(14.12.2017, 13:11)Wetterleuchte schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login....
Leider gab es wieder Probleme mit den Daten für die Ozonwerte in der Obersten Troposphäre und in der unteren Stratosphäre. Da es dort seit Tagen zu Differenzen kommt, habe ich die Werte händisch ermitteln müssen und damit den Forecast gestartet. Dazu benötigte es wieder einen komplexen Verlauf der Strömungen in den beiden Sphären. Das ist nicht meine Lieblingsarbeit, denn dazu muss ich immer wieder mit neuen Tagesläufen arbeiten und die täglich auflaufenden Veränderungen in den Wärmeenergieströmen analysieren und auch anpassen, weil die Bedingungen der unteren Troposphäre bei bestimmten Wetterkonstellationen die Werte in der Höhe beeinflussen. Zudem musste ich in der Folge auch die Parametrisierung der vertikalen Schwerewellen parallel zum numerischen Programmlauf in Einklang bringen in den Forecastlauf des jeweiligen Tages. Das übersteigt dann schnell meine Rechnerkapazitäten und dann bleibt mir nix anderes übrig, als am festgefahrenen Forecasttag einen neuen Lauf zu starten mit den Ausgangsdaten des Vortages. Das hält auf und birgt zudem Übertragungsfehler. Aber nach einer "Nachtschicht" stehen die Werte nun für den ungeheuer langen Zeitraum von 30 Tagen in die Zukunft. Das sind mal eben 720 Stunden Forecast! Schon bei dieser Zahl sollte jedem Leser bewusst werden, dass es sich nur und ausschließlich um ein experimentelles Projekt handeln kann und eine solch lange Forecastbetrachtung hochspekulativen Charakter haben muss. Dennoch werde ich die Ergebnisse hier einstellen, denn es besteht trotz aller Bedenken dennoch eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die Szenarien an den drei Zieltagen dann doch sehr ähnlich eintreffen könnten. Jeder Zieltag hat eine andere Wahrscheinlichkeit des Eintreffens - je weiter weg, desto unsicherer wird es.
Daher habe ich mich entschieden, folgende Zieltage mit Grafiken zu fixieren:
erster Zieltag = 25.12.2017 = 288 h
zweiter Zieltag = 31.12.2017 = 432 h
dritter Zieltag = 12.01.2018 = 720 h
Den letzten Zieltag habe ich gewählt, da es erstmals ein 30-tägiges Forecast darstellt - was damit gleichzeitig mein machbares Maximum bedeutet - und weil sich bis zu diesem Datum auch die höchste Wahrscheinlichkeit für einen Polarwirbelsplit ergibt, den ich ja schon vor einigen Tagen textlich mal als theoretische Entwicklungsmöglichkeit angesprochen hatte.
Genug der Vorrede, jetzt kommen ohne weitere große Kommentare die drei Vorausschauen...
Und dann die finale Vorausschau für den 12. Januar 2018:
Vorschau PWS 12.01.2018.jpg (Größe: 274,79 KB / Downloads: 758)
Es zeigt sich ein vollendeter Polarwirbelsplit. Wir in Europa - nicht nur Mitteleuropa - würden auf einer kalten und auch schneereichen Seite landen...
...Ob es dann auch wirklich so kommt, ist natürlich fraglich. Sollte es weitgehend zutreffen, wäre es dann wohl mehr als ein Fingerzeig, was die Prognosegüte von Langfrist angehen würde...
Guten Morgen in die Polarwirbel-Runde!
Nun liegen die überarbeiteten, teils korrigierten, endgültigen Daten von ECMWF vor, die auf dieser Seite als visuell aufbereitete Analysen eingestellt werden:
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Der Betreiber der Seite, Andreas Dörnbrack, ist selbst anerkannter Stratosphären-Wissenschaftler mit zahlreichen Publikationen und verwertet die Daten von ECMWF, ähnlich der Freien Universität Berlin, allerdings mit höheren Auflösungen und inkl. der Korrekturen aus den Rohdaten.
Übersicht seiner Publikationen: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar.
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Anhand dieser endgültigen und visuell hoch aufgelösten Daten werde ich meinen experimentellen Forcast-Versuch mit 30 Tagen oder 720 h Vorausschau, ausgehend vom 13.12.2017 (eingestellt im Forum am 14.12.2017), nachfolgend abgleichen.
Die Prognose für den 12.01.2018 hatte ich mit einer Ursprungsgrafik aus dem Archiv der FU Berlin (abgewandelt) dargestellt. Über ein eigenes Grafikprogramm verfüge ich nicht und daher muss ich notgedrungen ausweichen. Bei der Auswahl aus dem begrenzten Archiv habe ich eine Grafik suchen lassen, die zu 80% mit meinen Berechnungen übereinstimmen sollte und die beiden Wirbelzentren möglichst genau an den berechneten Orten darstellen sollten. Die Suche ergab die genutzte Grafik, die übrigens aus 2012 stammt. Robbi hatte zu recht darauf hingewiesen und das indirekt bemängelt. Seine Feststellung ist also korrekt, aber aus Zeitmangel und auch Bequemlichkeit habe ich darauf verzichtet, eine eigene visuelle Darstellung erst noch zu konzipieren. Schließlich betreibe ich das alles bisher nur als Hobby und meine Kapazitäten sind an vielen Enden limitiert.
Doch das nur am Rande, denn entscheidend für eine Verifikation der Langzeitprognose sind folgende Aussagen:
Die Prognose stellte eine hohe Wahrscheinlichkeit heraus für einen TST-Polarwirbelsplit, der am 10.01.2018 beginnen und mit höchster Wahrscheinlichkeit am 12.01.2018 vollendet sein sollte. Ferner wurden die berechneten Wirbelkerne örtlich fixiert und es wurde festgelegt, welcher der beiden Wirbel stärker vertieft sein sollte (Kennzeichen "L").
Diese drei Kriterien sind die bedeutendsten, denn sie bestimmen zwangsläufig:
a). die finale Bewegungsdynamik zwischen dem 10. und 12. Januar (beginn des Events bis Vollendung), also ganz am Ende des Forecast-Zeitraumes
b). die vorgelagerten Entwicklungen vom ersten Prognosetag (14.12.2017) bis zum Beginn des Events am 10. Januar 2018, denn nur eine korrekte Berechnung der gesamten Entwicklung kann dann zum berechneten Finale führen.
Dies beinhaltet auch, dass in der Zeit vom 14.12.2017 bis zum 10.01.2018 zwischenzeitlich kein TST-Event auftreten würde oder ein SSW-Event die Entwicklung in der Stratosphäre von oben nach unten maßgebend beeinflussen konnte. Das bedeutet zwangsweise, dass die Berechnungen weder ein TST-Event schon vor dem 10.01.2018 ergaben und dass kein SSW-Event berechnet wurde bis zum Finaltag 12.01.2018! Ansonsten wäre die Prognose bereits mit Auftreten eines der beiden genannten möglichen Events fehlerhaft gewesen.
Tatsächlich ereigneten sich weder ein unerwartetes TST-Event noch ein SSW-Event innerhalb der Forecastzeitspanne.
Zum Ergebnis:
die endgültigen Daten von ECMWF zeigen nun zweifelsfrei, dass es tatsächlich ein TST-Event im berechneten Zeitfenster vom 10. bis 12. Januar 2018 gegeben hat. Die Prognose legte den Beginn des Events auf den 10.01.2018 und die Vollendung des Polarwirbelsplits mit höchster Wahrscheinlichkeit auf den 12.01.2018. Diese Berechnungen haben sich in der Realität auf den Tag genau wiedergefunden. Tatsächlich ist der Beginn des TST-Events auf den 10.01.2018 festzulegen und die erstmalige Vollendung der Wirbelteilung mit zwei vollständigen Wirbelkomplexen ist auf den 12.01.2018 zu datieren. Die Wirbelteilung hielt sich über mehrere Tage und wurde bis hinauf in 30 hpa nachgewiesen. Sogar in 20 hpa zeigten sich noch Auswirkungen der Wirbelteilung aus der unteren Stratosphäre, indem eine Dipolsituation nachgewiesen werden konnte. Eine auslösende rasche Erwärmung (SSW) in der oberen oder mittleren Stratosphäre ist nicht festgestellt worden, bedeutet also: kein SSW-Event mit einem Polarwirbelsplit von oben nach unten! Damit steht fest, dass es sich um ein TST-Event handelte, also ein durch die Troposphäre ausgelöstes, auf die untere Stratosphäre propagierendes Ereignis, dass nach erfolgter Wirbelteilung in der unteren bis mittleren Stratosphäre zurück auf die Troposphäre wirkt.
Die Berechnungen waren folglich erfreulich exakt und zutreffend.
Der Berechnung der Wirbelkernkoordinaten entsprach nicht vollständig den tatsächlichen Koordinaten. Der westliche Wirbelkern war für den Zieltag gut berechnet, der östliche Wirbelkern lag am Zieltag (12.01.2018) etwas außerhalb der berechneten Lage, aber noch innerhalb des Toleranzbereichs. Ähnlich verhält es sich mit den beiden Wirbelausrichtungen, also den Wirbelachsen. Richtig erfasst wurde, dass der östliche Wirbel stärker vertieft war als der westliche. Insgesamt wurde die Stärke des Polarwirbels etwas zu schwach berechnet. Die Drucktiefe wurde um bis zu 200 Meter zu gering berechnet für den 12.01.2018, was einer Abweichung von unter 1,5% entspricht, was noch knapp innerhalb des Toleranzbereichs liegt. Dies spiegelt sich auch in den berechneten Werten für Zonalwind und Temperaturgradient wieder, die insgesamt einen schwächeren Polarwirbel berechneten. Die Abweichung beträgt hier >5% und ist verbesserungswürdig, da außerhalb des Toleranzbereichs.
Die Grafiken dazu:
Prognose für 12.01.2018:
Vorschau PWS 12.01.2018.jpg (Größe: 274,79 KB / Downloads: 758)
Ist-Werte vom 12.01.2018:
Analyse ECMWF 12.01.2018 Split 100 hpa.gif (Größe: 88,92 KB / Downloads: 757)
Dokumentation des Beginns des Events am 10.01.2018:
08.01.2018 vor dem Beginn:
Analyse ECMWF 09.01.2018 100 hpa.gif (Größe: 92,87 KB / Downloads: 758)
...dann 10.01.2018 Beginn des Events:
Analyse ECMWF 10.01.2018 100 hpa.gif (Größe: 88,9 KB / Downloads: 758)
... 11.01.2018:
Analyse ECMWF 11.01.2018 100 hpa.gif (Größe: 88,24 KB / Downloads: 758)
und erstmalige Vollendung der Wirbelteilung am 12.01.2018:
Analyse ECMWF 12.01.2018 Split 100 hpa.gif (Größe: 88,92 KB / Downloads: 757)
Die Wirbelteilung hielt mehrere Tage an bis zum 18.1.2018. Die Positionen der Wirbelkerne verlagerten sich dabei und damit auch die Wirbelachsen:
13.01.2018
Analyse ECMWF 13.01.2018 Split 100 hpa.gif (Größe: 86,44 KB / Downloads: 757)
15.01.2018
Analyse ECMWF 15.01.2018 Split 100 hpa.gif (Größe: 88,53 KB / Downloads: 755)
18.01.2018
Analyse ECMWF 18.01.2018 Split 100 hpa.gif (Größe: 88,42 KB / Downloads: 754)
Bleibt noch nachzuweisen die Wirbelteilung in 30 hpa, wie hier am 16.01.2018:
Analyse ECMWF 16.01.2018 Split 30 hpa.gif (Größe: 99,59 KB / Downloads: 758)
und die Wirkung bis hinauf in 20 hpa mit einer Dipolausbildung am 16.01.2018:
Analyse ECMWF 16.01.2018 Split 20 hpa.gif (Größe: 108,55 KB / Downloads: 756)
Diese ganze Phase vom 08.01. bis zum 18.01.2018 habe ich zusammenfassen noch als Simulation verewigt, damit die ganze Entwicklung als Bewegung noch besser erfasst werden kann.
picasion.com_ee7a386b28b0f0180ea77d787ae82c15.gif (Größe: 647,57 KB / Downloads: 759)
Ich denke, das sollte als Verifikation genügen. Wenn Fragen sind oder Anmerkungen, stehe ich gern zur Verfügung.
Man erlaube mir noch meine abschließende persönliche Einschätzung zu diesem Experiment der 30-Tages Langfristberechnung.
Ich bin ziemlich zufrieden, ja schon etwas positiv überrascht über die bereits gut gelungenen Berechnungen. Noch ist nicht alles gut genug und da sind noch einige Baustellen. Jedoch dürfte das die bisher einzige Prognose gewesen sein, die über 30 Tage im voraus einen TST-Polarwirbelsplit auf den Tag genau berechnet hatte, mit korrektem Beginn und Vollendung der Wirbelteilung und mit einer guten Vorausberechnung der Lage der beiden Polarwirbel. Kein Modell hat das bisher realisieren können. Und weil das so ist, bin ich bei aller gebotenen Bescheidenheit darauf auch ein wenig stolz. Das soll dann auch genügen.
Mit meiner erweiterten Hardware und der damit möglichen Programmerweiterungen habe ich inzwischen auch die Berechnungen vom 13.12.2017 mit den damaligen Anfangsdaten erneut gerechnet. Im Ergebnis lagen die Berechnungen zu meiner damaligen Prognose nur geringfügig anders. Die Abweichungen waren also noch vorhanden, was immerhin die Richtigkeit meiner ersten Berechnung bestätigen konnte. Das bedeutete, dass die aufgelaufenen Abweichungen nicht systembedingt entstanden sind. Bei einem weiteren Lauf konnten die Abweichungen allerdings nochmals minimiert werden zu den tatsächlichen Realwerten. In diesem Lauf habe ich die nachträglich korrigierten Ausgangswerte übernommen für den 13.12.2017. Die Abweichungen zu den vorläufigen Ausgangsdaten, die ich für die Prognose nehmen musste, waren zwar scheinbar nur marginal, aber doch schon groß genug, um mit fortschreitendem Berechnungstag größere Abweichungen zu generieren. Problem in der Zukunft wird also sein, dass man nicht auf vorläufige, teilweise interpolierte Messwerte für die Gitterpunkte zurückgreifen darf, sondern nur mit den korrigierten Werten arbeitet, die erst Tage später verfügbar werden. Dieses Problem haben auch alle Wettermodelle, denn sie verwenden ausnahmslos die vorläufigen, berechneten und auch interpolierten Werte als Ausgangsdaten für jeden neuen Lauf.
Mein Fazit:
Um aus einer solchen Berechnung im Mehrschichtenmodell auch wetterrelevante Prognosen für die untere Troposphäre entwickeln zu können, genügt meine derzeitige Auflösung von 500 x 500 km als Gittergröße nicht aus. Die Aussagen für die untere Troposphäre sind noch nicht geeignet, um treffsicher die Großwetterlagen zu bestimmen und damit die genauen Rahmenbedingungen für unser Wettergeschehen z.B. in Deutschland. Je kleiner die Auflösung, umso besser können die Vorhersagen werden. Dazu aber bedarf es ungeheuer viel Rechnerkapazität. Das liegt weit außerhalb meiner Möglichkeiten. Damit steht für mich fest, dass ich mit meinen verfügbaren Kapazitäten über einen Zeitraum von mehr als 14 Tagen keine treffsichere Wettervorhersage berechnen kann. Die zutreffende Berechnung der stratosphärischen Bedingungen von der Tropopause bis hinauf auf 30 hpa sind jedoch grundsätzlich schon möglich für 30 Tage und mehr. Das hat dieses Experiment bereits gezeigt.
Die nächste Herausforderung wird sein, den zum Monatsende beginnenden SSW voraus zu berechnen und mit fixen Zieldaten zu bestimmen (was bisher unmöglich ist), die da wären:
- Beginn der plötzlichen starken Erwärmung in 10 hpa
- Berechnung der diversen Erwärmungsschübe von 01 bis hinab in 30 hpa und nachfolgend bis ganz runter in 100 hpa
- Berechnung des Höhepunktes des SSW mitsamt Zeitfenster
- Festlegung auf einen Zieltag für das Erreichen der Kriterien für einen Major SSW (wenn dies berechnet wird)
- optional die Einschätzung aufgrund der Berechnungen, ob sich daraus auch noch ein Polarwirbelsplit ergeben wird.
Ob ich das hier im Forum noch leisten kann, weiß ich heute noch nicht. Denn meine Zeit für das Forum nimmt nun rapide ab. Zum Ende Februar habe ich einen neuen Job angenommen, auf den ich mich schon vorbereite und mächtig freue...
Danke allen für das Lesen meiner langen Abhandlungen und für das Interesse an dieser Thematik. Ihr könnt alle selbst beurteilen, wie erfolgreich das Experiment war und welche Gewichtung es hat. Es wird sicher noch immer Leute geben, die meinen, es wäre alles wieder nur Zufall und ich ein Scharlatan. Das macht mir nichts mehr aus, auch wenn ich mich kurz darüber auch mal richtig ärgern kann. Für mich zählt in diesem Fachgebiet nur der Erfolg, der zu Fortschritt führt.
Gruß in die Runde!