12.08.2023, 09:28
Grüßt Euch!
Seitdem ich hier angemeldet bin und der Faszination von Wetter und Klima erlegen bin, versuche ich die Zusammenhänge im Wettergeschehen besser zu verstehen und daraus meine Schlüsse zu ziehen, in Hinsicht auf die weitere Entwicklung in der Mittel- und Langfrist. Ein Unterfangen, das immer wieder neue Anfänge sucht und kein Ende findet. Leider ist meine Zeit für diese Arbeiten sehr limitiert, so dass ich nicht wirklich voran komme und immer wieder weiter vorne beginnen muss.
Nun habe ich heute einen supertollen Bericht vom DWD gelesen, der voll und ganz meine Vorstellungen von den Zusammenhängen aufgenommen hat und mir hilft, einen substanziell quailifizierten Anfang zu finden. Darauf aufbauend, möchte ich in nächster Zeit versuchen, meine Vorstellungen für weitere Entwicklungen in unserem Wettergeschehen hier zu Papier, ähm auf den Bildschirm, zu bringen. Der Anfang ist dieser Bericht:
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Da dies der Eröffnungsbeitrag ist, möchte ich an dieser Stelle noch keine weiteren Ausführungen machen. In den nächsten wochen knüpfe ich dann an diesen Beitrag immer wieder an und werde versuchen, in die Wetterzukunft zu schauen. Eines kann ich aber schon sagen: es wird spannend und wohl auch "verrückt" zugehen beim Wetter bei uns und in Europa.
Meinen Gruß!
Seitdem ich hier angemeldet bin und der Faszination von Wetter und Klima erlegen bin, versuche ich die Zusammenhänge im Wettergeschehen besser zu verstehen und daraus meine Schlüsse zu ziehen, in Hinsicht auf die weitere Entwicklung in der Mittel- und Langfrist. Ein Unterfangen, das immer wieder neue Anfänge sucht und kein Ende findet. Leider ist meine Zeit für diese Arbeiten sehr limitiert, so dass ich nicht wirklich voran komme und immer wieder weiter vorne beginnen muss.
Nun habe ich heute einen supertollen Bericht vom DWD gelesen, der voll und ganz meine Vorstellungen von den Zusammenhängen aufgenommen hat und mir hilft, einen substanziell quailifizierten Anfang zu finden. Darauf aufbauend, möchte ich in nächster Zeit versuchen, meine Vorstellungen für weitere Entwicklungen in unserem Wettergeschehen hier zu Papier, ähm auf den Bildschirm, zu bringen. Der Anfang ist dieser Bericht:
Zitat:S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 11.08.2023 um 10.30 UTC
...
Der an dieser Stelle schon längere Zeit angekündigte Wetterwechsel wird auch
heute verkündet und mündet in einen sommerlichen Witterungsabschnitt. Bevor wir
uns jedoch die aktuelle Mittelfrist näher anschauen vielleicht noch ein kurzer
Überblick über die Themen, die den Sommer bisher und somit (in)direkt auch die
aktuelle Mittelfrist präg(t)en.
Den Sommer über dominant und auch aktuell einen großen Einfluss ausübend ist die
in diesem Ausmaß ungewöhnliche (wenngleich nach späten "final warmings" nicht
unbekannte) und nahezu ununterbrochene Kopplung positiver NAM (Northern Annular
Mode) / warmer PCH (polar cap height) Werte zwischen Stratosphäre und
Troposphäre, die aktuell sogar immer weiter zunimmt. Die Kopplung manifestiert
sich (beginnend nach der finalen Erwärmung) in einer seit Anfang Juni
überwiegend negativen NAO und selbiges gilt abgeschwächt für die NAM. Mit einem
monatlich gemittelten Wert von -2.17 war es der niedrigste Juli-Wert der NAO
seit 2015. Die Folge war eine immer wiederkehrende Blockierung in den nördlichen
Breiten, was im Juni/Juli besonders Kanada, die Polregion und in extremen Ausmaß
auch das Seegebiet zwischen Grönland und Neufundland mit positiven
Geopotenzialabweichungen betraf (dort auch aktuell die maximale SST Anomalie mit
bis zu +6K! mit Blick auf den Nordatlantik dank der beständigen windschwachen
Bedingung). Inwieweit der massive und sich mittlerweile auch nordhemisphärisch
ausweitende Wasserdampfeintrag der Hunga Tonga-Hunga Ha'apai Eruption in die
Stratosphäre darauf auswirkt ist aktuell Gegenstand zahlreicher Studien. Erste
Simulationsergebnisse (z.B. Jucker et al.) deuten einen maximalen Abdruck in der
Bodentemperatur und -/feuchte für 2025 bis 2029 an (mit einer Abkühlung über
Skandinavien während des Winters und Frühlings), allerdings ist das Rauschen
noch zu groß, um darauf basierend bereits handfeste Aussagen treffen zu können
bzw. gehen andere Erstabschätzungen von deutlich geringeren Auswirkungen aus.
Auswirkungen auf diese Mifri (Mittelfrist)? Fortdauer der negativen AO/NAO
Verhältnisse mit einer äquatorialen Ausdehnung der blockierenden Zentren im
Vergleich zum Juni/Juli. Die im Juni/Juli deutlich zu schwachen Zonalwinde
(Kanada bis Irland) verschieben sich südwärts und erfassen nun zunehmend
Westeuropa.
Was gibt es noch zu beachten? Ein sich aufbauender El Nino, wo die Ernennung nur
noch eine Frage der Zeit ist (nach NOAA bereits der zweite Monat in Folge mit im
Sektor 3.4 gemittelten Werten von 0.5 Grad oder mehr). Die Kopplung
Meer/Atmosphäre wurde im Sommer jahreszeitentypisch vorübergehend abgeschwächt
bzw. gar unterbrochen, doch findet diese seit der Monatsmitte des Julis schwach
statt (nimmt man den Southern Oszillationsindex als Kopplungsindikator heran).
Trotz der noch nicht durchgeführten Benennung und den besonders in der
Sommerzeit schwer zu verfolgenden Auswirkungen auf das europäische Wetter, die
variabel und nicht linear ausfallen können, sollte die aktuelle Entwicklung doch
ihren Platz in der Betrachtung finden, denn die Temperaturentwicklung des
Sektors 3.4 wird nur vom Rekord-El Nino 1997/98 übertrumpft und unterstreicht
die NWP Vorhersagen eines "starken" El Nino-Ereignisses.
Erschwerend für die Interpretation kommen zudem die unzähligen marinen
Hitzewellen in der nördlichen Hemisphäre hinzu, die sicherlich einen Input des
sich verändernden Klimas beinhalten, bezüglich der Magnitude jedoch vor allem
aus der ungewöhnlichen (sub)saisonalen Entwicklung resultieren. Nach 3 Jahren
mit La Nina (u.a. verringerte Westwinddrift in Außertropen, was SSTs dort
erhöht) entwickelte sich der El Nino sehr rasch und heizt nun zusätzlich die
tropischen Bereiche auf. Z.B. im Pazifik konnte lange keine Dipolstruktur der
SST Werte gesehen werden, wenngleich sich nun immer mehr das warme Christkind
herausarbeitet. Auch die 2020 umgesetzte Schwefelregulierung der Schiffsfahrt
(Emissionen) scheint sich deutlich auf die oberflächennahen
Meerestemperaturwerte der außertropischen Bereiche auszuwirken, doch das nur am
Rande. Es spielt auf jeden Fall sehr viel in die aktuellen Spitzenwerte mit ein.
Fazit für unsere Mittelfrist: Der zusätzliche Wasserdampfinput ist nicht nur bei
der potenziellen Intensivierungsrate von außertrop. Tiefdruckgebieten, sondern
auch bei der Magnitude der begleitenden "atmosphärischen Flüsse" zu beachten.
Ein solcher sollte sich im Verlauf der Mifri über dem Nordatlantik aufbauen und
durch diabatischen Input ein etwas ausgeprägteres "downstream development" vor
den Toren Europas induzieren (westlich von Portugal/Spanien). Der Beginn einer
markanten Hitzewelle zumindest für Südwesteuropa?
Wieso ist die ENSO zusätzlich von Interesse? Tropische Konvektion interagiert
direkt und indirekt mit den Außertropen z.B. in Form von sich entwickelnden
Rossby-Wellenzügen (RWZ), die durch ihre Stationarität geprägt werden. Nuancen
entscheiden nun, wer in diesem Sommer in Europa welche Schattenseite erlebt. Den
Großteil vom Juli erstreckte sich ein RWZ vom zentralen Pazifik ostwärts mit
Trögen über dem zentralen Kanada sowie über Nordwesteuropa/Skandinavien. Dadurch
forciert etablierte sich eine ortsfeste und advektiv/dynamisch gestützte
Subtropenhochzelle über dem Mittelmeer mit den bekannten Folgen.
Schaut man sich den Zeitraum vom 20. Juli bis jetzt an, dann erkennt man eine
allmähliche Dominanz des sich entwickelnden "warm pool" im östlichen Pazifik mit
einem etwas östlicher/südlicher ansetzenden RWZ sowie ein Aufschaukeln des
Blockierungsmusters stromab in Richtung Skandinavien. Die Folge aus diesem RWZ
südlich der anhaltenden high-latitude Blockierungslage war eine herbstlich
anmutende Westdrift für weite Bereiche West- und Mitteleuropas. Die Dominanz des
erhöhten Wellenflusses von Westen verschonte uns bisher in Mitteleuropa vor der
großen Hitze. Die durch den sich entwickelnden El Nino und beginnende Kopplung
Meer/Atmosphäre forcierte Intensivierung des Subtropenjets (und daraus
resultierende doppelte Jetkonfiguration) sowie nach Abebben eines kräftigen MJO
im Mai ein Nachlassen des totalen/relativen AAM (atmospheric angular momentum)
auf neutrale Werte erlaubte neben einer überschaubaren nordhemisphärischen
Wellenzahl ein recht stagnierendes Wellenmuster, sodass sich u.a. am Ostrand der
Grönlandblockierung den Sommer hindurch beständig negative Anomalien des
Geopotenzials etablieren konnten. Dies wirkte sich zyklonal auf unser
Sommerwetter aus.
Fazit für diese Mifri: Fortdauer dieser Entwicklung mit einer zonal auf 60 Grad
Nord gemittelten Windgeschwindigkeit, die zumeist unter 10 m/s und zeitweise
teils deutlich unter 5 m/s fällt (150 hPa). Retrograde Entwicklungen bzw.
stationäre Wellenmuster dominieren auch diesen Mittelfristzeitraum.
Die aktuell nicht vorhandene tropische (Wirbelsturm)Aktivität im Atlantik kann
im Hinterkopf behalten werden, doch eine überaus kräftige Hochdruckzelle über
den Azoren sollte eine außertrop. Umwandlung potenzieller (im Ensemble
angedeuteter) Entwicklungen wenigstens während dieser Mifri und somit eine
direkte Einflussnahme auf die außertropischen synoptischen Wellenzüge
unterbinden.
Doch was entwickelt sich nun direkt vor und während der aktuellen Mittefrist?
Eine sich frisch über der Barentssee etablierte Keilaufwölbung mausert sich u.a.
durch den immensen diabatischen Outflow unseres Problemtroges (u.a.
Überschwemmungen in Kärnten, Slowenien) zu einem für diese Jahreszeit schon
beinahe unglaublichen 590 gpdam Block (Rekord innerhalb z.B. der 500 hPa
Perzentilverteilung). Zudem nimmt die Verlagerungsfreudigkeit der planetaren
Wellen u.a. durch diese Blockierungen im europäischen Sektor weiter ab (neben
dem eh schon mauen Zonalwind im Hintergrund), sodass wir in das folgende Muster
rutschen: tiefes Geopotenzial über Nordwesteuropa und hohes vom Mittelmeer bis
Osteuropa/zum Ural reichend. Zudem sinkt das Geopotenzial wie bereits weiter
oben erwähnt auch stromab einer retrograd zu den Azoren wanderden antizyklonalen
Zelle westlich von Südwesteuropa im Vergleich zum Juli deutlich ab. Diese
Konfiguration, im Zusammenspiel mit der Anomalie über dem Ural, deutet auf eine
sich weiter aufbauende Hitzewelle vom Mittelmeer bis Osteuropa hin, an deren
Randbereich wir liegen und wo wir in Mitteleuropa je nach Geometrie der von
Westen reinlaufenden Wellen mehr oder weniger in den "schweißtreibenden Genuss"
kommen. Grundsätzlich fällt aber innerhalb der Ensembles wie GEPS/GEFS und
IFS-ENS das Geopotenzial innerhalb des sich aufbauenden Keils über Südeuropa
geringer aus als im Juli (u.a. dank möglicher eingelagerter/sich auffüllender
Höhentiefs), sodass sich diese Hitzewelle im Vergleich zu der im Juli eher durch
klassische Maximalwerte auszeichnet (abgesehen von Südosteuropa und mit der Zeit
ggf. auch Osteuropa). Dies gilt für diese Mifri-Dauer, denn in der erweiterten
Mittelfrist könnte sie sich in der Tat zu einer ungewöhnlich kräftigen
Hitzewelle zumindest für Südwesteuropa aufbauschen.
...
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy
Quelle: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.
Da dies der Eröffnungsbeitrag ist, möchte ich an dieser Stelle noch keine weiteren Ausführungen machen. In den nächsten wochen knüpfe ich dann an diesen Beitrag immer wieder an und werde versuchen, in die Wetterzukunft zu schauen. Eines kann ich aber schon sagen: es wird spannend und wohl auch "verrückt" zugehen beim Wetter bei uns und in Europa.
Meinen Gruß!