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Grüß Dich Snow!
Was heißt schon "zu nass"? Normale Schwankung würde ich sagen, mal etwas weniger, mal etwas mehr. Im Moment sind wir mal vorne, was auch nötig war/ist. Das mit den statistischen Werten ist ja auch so eine Sache, so sind statistisch in ganz Deutschland bereits 88% des gesamten Monatsniederschlags gefallen in den ersten beiden Dekaden (ausgewertet nach allen DWD-Stationen). Das hört sich statistisch nach einem nassen Monat an. Aber das gilt ja wirklich nicht für alle Regionen und Zahlen spiegeln nicht per se die Realität wider. Da gibt es mehrere Stationen, die haben bereits über 200%-350% des Monatssolls erreicht. Diese extrem hohen Werte kompensieren gleich mehrere Stationen mit viel zu wenig Niederschlag. Natürlich ist das immer so bei statistischen Betrachtungen, ich möchte nur darauf hinweisen, das Zahlen nicht alles sind. Vielleicht erkläre ich es anders noch einmal:
Je nach Beschaffenheit des Bodens benötigt eine gleiche Kulturpflanze auf dem Acker mal mehr, mal weniger Niederschlag, mal mehr, mal weniger Dünger. Manche Böden halten das Wasser viel besser als andere. So auch die Nährstoffe. Und obwohl es dieselbe Pflanze auf dem Acker ist, benötigt sie in einem Gebiet viel weniger Niederschlag als in einer anderen Region. Regnet es also in der Region, wo die Pflanze mehr Niederschlag benötigt gerade weniger als üblich, dann bekommt die Kulturpflanze rasch Trockenstress. In der anderen Region ist das dann aber längst noch nicht der Fall, da der Boden die Feuchte gut verfügbar länger halten kann. Während wir also in der einen Region bereits Trockenstress erkennen können, ist in der anderen Region alles in Butter. Soweit wohl logisch, denke ich.
Dies gilt allerdings auch für die natürliche Vegetation und hier beginnt dann aber dennoch der Unterschied zu den Kulturanpflanzungen. Was wir in städtischen Parks, den Forsten und den landwirtschaftlichen Flächen ständig um uns herum sehen, sind ganz, ganz überwiegend Kulturanpflanzungen. Wir haben sie an den Ort verbracht, wo sie jetzt stehen. Sie sind dort ganz überwiegend nicht natürlich gewachsen, denn den natürlichen Wildbewuchs haben wir zu über 95% in Jahrhunderten entfernt und durch Kulturpflanzen ersetzt. Das formt nun unsere Kulturlandschaften, die wir kennen und die wir viel zu oft als "die Natur" bezeichnen. Ein kleiner Rest an wilder Vegetation ist noch geblieben, meist dort, wo wir nicht so einfach hinkommen oder weit abseits der perfekt ausgebauten Infrastruktur. Kaum jemand kennt diese kleinen Inseln, sie sind aus unserer Wahrnehmung praktisch verschwunden. Ich denke, das ist auch verständlich und bekannt.
Nebenan aber, da wo die verlorenen 5% sind, die nicht vom Menschen dort hingepflanzt wurden, sondern durch die Natur selbst, dort geht die Vegetation nicht ein, da verdurstet kein wildes Tier und es verhungert auch keines. Denn wir haben eigentlich von allem genug: Wasser, Nährstoffe, Licht - überall in allen Regionen! Wir haben das nur vergessen, weil wir den Boden aufgebrochen haben, Wasser wegleiten oder hochpumpen, die Quellen zugeschüttet haben, die Flüsse verlegt und kanalisiert haben, die Baum- und Buschreihen dem GPS-Trecker geopfert haben, fremde Pflanzen anbauen und für die Maxime "alles größer, weiter, höher" das natürliche Gleichgewicht geopfert haben. Und weil wir das haben, haben wir nun ein Problem, denn wir können nicht freiwillig aufhören mit dem, was wir angerichtet haben. Es hängen Existenzen daran, eine riesige Industrie, Menschen, Geld, Macht...
Unser Drängen nach immer mehr statistischen Aussagen zum Wetter (hier vor allem Niederschlag und Temperatur) ist doch im Kern dadurch forciert worden, dass wir uns eine eigene Welt erschaffen haben, eine Kulturpflanzen-Welt, eine Welt, in der Tiere gehalten werden, gezüchtet, gefüttert, eine Welt, in der wir entscheiden, welche Pflanze wann und wo wachsen soll, welches Tier wann und wo leben darf. In unserem Drang nach Perfektionismus haben wir möglichst alles entfernt, was wir nicht bestimmt haben, also Hecken, Baumreihen, Wälder, Tümpel, Moore, selbst Bachläufe oder Flüsse mitsamt allem, was dort mal gewachsen ist und gelebt hat. Wilde Tiere finden in dieser Kulturpflanzen-Welt nur in Ausnahmen Platz. Jäger regulieren die Bestände in unseren Industriewäldern, Imker müssen Bienenvölker züchten - wir brauchen diese Zuchtbienen bereits zum Überleben, Bauern halten unzählige Tiere in Mastanstalten...
Das Menschen- und Tierfutter wächst auf den Äckern. Ohne Tierfutter keine Mastviecher. Fehlt dann der Regen für die empfindlichen oder anspruchsvollen, fremden Kulturpflanzen, dann erkennt der zivilisierte Landwirt das ganz schnell über die verfügbaren Statistiken, und dann kramt er nach den Lösungen, wie Beregnung aus dem Grundwasser, was allerorts abfällt und mit Nitraten belastet ist. Tja, und da mitten hinein stelle ich die Fragen: "Wann haben wir genug Regen bekommen?", "ist das wirklich die Auswirkung des Klimawandels?", "warum ändern wir das nicht, wir könnten es?"
Statistisch haben wir 88% des Monatssolls erreicht in Deutschland. Dann brauchen wir ja wohl auch nichts zu ändern, alles Palletti, und der Rest wächst ja auf jeden Fall bei Amazon...
Ich geh mal raus und suche nach den verschollenen 5%!