Grüßt Euch!
Heute ist der erste Schub kalter Luftmassen aus der Arktis in Norddeutschland eingetroffen. Bis nach Niedersachsen rein liegt im Norden bereits eine erste nasse Schneedecke. Die Temperaturen bewegen sich nun weiter nach unten, bleiben aber im moderaten Bereich, was man auch als nasskalt bezeichnen könnte. Mit zunehmendem Hochdruck und mit Unterstützung eines mächtigen Tiefs über Russland wird dann für kurze Zeit sogar sibirische Luftmasse angezapft, die uns dann von Nordost her besuchen kommt. Lake-Effekte von der Ostsee dürften da inklusive sein, also Schneeschauer-Straßen, die einige Zentimeter Schnee bringen können.
Bald aber ist es mit der Kältezufuhr auch wieder vorbei, denn das Hoch liegt dann zu weit östlch für weitere sibirische/kontinentale Kaltluftmassen. Dann übernimmt die nasskalte Variante die Regie. Das alles bis etwa zum 15. Januar. Danach wird es dann richtig spannend, denn - wie von mir schon beschrieben - ein zweiter Schub kalter Luftmassen steht dann an. Und dieser könnte es in sich haben, denn es deutet sich ab dem 15. Januar eine massive Luftmassenverschiebung von Nord nach Süd an - und das könnte diesmal direkt auf West- und Mitteleuropa zielen und bis weit nach Südeuropa reichen. Das wäre dann tatsächlich ein Arctic Outbreak und würde praktisch ganz Europa unter Höhenkaltluft katapultieren. Das ganze dann auch noch mit ordentlich Schneefällen verbunden, da sich die Luftmassengrenzen quer von Nord nach Süd durch fast ganz Europa bewegen würden, was angesichts der vorhandenen Luftfeuchte zwangsläufig zu Niederschlägen führen würde. Gepaart mit Wind als Ausgleich der Druckdifferenzen könnte da so manches Spektakel auf die Agenda kommen...
Das alles schreibe ich nicht so als lustvoll angetriebene, mit Schneebrille und Wintervorliebe vorgefärbte Anekdote, sondern als ernstgemeinter Hinweis auf eine absehbar recht wahrscheinliche Winterwetter-Entwicklung im Großraum Europa. Natürlich kann ich keine regionalen Einzelheiten benennen, aber der Trend ist nach meinem Dafürhalten erkennbar, wenn man sich die Entwicklungen in der Stratosphäre der nächsten 10 Tage anschaut. Und darauf gehe ich nun ungewohnt ausführlich ein:
Aktuelle Ausgangslage:
Die rasche Erwärmung in der oberen Startosphäre hat den Höhepunkt überschritten. Es handelte sich um ein Minor-Warming, da der Zonalwind in 10 hpa nicht auf Ostwind gedreht ist. Das erkennt man auf dem Bild unten anhand der Werte im roten Kasten. Der obere Wert hätte dann auch in roter Schrift stehen müssen:
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Der Polarwirbel hat seine Dispcement-Ost Lage überwunden und liegt bereits zentraler, wird aber durch die Wärmeblase weiter nach Süd gedrückt und geschoben.
Noch deutlicher wird es mit dem Zonalwind (und damit die Einstufung ob Minor- oder Major-Warming) anhand dieser Grafik:
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Entscheidend ist die Windunkehr auf Ostwind (blaue Farben) im Bereich von 60-90° oben von 01 bis 10 hpa (siehe oberer schwarzer Kasten). Hier gab/gibt es keinen durchgehenden Ostwind und damit war es nur ein Minor-Warming. Der untere Kasten zeigt den für unser troposphärisches Winterwetter entscheidenden Bereich unterhalb von 100 hpa, in dem aktuell nur partiell Ostwind angezeigt wird. Dieser gezeigte Ostwind unten führt aktuell für den ersten Schub an Kaltluft zu uns. Geht es unten in den blauen Ostwindbereich, dann haben wir eine gestörte Zirkulation, was im Winter bei uns mit kräftigem Winterwetter übersetzt werden kann.
Das Minor Warming drückt also weiter auf den stratosphärischen Polarwirbel und wir haben insgesamt eine vertikale Schieflage des Wirbels, also von oben nach unten. Das hat zur Folge, dass sich unten in der Stratosphäre aus dem kräftigen Wirbel ein zweiter Wirbel herausarbeitet, es kommt zum Polarwirbelsplit. Schon am 9. Januar zeigt sich unten in 100 hpa ein lupenreiner Polarwirbelsplit, zwei getrennte Wirbel:
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Wir sehen auch: der stärkere der beiden liegt auf unserer (rechten) Seite, was für die weitere Entwicklung noch von Bedeutung sein wird. Die Trennlinie zwischen den Wirbeln liegt bei Grönland, das ist klassisch und grundsätzlich eine gute Lage für länger anhaltende Ereignisse. Diese Ausgangslage sorgt in Nordamerika ab dem 10. Januar für einen massiven Artic Outbreak, der nahezu die ganze USA in winterliche Kälte versetzt mit Temperaturen bis weit unter -20°C und einer nahazu geschlossenen Schneedecke. Doch zurück zur Stratosphäre:
Der von unten nach oben durchgreifende Polarwirbelsplit (TST-Event nach Wetterleuchte??) greift bis in die 10 hpa-Ebene hoch und sorgt dort für eine Dipol-Lage, also keinen Polarwirbelsplit. Hier der Schnappschuss aus dem Modellprogramm vom 9. Januar:
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Mehr wird daraus in 10 hpa nicht mehr. 3 Tage später ist der Dipol in 10 hpa verschwunden und wir finden den Polarwirbel wieder als Einheit und nach Süd-Ost verschoben. Auch das ist wichtig für die weitere Entwicklung, bzw. für das kommende Ereignis. Hier die Lage in 10 hpa für den 12. Januar:
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Denn mit dieser Position oben in der Stratosphäre wird in der untersten Straatosphäre der vertikale Druck aufrechterhalten auf "unseren" östlichen Wirbel, was bedeutet, dieser bleibt der klar dominante (erkennbar an dem "L" für Low, also tiefster Druck). Hier die Lage für den 14. Januar unten in 100 hpa:
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Der Polarwirbelsplit hält also weiter an. Gleichwohl bedeutet diese Ausgangsposition in Nordamerika, dass es einen zweiten Arctic Outbreak geben wird, der dem ersten nicht viel nachstehen dürfte. Man sollte um den 16. Januar herum mit einer weiteren extremen Kältewelle in Nordamerika rechnen!!
Wie geht es oben weiter bei dieser Ausgangslage?
Nun, es kommt, wie es kommen musste: wir werden ein extrem starkes Aleutenhoch auch unten in der Troposhäre bekommen. In Verbindung mit dem bereits per Polarwirbelsplit entstandenem Grönlandhoch bildet sich eine enorme Blockinglage quer durch die Nordhalbkugel von Nord bis Süd. Die sibirischen Kaltluftmassen werden gezwungen, sich in die zentrale Arktis zu bewegen und von dort weiter nach Süden. Es kommt unweigerlich zu einem artischen Kaltluftausbruch nach Skandinavien und ab etwa dem 15. Januar nach West- bis Mitteleuropa. Hier die Anomalien Geopotential in 500 hpa (Troposphäre) und die Bewegungsrichtung der Höhenkaltluft:
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Das sieht alles danach aus, als würde sich anschließend auch noch südöstlich des Urals eine Hochdruckanomalie aufbauen, was dann bedeuten würde, dass wir in einem anhaltendem Zustrom arktischer Luftmassen verbleiben würden, fast gefangen wären. Doch das ist dann nicht alles, was daraus resultieren würde. Das hier angedachte Hoch SO-Ural wird in der Fachwelt verantwortlich gemacht für die Entwicklung von vertikal nach oben gerichteter Schwerewellen, die im perfekten Winkel stehen, um sehr schnelle stratosphärische Erwärmungen auszulösen. Und das würde den Polarwirbel wieder in einer nach öst verschobenen Position treffen, was bekanntlich zum jetzt anstehenden Polarwirbelsplit in der Troposphäre führen wird. Nicht auszudenken, was sich daraus entwickeln würde. Bleiben wir also ruhig und gelassen und betrachten emotionslos, was sich schon zur Monatsmitte andeutet:
Zonalwindumkehr bis weit runter schon um den 15. Januar??!!
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Das bedeutet klar negative AO und negative NAO zur Monatsmitte.
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Und abschließend noch der Blick ganz oben in die Stratosphäre am 14.01.2024, denn dort deutet sich das nächste Warming an:
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Quellenangabe:
Stratosphäre: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar.
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Troposphäre: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar.
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AO/NAO: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar.
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Nun lassen wir uns mal überraschen, was aus dem ganzen geschriebenen Zeugs dann wirklich wird. Im Moment sieht es so aus, als hätte dieser Winter das Zeug für einen wirklich großen. Aber abgerechnet wird ja immer erst zum Schluss.
Meinen Gruß!