Heinrich schrieb:...
Mit anderen Worten, wenn wir nicht sofort das Infektionsgeschehen unterbinden, dann ist ist der Zusammenbruch unseres Gesundheitssystems absolut unvermeidbar...
Wo geht die Fahrt hin, wenn nichts mehr den Orkan aufhält?
Ende November werden wir bei über 80.000 Neuinfizierten landen, um den 12. Dezember bei 120.000. Spätestens am 22. Dezember hatten wir mal ein Gesundheitssystem, denn dann sind alle auch noch so schnell aus dem Hut gezauberten Intensivbetten und alle irgendwo noch aufzutreibenden medizinischen Pflegekräfte über alle Maßen erschöpft - und tausende Menschen, die nicht mehr dringende Operationen bekommen können, werden das Weihnachten 2021 nicht überleben!
Da sind wir. Augen zu und durch. Nehmt Abschied!
Grüßt Euch!
Ende November hatten wir über 75.000 Neuinfektionen. In den schwer getroffenen Bundesländern wurde das Gesundheitssystem überlastet, viele schwerkranke Covid-Patienten wurden mit der Bundeswehr in andere Bundesländer ausgeflogen. Die Regierung befand sich im Findungsprozess zwischen alter und neuer Regierung. Es herrschte sichtbar Regierungschaos, was unpopuläre Entscheidungen natürlich nicht förderte. Zu wenig Impfstoff, die Impfzentren geschlossen, die Ärzte überlastet. Bestschlechteste öffentliche Kommunikation und und und...
Doch dann nahm die Entwicklung der Neuinfektionen eine ungeahnte Wendung! Die Zahl der Neuinfektionen begann zu stagnieren und inzwischen nimmt die Rate ab! Und das ohne effiziente Maßnahmen der Regierung. Man staune!
Das ist aber erklärbar, wenn man etwas länger darüber nachdenkt. Schlussendlich kommt man zu dem Ergebnis, dass die Menschen durch die Bilder von den überlasteten Krankenhäusern und den Nottransporten durch die Bundeswehr beeindruckt waren und begonnen haben, sich doch wieder mehrheitlich viel mehr vorzusehen, die Hygieneregeln noch mehr zu beachten und Kontakte zu reduzieren. Und das schafft dann die Entlastung bei den Neuinfektionen. Zudem prägten sich die Bilder von langen Warteschlangen ein für Booster- und Neuimpfungen. Das löst dann reflexartig aus, dass sich viele Menschen sorgen machen, dass sie nichts mehr abbekommen oder zu spät dran sein könnten. Plötzlich kam Bewegung in die Impfgeschwindigkeit. In Summe kann man konstatieren, dass die Gesellschaft über einen Selbstschutz-Reflex verfügt: wird es ernster und ernster, dann reagiert sie mit Selbstschutz und mit Vorsorge für das eigene Leben. Gut so, das ist eine Verhaltensweise, die uns die Evolution in die Gene gepflanzt hatte, um zu überleben! Wir neigen nur zu oft dazu, den "gesunden Menschenverstand" wie ein Relikt vergangener Zeiten abzuschalten oder zu verdrängen, weil es ja so viele Einflüsse gibt, die auf uns einwirken und uns unseren Verstand vernebeln können. Auch das ist menschlich!
Jetzt, zu einem Zeitpunkt, wo die Zahlen der Neuinfektion beginnen zu sinken, jetzt kommt auch die Regierung wieder in die Puschen. Natürlich zu spät, um noch für die bereits eingetretene Entschärfung den Ruhm dafür einheimsen zu können. Man wird es dennoch tun. Sollen sie es. Was wir jetzt aber nicht gebrauchen können, ist wilder Aktionismus und der Versuch, sich wieder einmal zu übertreffen mit Maßnahmen, die mehr populistische Züge haben als sinnvolle Pandemieabwehr. Begründen kann man viel mit Angst und Unheil, aber das Unheil kommt nicht selten erst mit den falschen Maßnahmen, die mehr zerstören als aufbauen oder abwehren.
Es ist daher ganz besonders gut abzuwägen, was man in der aktuellen Situation wirklich an Maßnahmen ergreifen sollte oder müsste. Lokaler Lockdown oder Ausgangssperren kann man diskutieren, aber sie können nur das letzte Mittel sein, wenn alle anderen weniger radikale Maßnahmen nicht geholfen haben. Das gilt auch für die Impfpflicht, die in bestimmten (Berufs-) Bereichen sicher zielführend sein können, aber als Generalpflicht für alle Bürger nur dann einzusetzen wären, wenn alle anderen Maßnahmen - inklusive Lockdown und Ausgangssperren - zuvor nicht zum Ziel geführt haben. Es braucht folglich einen Maßnahmenkatalog, der jeweils der Stufe der Bedrohung angepasst werden kann und werden muss, ja zwingend anzuwenden ist! Und dazu gehört immer, dass man für jede Stufe das Ziel definiert und für alle Maßnahmen zusammen das finale Ziel erklärt, nach dem die einzelnen förderalistischen Bundesländer zu streben haben. Das wäre dann das Gesetz für Pandemien und Katastrophen, das je nach schwere der Pandemie oder Katastrophe den Rahmen gibt, aber flexibel bleiben muss in den Maßnahmen, die jeweils "abzuarbeiten" wären. Daran sollte sich unsere neue Regierung möglichst bald kümmern, also ein angepasstes Gesetz zur Bekämpfung und Behebung von Pandemien und Katastrophen...
Und das ist dringend nötig, denn nach Delta kommt Omikron. Und Omikron ist ein Turbo-Virus, extrem ansteckend und geeignet, jedes Land in kurzer Zeit völlig zu überlaufen. Aktuell haben wir noch mit Delta alle Hände voll zu tun und wie es scheint, bekommen wir das auch in den Griff. Gut so, gut gemacht, auch wenn nicht alles perfekt war!
Doch schon im Januar werden wir es mit Omikron zu tun bekommen. Noch wissen wir nicht viel über diese neue Variante. Aber es zeigt sich, dass Omikron sich völlig unbeeindruckt zeigt bei bereits Genesenen und bei doppelt geimpften Menschen. Es infiziert praktisch alle, außer 25-35% der 3-fach Geimpften, die offenbar für das Virus ein größeres Problem darstellen. Mit anderen Worten: nur ein Drittel oder ein Viertel der geboosterten Menschen werden nicht infiziert, bei allen anderen hat die neue Variante einen Zugang zur Infektion gefunden! Das ist hochgradig erschreckend!
Doch nun die guten Nachrichten:
Bei Genesenen und doppelt oder mehrfach geimpften Menschen verläuft die Infektion ganz überwiegend harmlos. Man infiziert sich, kann auch andere wieder anstecken, könnte sogar als Superspreader fungieren, aber die schweren Verläufe sind in dieser Gruppe ganz offensichtlich nur selten bis sehr selten zu finden. Das ist erfreulich und macht Hoffnung.
Doch was ist mit den Ungeimpften, wie Kinder und Jugendliche oder Impfverweigerer oder nur einmal Geimpfte? Darüber wissen wir noch sehr wenig. Es steht zu befürchten, dass bei nicht immunisierten oder nur teilimmunisierten Personen die Anzahl der schweren Verläufe hoch bis sehr hoch sein könnte. Das betrifft dann wohl erstmals auch unsere Kinder, die bisher nur selten mit schweren Verläufen belastet wurden. 80 Mutationen in dieser Variante und 32 verschiedene Andockvarianten, das überfordert jedes ungeschützte Immunsystem und man kann nur aufrichtig hoffen, dass der jugendliche Körper mit diesen Angriffen viel besser zurecht kommt als die ältere Bevölkerung. Wir haben aktuell die Situation, dass die schweren Verläufe bei Delta zu 80% durch Ungeimpfte (dabei in den Atersgruppen ab 18 Jahre) abgedeckt sind. Das sollte ein lautes, schrilles Alarmsignal sein, denn Omikron hat noch deutlich effizientere Waffen als Delta!
Was also wäre zu tun?
Zu aller erst: unbedingt 3. Imfung empfangen, denn nach 5-6 Monaten nach der 2. Impfung geht der Schutz vor Infektion vollständig verloren gegenüber Omikron! Der Schutz vor schweren Verläufen aber bleibt.
Dann sollten sich möglichst viele Ungeimpfte doch noch zur Impfung entscheiden. Jetzt die erste Imfung und im Januar/Februar die zweite Impfung. Das schützt jedenfalls vor schweren Verläufen und entlastet damit auch unser Gesundheitssystem an der kritischen Stelle der Intensivstationen. Die dritte Imfung könnte dann bereits mit neuem Wirkstoff gegen Omikron sein...
Ansonsten: Abstand halten, Hygieneregeln penibel beachten, Kontakte reduzieren, wo immer es erträglich geht. Einen Lockdown brauchen wir aktuell nicht mehr, denn nach Delta, das langsam in den Griff kommt, wird Omikron das Zepter übernehmen. Wir sollten uns eine solche Maßnahme (Lockdown, Ausgangssperre) für die Zeit nach Delta aufsparen. Vielleicht können wir die neue Variante durch vernunftbezogene Solidarität und evolutionärer Vorsicht so lange hinauszögern, dass es uns gelingt, einen neuen Impfstoff zu produzieren (das wäre dann ab März 2022), der auch unsere Kinder schützen könnte und alle übrigen weiterhin Ungeimpften. Erst dann - mit einem neuen nachgewiesen wirksamen Impfstoff, der für alle verfügbar wäre - könnte man über eine allgemeine Impfpflicht im Laufe des Jahres 2022 sprechen. Und nur dann könnte diese vor dem Verfassungsgericht Bestand haben!
Das war jetzt viel Geschreibsel, aber es lag mir auf der Seele, dass mal jemand aufschreibt, worum es eigentlich geht.
Danke für das Lesen und meinen Gruß!