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23.08.2021, 19:46
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 23.08.2021, 19:54 von Heinrich.)
Grüßt Euch!
Leider habe ich kaum noch Zeit für das Forum, aber ein längeres Statement schaffe ich heue noch.
Die Westdrift wird durch mehrere Faktoren ausgelöst. Einfach erklärt (nicht vollständig): einmal die Erdrotation, die sich nicht ändern wird, folglich stabil ist. Diese drängt Masse von West nach Ost, und die Atmosphäre hat natürlich eine Masse (hier Wolken = Wasser und Aerosole etc.). Dann durch den Jetstream, ein die ganze Hemisphäre umfassendes Windband, welches in der Stärke abhängig ist von der Temperaturdifferenz zwischen der kalten Polregion und den warmen Subtropen. Weniger Gradient heißt weniger Energie. Mit weniger Energie liegt der Jetstream weiter im Norden, bei höherer Energie wandert er weiter nach Süden, er wird sinnbildlich wie in einer Zentrifuge dann nach außen gedrückt, vergrößert also zwangsweise seinen Umfang. Natürlich ist es nicht so einfach, denn es gibt auch noch Einfluss von unten aus der Geografie (Orografie = Beschaffenheit der Erdoberfläche mit Höhen und Tiefen), die den Starkwind ablenken können. Auch Schwerewellen können dem Jetstream eine Richtungsänderung geben. So mäandert der Jetstream aus diversen Gründen und verlässt damit seine Ideallinie ständig. Das führt dann zur sogenannten gestörten Zirkulation. Im Idealfall bei durchschnittlicher Klimavoraussetzung der letzten 100 Jahre würde das Wetter über den dann recht stabilen Jetstream immer wieder zur Westdrift zurückkehren, mit anderen Worten wäre die gestörte Zirkulation die Ausnahme.
Mit einem zunehmend geschwächten Nordatlantikstrom (die Verlängerung aus dem Golfstrom nach Norden und nach Europa) würden die Temperaturdifferenzen langfristig zwischen Polarregion und mittleren Breiten zunehmen!, nicht abnehmen! Das würde bedeuten, dass der Jetstream an Stärke gewinnen würde und deutlich weiter südlich seine Kreise ziehen würde. Wir lägen dann häufiger auf der kalten Seite, also im Einflussbereich kühlerer Luftmassen. Bei einem starken Jetstream bleibt aber das Mäandern und damit einher geht, dass auf dem europäischen Kontinent häufiger blockierender Hochdruck entstehen würde. Dadurch würde es im Winter eher kälter werden und trockener, im Sommer eher wärmer und trockener und im Frühling und Herbst kaum verändert in der Temperatur, aber deutlich feuchter, da dann die Westdrift durch den höheren Gradienten und damit stärkerem Jetstream eine ausgiebige Westdrift formulieren müsste, was dann bedeutet, viel Wind, viel Regen. In Jahressumme würde das für Deutschland bedeuten: insgesamt abnehmende Jahresniederschläge (mit anderer Verteilung) und Temperaturen im Niveau von 1961-1990 etwa, trotz Klimawandel und globaler weiterer Erwärmung! Dazu aber muss sich der Nordatlantikstrom noch weiter abschwächen und auch längere Zeit schwach bleiben. Man kann zwar Anzeichen dafür erkennen, aber die Daten sind nicht ausreichend für eine solide Prognose in diese Richtung. So könnte man die aktuellen schweren Anomalien als Anzeichen deuten, dass sich die Situation gerade ändert. Denn es ist bekannt, dass die Umstellungsphasen die größten Amplituden verursachen. Doch es könnte ja auch andersherum sein und wir stehen vor einer plötzlichen noch viel stärkeren Erwärmung, die völlig aus dem Ruder läuft. Beides wäre denkbar, wobei das erste Szenario allerdings eine doch höhere Wahrscheinlichkeit hat. Wir werden es abwarten müssen.
Fakt aber ist, dass sich Golfstrom und in der Folge auch der Nordatlantikstrom seit einigen Jahren abgeschwächt hat. Man munkelt nun, dass dadurch die Pumpe des Golfstroms - nämlich das Absinken des kalten salzhaltigen Wassers zwischen Grönland und Norwegen - schwächer geworden ist, weil sich Süßwasser (man hat das Schmelzwasser aus Grönland und mehr Süßwassereinträge aus mehr Niederschlägen unter Verdacht genommen) über das Salzwasser legen würde. Anders kann man sich die ungewöhnlich starke Abschwächung der Meeresströmung offenbar nicht vorstellen. Doch Fakt ist, dass der Salzgehalt zwischen Grönland und Norwegen nicht etwa abgenommen hat in den letzten 60 Jahren, sondern im Gegenteil angestiegen ist und weiter im Begriff ist noch anzusteigen! Da laust mich der Affe, wie kann das sein?
Nun, darüber habe ich schön länger nachgedacht. Es gibt wohl mehrere Erklärungen, die denkbar wären. Erstens der Süßwassereintrag ist nicht so hoch, wie hochgerechnet wird, um den Absinkprozess entscheidend zu stören. Man könnte meinen, entweder die Menge aus Grönland wird überschätzt oder die Menge an Niederschlag wird überschätzt, oder beides - aber das ist nur eine Rechnung, die vorhandene Daten in Frage stellt, das wäre ein Dilemma! (Lösung siehe weiter unten). Zweitens der Nordatlantikstrom wird zwar schwächer, aber führt dafür mehr Salzwasser nach Norden. Drittens das salzhaltige Wasser der vergangenen Zeit wird durch den schwächer werdenden Nordatlantikstrom nicht mehr weiter nach Norden und Nordosten getrieben und staut sich deshalb ausgerechnet im Absinkgebiet. Und dann wäre da noch die Kombination aller hier genannten Punkte. Und diese Kombination erscheint die Wahrscheinlichste von allen zu sein. Der schwächere Nordatlantikstrom bewegt weniger Wasser, aber mit einer höheren Salzkonzentration (Begründung: andere Vermischung auf dem Weg ab Golfstrom mit Tiefenwasser und Atlantikwasser aus dem Randbereich des Stromes hin zu mehr Salzgehalt), der höhere Salzgehalt staut sich im Absinkgebiet, da der Strom abflacht, und das tatsächlich zunehmende Süßwasser aus Grönland und aus Niederschlägen reicht (noch) nicht aus, um den erhöhten Salzgehalt im Staugebiet wieder auszudünnen oder sogar in kritische Phase zu bringen. So wäre erklärt, warum es zu einem steigenden Salzgehalt im Absinkgebiet im Oberflächenwasser kommt bei einem schwächer werdenden Stromsystem und bei steigendem Süßwassereintrag. Voilà, Hypothese und physikalische Erklärungen wären vorgegeben, nur fehlen Daten für die Beweise dazu. Eine Studie müsste das mal untersuchen!
Doch schon hätten wir eine neue Baustelle! Denn bisher wird begründet, dass sich die Abschwächung von Golfstrom mit Nordatlantikstrom durch die schwächere Pumpfunktion ergeben würde. Doch - wie soeben als Hypothese vorgestellt - wenn es an dieser Stellschraube keine Funktionsstörung gibt, also die Pumpe weiter funktioniert, warum dann schwächeln Golfstrom und Nordatlantikstrom? Es bräuchte dann wohl eine neue Idee, was das gewaltige Stromsystem so zum Schlingern bringen kann. Und da kommt dann wieder der KlimaAutist ins Spiel, der als Hypothese ja die Entwaldung des Amazonas vorbrachte. Man sollte darüber vielleicht doch noch einmal nachdenken und überlegen, was alles sich verändert, wenn der Amazonas über die kritische Grenze von 20% Entwaldung kommt (Wert 20% kommt von KlimaAutist aus 2010 / neueste Studien aus 2021 nennen 23% bis 25% als Kipppunkte)...
Schluss für heute. Meinen Gruß!