Als Australienbesuchender (vor knapp 20 Jahren und da auch selbst mit dem Mietwagen durch einen Buschbrand gefahren) von mir noch einige ergänzende Infos dazu:
"Die spektakulären Bilder eines Buschbrandes in Australien erreichen garantiert auch das Fernsehpublikum im deutschsprachigen Raum. Feuersäulen, die Dutzende Meter hoch aufragen, sind "Eye-Catcher". Meist fehlt innerhalb der Bildsequenz eines Nachrichtenblocks aber die Zeit für eine differenzierte Betrachtung, und so kann schon mal der Eindruck entstehen ein ganzer Kontinent würde gerade brennen."
Quelle: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar.
registrieren oder
login.
Auch wenn das Ausmaß der Brände mittlerweile immens ist, Buschbrände als Solche sind für den Kontinent erstmal überhaupt nicht ungewöhnlich und die größte Katastrophe ist bereits knapp 20 Jahre her (Saison 2001/02 - Chronik siehe Quelle).
"Australien ist der trockenste Kontinent der Erde. In vielen Regionen haben sich die Tier- und Pflanzenwelt dem Rhythmus von Feuer und Dürren angepasst. So ist eine Reihe von Bäumen sehr gut in der Lage sich vor "normalen" Buschfeuern über ihre Rinde zu schützen.
- Die Samenkapseln vieler Pflanzen öffnen sich erst in der Hitze eines Buschfeuers, erst danach erst kann der Samen keimen. Dies trifft beispielsweise auf den Grasbaum zu.
- Versengte Eukalyptusbäume treiben bald wieder aus. Sie sehen dann aus wie grüne Staubwedel. Die Eukalyptenarten verfügen dabei über einen unterschiedlichen Grad an ätherischen Ölen. Der Mountain Ash produziert über die Trockenzeiten kräftig Samen, die in harten Kapseln lagern. Nach einem Brand öffnen sich diese verholzten Kapseln unter dem Einfluss von Hitze und Rauchgasen. Auf einem Hektar befinden sich Millionen Samen, die durch die Asche gleichzeitig eine neue Basis für die nächste Baumgeeration vorfinden.
- Feuer gehören in Australien fast zum örtlichen "Way of Life". Schon Vorfahren der heutigen Aborigines legten Feuer, wenn sie grünes Gras wachsen lassen wollten - weil es jagbare Tiere anzog.
Im Norden von Australien gehören kleine Buschfeuer zum Alltag. Am Ende der Trockenzeit ziehen kleine Feuer über das Land, die das Unterholz abbrennen.
Besonders heiße und trockene Tage mit Nordwinden bringen jedes Jahr für die Wälder des Südens von Australien - etwa südlich einer Linie von Perth über Adelaide bis Brisbane - akute Waldbandgefahren mit sich. Innerhalb weniger Stunden steigen durch trockene Wüstenwinde die Temperaturen in Sydney, Melbourne, Adelaide oder Perth von angenehmen Nachttemperaturen zwischen 15 und 20 C auf Werte nahe oder über 40 C. Wenn sich dieser Effekt an mehreren Tagen wiederholt und es zuvor unterdurchschnittlich wenig Niederschläge gab, steigt die Gefahr von Buschfeuern dramatisch.
Der australische Wald wird dominiert durch Eukalypten und Akazien. Insbesondere erstere haben einen hohen Anteil brennbarer ätherischer Öle in ihren Blättern. Das abgefallene Laub von Eukalypten braucht zirka 6 Jahre um zu kompostieren - das heisst, es steht wesentlich länger als "Zunder" auf dem Waldboden zur Verfügung. Abgefallene Rindenreste der Eukalypten sowie dürres Buschwerk bieten dem Feuer zusätzliche Nahrung.
Die Feuer entzünden sich teilweise selbst (beispielsweise durch Blitzschlag) und werden von trocken-heissen Windböen in unterschiedliche Richtungen getrieben. Die Flammenwände eines solchen Feuers schlagen bis zu den Baumwipfeln empor, die teilweise rund 50 Meter hoch sind.
Wenn die Baumriesen der Wälder in Westaustralien oder Victoria betroffen sind, können diese auch noch höher werden. Dort stehen die höchsten Eukalypten - der Mountain Ash in Victoria ist mit rund 100 bis 110m Maximalhöhe der zweithöchste Baum der Erde nach den Sequoias. Nur wenig kleiner sind die Karris in den Wäldern von Südwestaustralien, die in ausgewachsenem Stadium rund 90 m erreichen können.
Das CSIRO Forestry and Forest Products, Canberra, hat im Jahre 2000 nachgewiesen, dass in einer Kombination aus Buschfeuer, starkem Wind und Gummibäumen Funken bis zu 25 Kilometer weit fliegen können.
Dazu wurde der Funkenflug in speziellen, zwölf Meter hohen Windtunneln simuliert. Die Blätter des Gummibaums erzielten im Vergleich den "Weitflug-Rekord". 1994 war in der Region Como-Jannali bei Sydney brennende Rinde von Eukalyptus-Bäumen über einen Kilometer weit durch die Luft getragen worden. Entscheidend ist beim Funkenflug, wie schnell die Rinde verbrennt. Mitunter geht sie erst Minuten nach Entzündung endgültig in Flammen auf. Zu diesem Zeitpunkt kann sie der Wind aber schon sehr weit weg getragen haben."
Ein nicht unerheblicher Teil der derzeitigen Brände dürfte auf Brandstiftung von Feuerteufeln ("Firebugs") zurückzuführen sein. In meiner Quelle wird auch noch genauer auf die möglichen Ursachen eingegangen. Zum Beispiel wird aktuell die Ansiedlung von Holzplantagen als zusätzliches Problem diskutiert, ähnlich wie bei uns Immobilien in Küstennähe und Ferienhäuser in Lawinenstrichen. Es gibt derzeit Hinweise auf Brandstiftungen zusätzlicher Art genau dort, wo man gerne Plantagen ansiedeln würde, statt dort ein Natrurreservat zu erhalten.
Die aktuellen Wutanfälle gegen den australischen Premier sind vielleicht emotional verständlich, aber völlig unsinnig. Denn: angenommen er hätte im vorletzten Jahr eine Kehrtwende bei der Klimapolitik durchgeführt - ein messbarer lokaler Effekt auf das Klima in Australien, würde - wenn überhaupt - erst mit einigen Jahrzehnten Zeitverzögerung eintreten. Das Klima ist hier nicht so schnell wie das Wetter und würde sich verhältnismäßig langsam erholen, das hätte auf die aktuellen Brände also vermutlich keinerlei Einfluss gehabt. Natürlich wird der Klimawandel die Dauer der Saison nach allem was bekannt ist langfristig verlängern, dennoch: es ist zwar populär sich jetzt auf den bösen Premier einzuschießen, die kurzfristigen Ursachen für diese Brände sind aber eher in diesen Faktoren zu suchen: Plantagenwald, Zersiedelung und Brandstiftung. Übrigens sind die aktuellen Brände von Forschern ziemlich genau vorhergesagt worden und waren bereits nach den ersten Bränden im September absehbar, als es losging:
"Im September 2019 wurden in New South Wales und Queensland über 100 Immobilien durch Brände vernichtet. Besonders markant war unter anderem das Abrennen des historischen Traktes der Binna Burra Lodge im Lamington Nationalpark. Das Feuer wurde durch eine unachtsame weggeworfene Zigarette von Jugendlichen ausgelöst.
[*]Die zweite Brandwelle im Oktober 2019 vernichtete im Norden von New South Wales in der Region um Rappsville und Ewinga weitere 30 Häuser."
Man kann jetzt noch darüber streiten, ob "40 Grad" Brände begünstigen oder nicht. Laut Kachelmann ist die Temperatur für Waldbrände ja irrelevant:
Link ist nur fuer registrierte User sichtbar.
registrieren oder
login.
Eins dürfte aber klar sein: solche Wetterbedingungen erschweren die Löscharbeiten erheblich. Als Firefighter oder wie hierzulande bekannt Atemschutzgeräteträger (AGT) mit voller Montur solche Löscharbeiten durchführen zu müssen, bringt die Kollegen relativ schnell an den Rand der Erschöpfung. Da hilft dann auch die (eigentlich richtige) Einschätzung von Kachelmann zu Temperatur als Nichtursache nix....