aus den Erfahrungen heraus, dass die große Blühphase erst in 2-3 Wochen kommen wird mit dann neuen Blütenständen, die erst noch ausgebildet werden müssen. Dazu braucht die Calendula aber mehr Regen als üblich, um auf den ärmeren Böden (wo sie sich vorzugsweise aufhält) gegen die hohe Verdunstungsrate im Juni diese Energieleistung noch zu bestehen. Das deutet auf mehr Regen im Juni hin. Der Mohn, insbesondere der Klatschmohn, benötigt vor der Blühphase eine gute Portion Regen und blüht vorzugsweise bei Hochdruck, also sonnigem Wetter. Bei wenig Wind, trockener Phase und kühlen (nicht frostigen) Nächten kann die Blüte bis zu 4 Tage durchhalten, dann fällt sie zusammen. Das genau geschieht gerade. Daraus kann man jedoch allein kein Wetter der Zukunft ablesen. Jedoch an der Anzahl der Blütenstände, die noch nicht zur Blüte kamen. Und die ist extrem hoch, wobei über 50% der Blütenstände erst im Anfangsstadion sind, also erst in 2-3 Wochen explosionsartig gemeinsam blühen können. Der Ablauf der Blüte ist immer gleich: erst eine gute Portion Regen (mindestens 5-10 Liter/m²), dann eine Hochdruckphase mit viel Sonneneinstrahlung, dann öffnen sie die Blüten in kurzer Zeit. Das bedeutet nach Adam Riese und über den Daumen gepeilt also noch 2 Wochen, und das wäre ab dem 10 Juni dann soweit. Direkt davor dann also der ergiebige Regen, so dass es zum Ende der ersten Juniwoche um die 10 Liter Regen geben sollte. Das würde auch für Calendula perfekt passen. Es würde eine kurze sonnige Phase folgen müssen, mindestens 3-4 Tage ohne viel Wind. Bei anderen Wildblumen ergeben sich ganz ähnliche Beobachtungen, die ebenso darauf hinweisen, dass der Juni kein Trockenmonat wird.

Bei der Brennnessel fällt auf, dass keine der wilden Arten bisher Blüten getrieben hat. Das ist auch ungewöhnlich, da einige Sonne liebende Formen ab 20. Mai regelmäßig erste Blütenstände zeigen. Genug Sonne hatten wir, auch die Temperaturen waren recht perfekt für Urtica Dioica (Große Brennnessel), um viel Kraut zu bilden, lange Stängel zu treiben und eigentlich auch die Blütenstände auszubilden. Doch hier möchte die Pflanze erst den Juni abwarten. Nach meinen Aufzeichnungen bedeutet das, dass der Juni dann stets sehr feucht wurde und schwülwarm, eigentlich gewittrig.

Und dann sind da noch die Kröten, die in diesem Jahr so spät wie noch nie seit mindestens 60 Jahren gelaicht haben. Es gab eine erste kleine Laichphase im April mit nur sehr wenigen Laichschnüren einzelner Kröten, dann unerwartet eine zweite stärkere Laichphase erst Mitte Mai. Die Kaulquappen sind daher aus der zweiten Laichphase noch sehr klein. Außerdem wurde für die zweite Laichphase Gewässer aufgesucht, die nur wenig von der Sonne beschienen wurden. Das ist allerdings rätselhaft, da das bisher so nicht beobachtet wurde oder zumindest nirgends notiert. Das sehr späte Laichen bedeutet bei Trockenheit im Juni dann den sicheren Tod einer ganzen Generation. Daher kann man davon ausgehen, dass der Juni nicht trocken sondern feucht wird, da die Kröten den Nachwuchs zielsicher und zur richtigen Zeit absetzen. Das ist ihre Überlebensstrategie seit Millionen von Jahren.

Alle Beobachtungen wurden im Wendland gemacht. Die Schlussfolgerungen für das Wetter sind vermutlich auch zunächst nur regional zu sehen. Ich weiß nicht, wie es in anderen Regionen ausschaut. Aber Wetterlagen sind nun mal wirksam in größeren Regionen, insofern dürften weite Gebiete betroffen sein.

So viel für heute dazu. Ich freue mich auf Eure Kommentare, Berichte, Einwände.

Meinen Gruß!
Ich glaube nicht daran, dass Pflanzen und Tiere das Wetter vorhersehen können. Sie reagieren nur auf das Wetter der Vergangenheit.

Ich glaube aber an die mathematischen Gesetzmäßigkeiten der Statistik. Und daran, dass Wesen, die nicht so wie wir in einer selbst bedingten Welt mit Nahrungsangebot über Geld leben, diese statistischen Wahrscheinlichkeiten in ihr Erbgut eingebaut haben könnten.

Soll bedeuten: vielleicht hat es nach diesen oder jenen Witterungsabläufen in der Vergangenheit häufig ganz bestimmte Folgeereignisse in der Zukunft mit signifikant höherer Wahrscheinlichkeit gegeben. Damit ist keine zuverlässige Bedingung im Sinne von "wenn ... dann" gegeben.

Somit läuft alles auf die Hoffnung hinaus, dass der Klimawandel die Wahrscheinlichkeit, eine Niete zu ziehen, nicht vergrößert hat. 

Sorge machen mir (für mich nicht verifizierte) Aussagen vieler "Experten" in diesem Zusammenhang, dass Singularitäten wie Siebenschläfer, Eisheilige etc. schon seit Jahren nicht mehr zuträfen, vor allem nicht hier im Norden. Entspricht aber komischerweise weder meiner eigenen Wahrnehmung noch den offiziellen Wetterverlautbarungen der Vergangenheit.

Gibt es dazu oder oder eben zu den phänologischen Betrachtungen von Heinrich gute Untersuchungen oder Fachaufsätze oder ähnliche, ggf. auch widersprechende, Beobachtungen?

Wer was dazu weiß, kann ja mal hier was verlinken.
Hoffen wir mal, daß der Juni feuchter wird. Die Niederschlagsereignisse konnte man auch im Mai locker an einer Hand abzählen. Auf ein bis zwei feuchtere Tage folgten bis zu zwei Wochen komplette Trockenheit. Und das ist nicht neu, das sehe ich hier schon seit Jahren. Somit war auch dieses Jahr die Bestellung des Gemüsegartens schwierig. Im Moment sieht es nicht schlecht aus, denn wir hatten am Wochenende doch 23 mm Regen. Dieser bringt aber nur eine kurzzeitige Entspannung, es trocknet schnell wieder ab.

Was war diesen Frühling anders? Es gab viele kalte Nächte, mit einem spektakulären Nachtfrost am 12.05., der bei uns praktisch alle Kirschen und Johannisbeeren vernichtete. Selbst alte Leute können sich an so etwas nicht erinnern. Vielleicht sorgte das für die Blühverzögerung? Wärmeliebende Pflanzen wachsen im Moment jedenfalls noch nicht, weil wir frühs immer noch bei 5°C liegen. Die Walnußbäume sind noch komplett kahl, nachdem der erste Austrieb erfroren ist. Haben allen Bäume die Kraft für einen zweiten Austrieb? Viele Obstbäume sehen jedenfalls trotz mäßiger Temperaturen richtig schlecht aus mit sehr dünner Belaubung und kahlen Ästen.

Ich tippe mit der Erfahrung der letzten 15 Jahre eher auf eine Fortsetzung der Trockenheit im Juni. Hoffentlich gibt es dieses Jahr weniger Hitzewellen, denn das würden vielen Bäume nicht überleben.
(27.05.2020, 12:14)André B. schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.Ich tippe mit der Erfahrung der letzten 15 Jahre eher auf eine Fortsetzung der Trockenheit im Juni. Hoffentlich gibt es dieses Jahr weniger Hitzewellen, denn das würden vielen Bäume nicht überleben.

Das tippe ich, Stand jetzt, auch. Ich lasse mich natürlich gerne vom Gegenteil überraschen und würde mich natürlich über ausreichend Feuchtigkeit freuen.
Ich glaube auch nicht daran, das Pflanzen oder Tiere das langfristige Wetter vorhersagen. Sie können wohl z.B. auf ein nahendes Gewitter reagieren, das ist klar, aber alles was über den nächsten Tag hinausgeht ist in meinen Augen nicht möglich.
Genau wie viele Menschen im Oktober die Zugvögel beobachten und jedes Jahr aufs Neue feststellen das sie ganz schön früh gen Süden ziehen und darauf schließen Dasein früher und nach Möglichkeit harter Winter naht.
Die Vögel fliegen einfach los. Aber sicher nicht daran gemessen, wann Es in Norddeutschland Winter wird. 
(Was im umkehrschluss hätte bedeuten müssen, das letzten Winter alle Vögel hier bleiben hätten können)

Seit etwa 6-8 Wochen stelle ich fest, das die Vorhersagegüte zunehmend schlechter wird! Für die gängigen wetterportale ist es ja kaum möglich mal drei Tage geradeaus zu prognostizieren. 
Häufig wird Regen vorhergesagt, wo am Ende keiner fällt. Mal soll es wärmer werden, einen Tag später wird es doch wieder kühler, bevor es am Ende tatsächlich doch wärmer wird... 
ist der simple Grund der Deutlich weniger stattfindender Flugverkehr? Sind die aktuellen Wetterlagen Komplizierter?
Beobachtet ihr so etwas auch?
Oldenburger schrieb:ist der simple Grund der Deutlich weniger stattfindender Flugverkehr? Sind die aktuellen Wetterlagen Komplizierter?
Beobachtet ihr so etwas auch?

Hallo Oldenburger,
ich lese schon seit einiger Zeit auf wetterprognose-wettervorhersage mit und könnte mir vorstellen, dass es mit der meridionalen Wetterlage zu tun hat. Da ist nämlich nicht alles wie es scheint und kann ganz schnell wieder ins Gegenteil umschwenken.
Grüßt Euch!

Der Juni hat uns, der Mai ist schon Geschichte.

Die Niederschlagssignale haben deutlich zugenommen seit ich diesen Thread eröffnete und nun schaut es für meine Region Wendland so aus:

[attachment=30415]
Kachelmannseite ist die Quelle: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.

Das würde dann trotz der "Unkenrufe" genau passen bis zum 10. Juni zu dem, was ich im Eröffnungsbeitrag formulierte.
Mal sehen, wie es dann kommt. Eine 5b-ähnliche Geschichte ist auch noch möglich, wie es scheint.
Meinen Gruß!
Was die Modelle aber leider auch zeigen ist das es nach dem 5-6.Juni wieder ein längerer trockener Abschnitt andeutet, vor allem im Tiefen Westen. Siehe EPS:

[Bild: eps-pluim-rr-06380.png]

Insgesamt sind die Summen im EPS auch schon wieder zurückgenommen worden. Also wird auch das wohl maximal eine kleine Wohltat für Rasen und Blumen. Tiefer wird der Regen sowieso nicht in den steinharten Boden eindringen. Dafür müsste es einige Stunden bis Tage Landregen geben. So sieht es erstmal eher nur nach etwas zwischen 10 und 20mm aus bis Montagmorgen. Danach ist es meist nur konvektiver Natur, so dass es fraglich ist, dass diese Mengen bis Ende nächster Woche herauskommen werden, mal von der Unsicherheit in diesen Zeiträumen ganz zu schweigen:

[Bild: de-model-de-310-1-modez-2020060200-240-2-157.png]

Das ist nur der Hauptlauf der eher optimistisch ist. Es gibt genügend Member die nicht mal 20mm in dem gesamten Zeitraum sehen. Zum Glück gibt es aber auch Member die noch deutlich mehr sehen, also ist zumindest die Möglichkeit gegeben das es doch mehr gibt, dennoch bleibe ich eher skeptisch momentan in Anbetracht der letzten angesagten Regenfälle.
Nachdem der vermeintlich große Regen Anfang Mai ausgeblieben ist, bin ich da auch etwas skeptisch. Vieles davon wird in Form von Schauer und Gewittern fallen, und wen es da trifft ist Glückssache
Grüßt Euch!

Nur ständig Starkregen sind nicht der Heilsbringer für die Natur, nur für die Medien. Leichte und mittlere Niederschläge bei verhaltenen Temperaturen und häufiger Wolkendecke (verminderte Verdunstung) bringen viel mehr für die Pflanzenwelt. Dauerniederschlag mit Summen jenseits von 30-40 Liter in 3-4 Tagen wären natürlich das Optimum, da dann auch das Grundwasser schon betroffen wäre. Aber man kann nicht alles haben, jedenfalls nicht gleichzeitig. Aus dieser Sicht betrachtet sind um die 20 Liter bis zum 10. Juni ein guter Anfang. Anfang deshalb, da es nach dem 10. Juni nicht nach anhaltendem Hochdruckwetter ausschaut. Bis zum 15. Juni wird immer wieder Niederschlag gerechnet, praktisch in ganz Deutschland. Sicher auch über Gewitter, aber nicht nur. Das sieht nicht so schlecht aus bisher, wenn man den Simulationen trauen mag. Jedenfalls ist eine "Dürre" nicht zu erkennen, auch wenn ich das in einigen Medien schon wieder gelesen habe. Ich denke, der Juni wird nicht zu trocken werden. Bis zur Monatsmitte rechnet GFS diese Summen:

[attachment=30419]
Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.

Das ist vielleicht zu hoch gerechnet, aber es zeigt dann doch offenbar eine Tendenz auf. Die Hälfte wäre in vielen Regionen schon ganz ordentlich, in anderen wäre die Hälfte etwas wenig.
Meinen Gruß!
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