Grüßt Euch!
Ich widerspreche ungern, aber der Polarwirbel ist bisher nur sehr schwach ausgeprägt. In seiner Druckstärke und Ausdehnung liegt er weit hinter den letzten Jahren zurück und könnte sogar Rekordschwach werden für die nächsten 2 Wochen (für die Jahreszeit seit Aufzeichnungsbeginn). Mit anderen Worten: im Gegensatz zu den letzten 3 Jahren scheint der stratosphärische Polarwirbel in dieser Wintersaison deutlich schwächer zu werden.
Dafür gibt es zwei bis drei gute Gründe:
1. Es haben sich La NIna Konditionen eingestellt, die wohl den ganzen Winter über anhalten dürften. Man rechnet inzwischen mit einer schwachen La Nina-Wintersaison, das hatten wir ürigens auch in der Wintersaison 2010/11 - nur mal so als Gedankentipp.
2. Die QBO-Phase ist im Gegensatz zu den letzten Wintern in 2025 auf Ost gewechselt. Ostwinde in der Stratosphäre sorgen dafür, dass der Polarwirbel sich nach Störungen kaum erholen kann und insgesamt stärkere Störungen zu erwarten sind. Das sind dann sogenannte SSW-Events (rasche Erwärmungen in der Stratosphäre), die länger oder auch sehr lang wirken können, und troposphärische Polarwirbelsplits mit kürzerer Wirkzeit auf das Winterwetter. Stratosphärische Störungen (SSWs) als Minor oder Major Warming wirken im Gegensatz zu troposphärischen Störungen von oben nach unten in die Tropsphäre und sorgen dafür, dass die Zirkulation gestört oder umgekehrt wird. Das führt dann auf der Nordhemisphäre zu Kälteausbrüchen weit nach Süden und Wärmetransport weit nach Norden. Das bedeutet kurzgefasst: höhere Wahrscheinlichkeiten für sehr winterliche Phasen, oft immer wieder in den selben Regionen der Nordhemisphäre. Das kann natürlich auch Mitteleuropa treffen, aber sicher ist das nicht, da wir oft zwischen den Stühlen sitzen und durchaus auf der warmen Seite verhaftet sein könnten. Immerhin erhöht sich aber die Wahrscheinlichkeit für kaltes oder/und schneereiches Winterwetter auch für Deutschland. Das entscheiden wie immer die Konstellationen der Großwetterlagen. Es könnte also mit viel Glück (oder Pech - je nach Ansicht) durchaus auch zu einem respektablen Winterwetter kommen, das wir seit 2010/11 nicht mehr hatten...
3. Das arktische Meereis und das Grönlandeis zeigen sich in diesem Jahr robust und mit offenbar leicht wachsender Tendenz in den letzten 10 Jahren (eine Dekade). Dazu die beiden Grafiken:
Massebilanz Grönland:
Wir sehen eine positive Massebilanz von 01.09. 2024 bis 31.08.2025.
Dann das aktische Meereis mit den Septemberwerten aller Aufzeichnugsjahre:
Arktis 09 2025 osisaf_nh_iceextent_monthly-09_da.png (Größe: 184,37 KB / Downloads: 129)
Da ist schon viel Meereis verschwunden in den letzten Jahrzehnten. Allerdings stabilisiert sich die Lage offenbar seit einer Dekade (10 Jahre), wie man in dem Ausschnitt herleiten könnte:
Akrtis September seit 2015 bis 2025.png (Größe: 24,43 KB / Downloads: 130)
Gewagt könnte man daraus eine leicht steigende Tendenz herauslesen. Allerdings 10 Jahre ist kein klimatisch relevanter Zeitraum. Wir nehmen es also mehr als reine neutrale Information.
Für unser Winterwetter sind Eisflächen in der Arktis allerdings schon bedeutend. Denn je mehr Fläche vereist ist, umso stärker kann sich Kaltluft erhalten und auch ausbilden, die dann auch zu uns ausbrechen könnte. Das Grönlandeis mit seiner Eismasse ist ebenfalls ein wichtiger Player für das Winterwetter, denn im Eis wurde latente Energie eingelagert, die nicht als Wärmeenergie in der Atmosphäre oder im Ozean verweilt. Alles hängt halt mit allem zusammen.
Nun das "ABER": die fortschreitende Erwärmung auf unserer Erde sorgt dafür, dass durch globalen atmosphärischen Ausstausch immer wieder die Wärme aus anderen Regionen der Erde auch in die Nordhemisphäre und auch in die Arktis getrieben wird. Das frisst manche positiv erscheinende Entwicklung wieder auf und kann sie auch umkehren. Nur selten kommt es vor, dass durch die globale Zirkulation auch mal kühlende regionale Effekte verstärkt werden können.
In Summe der Betrachtungen würde ich heute konstatieren: es erwartet uns ein spannendes Winterwetter mit viel Platz für Spekulationen und Enttäuschungen. Am Ende wird für Deutschland vermutlich ein leicht zu kühler Winter heraus kommen - gemessen an den letzten 30 Jahren. Aber das sind dann nur die Mittelwerte - einzelne Wochen können da durchaus herausstechen und so manche Überraschung mit bleibenden Erinnerungen vorhalten. Also dann, auf in die Saison!
Übrigens:
In den Medien wird ganz aktuell mal wieder von einem Jahrhundertwinter bei uns spekuliert. Seriös kann das heute niemand wissen, aber die Wahrscheinlichkeit dafür liegt unter 5 % (Vorjahre unter 1 %) und damit nach wie vor außerhalb realistischer Annahmen. Aber wer es mag, kann ja ruhig spekulieren...
Meinen Gruß!