(12.08.2023, 09:28)Heinrich schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login....
Fazit für unsere Mittelfrist: Der zusätzliche Wasserdampfinput ist nicht nur bei
der potenziellen Intensivierungsrate von außertrop. Tiefdruckgebieten, sondern
auch bei der Magnitude der begleitenden "atmosphärischen Flüsse" zu beachten.
Ein solcher sollte sich im Verlauf der Mifri über dem Nordatlantik aufbauen und
durch diabatischen Input ein etwas ausgeprägteres "downstream development" vor
den Toren Europas induzieren (westlich von Portugal/Spanien). Der Beginn einer
markanten Hitzewelle zumindest für Südwesteuropa?
Wieso ist die ENSO zusätzlich von Interesse? Tropische Konvektion interagiert
direkt und indirekt mit den Außertropen z.B. in Form von sich entwickelnden
Rossby-Wellenzügen (RWZ), die durch ihre Stationarität geprägt werden. Nuancen
entscheiden nun, wer in diesem Sommer in Europa welche Schattenseite erlebt. Den
Großteil vom Juli erstreckte sich ein RWZ vom zentralen Pazifik ostwärts mit
Trögen über dem zentralen Kanada sowie über Nordwesteuropa/Skandinavien. Dadurch
forciert etablierte sich eine ortsfeste und advektiv/dynamisch gestützte
Subtropenhochzelle über dem Mittelmeer mit den bekannten Folgen.
Schaut man sich den Zeitraum vom 20. Juli bis jetzt an, dann erkennt man eine
allmähliche Dominanz des sich entwickelnden "warm pool" im östlichen Pazifik mit
einem etwas östlicher/südlicher ansetzenden RWZ sowie ein Aufschaukeln des
Blockierungsmusters stromab in Richtung Skandinavien. Die Folge aus diesem RWZ
südlich der anhaltenden high-latitude Blockierungslage war eine herbstlich
anmutende Westdrift für weite Bereiche West- und Mitteleuropas. Die Dominanz des
erhöhten Wellenflusses von Westen verschonte uns bisher in Mitteleuropa vor der
großen Hitze. Die durch den sich entwickelnden El Nino und beginnende Kopplung
Meer/Atmosphäre forcierte Intensivierung des Subtropenjets (und daraus
resultierende doppelte Jetkonfiguration) sowie nach Abebben eines kräftigen MJO
im Mai ein Nachlassen des totalen/relativen AAM (atmospheric angular momentum)
auf neutrale Werte erlaubte neben einer überschaubaren nordhemisphärischen
Wellenzahl ein recht stagnierendes Wellenmuster, sodass sich u.a. am Ostrand der
Grönlandblockierung den Sommer hindurch beständig negative Anomalien des
Geopotenzials etablieren konnten. Dies wirkte sich zyklonal auf unser
Sommerwetter aus.
Fazit für diese Mifri: Fortdauer dieser Entwicklung mit einer zonal auf 60 Grad
Nord gemittelten Windgeschwindigkeit, die zumeist unter 10 m/s und zeitweise
teils deutlich unter 5 m/s fällt (150 hPa). Retrograde Entwicklungen bzw.
stationäre Wellenmuster dominieren auch diesen Mittelfristzeitraum.
Die aktuell nicht vorhandene tropische (Wirbelsturm)Aktivität im Atlantik kann
im Hinterkopf behalten werden, doch eine überaus kräftige Hochdruckzelle über
den Azoren sollte eine außertrop. Umwandlung potenzieller (im Ensemble
angedeuteter) Entwicklungen wenigstens während dieser Mifri und somit eine
direkte Einflussnahme auf die außertropischen synoptischen Wellenzüge
unterbinden...
Grüßt Euch!
Oben im Zitat vom DWD (siehe Eröffnungsbeitrag) geht der Verfasser davon aus, dass in der erweiterten Mittelfrist /Langfrist:
1. Für die Mittelmeer-Region eine neue Hitzewelle anstehen wird und auch zusätzlich Osteuropa unter Hitze leiden wird.
2. Die Hurricane-Entwicklung im Atlantik weiter gedämpft bleibt, respektive nicht vorhanden sein wird.
3. Dass eine überaus kräftige Hochdruckzelle über den Azoren dominant sein wird.
4. Dass die "atmosphärischen Flüsse" sich im Atlantik verstärken werden, also mehr Wasserdampf in ausgeprägten Feuchteschlieren.
Dem will ich mal nachgehen.
Zu 1).
Eine echte Hochdruckanomalie ist absehbar im Mittelmeerraum nicht erkennbar, was jedoch beinhaltet, dass es auch keine echte Tiefdruckanomalie absehbar gibt.
Es scheint eher eine klimatisch durchschnittliche Entwicklung anzustehen, was Hochdruck angeht. Gleichwohl bedeutet das klimatische Mittel in dieser Region in der Tat hohe Temperaturen und geringe Niederschläge. So kann man der Prognose guten Gewissens zustimmen, was das Mittelmeer angeht.
Gleichwohl haben wir zum klimatischen Mittel Abweichungen bei den SST (Oberflächentemperaturen). besonders im westlichen bis mittleren Mittelmeer. Das bedeutet - unabhängig von den Druckverhältnissen - natürlich eine höhere Verdunstungsrate, was im >Ergebnis einen höheren Wasserdampfgehalt in der Wassersäule bedeutet. Das ist ein Potential, was aber immer eine Auslöse benötigt, also Hebung durch vertikale Winde und horizontale Winde aus gegensätzlichen Richtungen in der unteren Troposphäre. Beide Voraussetzungen werden duch Tiefdruckgebiete erfüllt und durch den Durchzug von Kaltfronten. Das soll bei Hochdruckdominanz aber kein Thema werden, so der Tenor des Verfassers. Das dürfte im Großen und Ganzen auch stimmen können, jedoch sind hier temporäre Störungen nicht betrachtet.
Und auf diese Störungen kommt es dann doch an, denn die werden sich zeigen und die enorme Feuchte und potentielle Energie über dem Mittelmeerraum zum Teil aufnehmen können und aus der Region heraus verfrachten. Ein solches Ereignis steht absehbar schon in einer Woche an (um den 26. 8.23), wenn sich eine erste zeitnahe 5b-ähnliche Entwicklung aufbauen wird. Die Folgen sind allgemein bekannt und betreffen die Gebiete östlich der Adria, den östlichen Alpenraum und die zugehörigen Gebiete der sich aus dieser Konstellation zwangsweise entwickelnden Lee-Tiefentwicklung nördlich der Alpen bis unter Umständen weit nach Skandinavien hinauf in den Norden. Diese Entwicklung trägt die Feuchteschliere aus dem mittleren und leicht westlichen Mittelmeer aus der Region heraus und verfrachtet diese nach Norden/Nordosten. In der Folge dieser sehr dynamischen Grenzentwicklung verliert der Hochdruck im mittleren und nachfolegend auch östlichen Mittelmeer an Substanz, was weitere Störungen anderer Art die Türen öffnen kann. So kann es in direkter Folge gleich mehrere solcher 5b-ähnlichen Entwicklungen geben, die dann durchaus andere Zugbahnen (östlicher) nehmen können oder im worst case jedesmal dieselbe Zugbahn wiederholt. Gleiche Zugbahn ist jedoch unwahrscheinlicher, da sich nach einem 5b-Ereignis über Mittel- oder Nordeuropa meist eine mittelprächtige Hochdruckphase ausbildet. So wird eher eine weiter östliche Zugbahn nachfolgender 5b-Ereignisse anzusetzen sein. Eine noch explosivere Entwicklung aus dieser ersten Störung um den 26.8. herum könnte mit etwas mehr Zeitverzug die Entwicklung eines tropisch anmutenden Tiefdruckkomplexes östlich Siziliens anstoßen, da sich in dieser Region weiterhin sehr hohe potentielle Energie ansammeln konnte und eine sehr hohe Feuchtigkeitsrate als Wassersäule erhalten konnte. Das benötigt wieder einen Auslöser, der in diesem Fall trockene Luftströme in der untersten Tropoephäre aus Nord bis West sein könnte, die über den weit nach Süden mäandernden Jetstream über Festland zugefächert werden könnte. Das führt dann zu einem "trockenen Fuß über naßem Kopf" und damit raschem Absinken, was dann explosionsartige Tiefdruckentwicklungen auslösen kann bis hin zum "Medicane"...
zu 2 bsi 4).
Ausgangspunkt für die Hurricane-Entwicklung im Atlantik sind: die Stärke, Lage und größe des Azorenhochs sowie die vorhandenen Wasseroberflächen-Temperaturen (SST) in den Regionen, in denen sich zunächst die Depressionen, also die Vorläufer der Tropenstürme entwickeln können. Gepaart mit den Winden und der vorhandenen Luftfeuchte, sowie Scherung, gibt es ganz gute Indizien, ob sich Tropenstürme entwickeln können. Und diese Ausgangssituation war in den letzen Wochen mau bis sehr mau. Doch gerade als der Verfasser seinen Bericht geschrieben hatte, änderten sich die Bedingungen schon hin zu guten bis sehr guten Bedingungen für die Entwicklung von Tropenstürmen im Atlantik.
So wird das Azorenhoch seine Ausdehnung nach Westen aufgeben und sich auf sein Kerngebiet konzentrieren, was dann bedeutet, dass sich die möglichen Tiefdruckentwicklungen auch auf einer weiter nörlichen Route bewegen können, in der die SST gleichwohl hoch genug sind, aber die Winde die Entwicklung begünstigend vorantreiben können. Das wird dazu führen, dass sich gleich mehrere Depressionen parallel entwickeln können, von denen durchaus 2-4 zum Tropensturm avancieren können und vermutlich mindestens einer zum Hurricane aufsteigen wird.
Nun hat die Lage des Azorenhochs aber auch eine weitere Folge: Die Zugbahnen der nördlicheren tropischen Stürme wird abseits der amerikanischen Ostküste südlich von Neufundland in die Frontalzone aufgenommen. Hier liegt der Jetsream und trennt zwei unterschiedliche Luftschichten in der Höhe. An dieser trennenden Frontalzone bildet sich von den USA im Westen zum einen bis hoch nach Grönland und zum anderen um das Azorenhoch herum nach Südosten eine beeindruckende Feuchteschliere, die durch die Tropenstürme dann zusätzlich aufgefüllt wird und die dann final den ganzen Atlantik überspannt. Das gab es schon einmal vor wenigen Wochen und ist auch in naher Zukunft eine sehr ungewöhnliche Anomalie. Das gibt mindestens Anlass zur Sorge, denn die überbordende Feuchte wird sich über einen längeren Zeitraum bis weit nach Europa rein seinen Weg suchen und finden. So müssen wir mit heftigen Entwicklungen rechnen, wo, das wird sich noch zeigen. Mindestens wird es in West- und Mitteleuropa in den nächsten 2-3 Wochen viel bis deutlich zu viel Niederschläge geben. Auch Grönland liegt auf dem Weg einer dieser Feuchtewege und man wird es an Rekord-Niederschlägen ablesen können (hoffentlich nur Schnee und nicht Regen, denn warmer Regen könnte zum Desaster führen).
Das soll für heute geügen.
Schönes Wochenende allen!
Meinen Gruß!