(14.10.2016, 08:00)Wetterleuchte schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.Die Modelle zeigen heute einheitlich ein anderes Bild, als ich es beschrieben habe. Es scheint so, als würde die Zugbahn des Ex-Hurricane das Zünglein an der Waage zu sein. Denn diese wird heute von fast allen Modellen ganz anders gerechnet als in den Tagen zuvor. Demnach wird er rasch in die Frontalzone aufgenommen und damit verändern sich alle Parameter in den Druckverhältnissen. Aber mal abwarten, ob sich das wieder ändert. Wenn nicht, dann brauchen wir nicht viel zu verifizieren. Dann ist die Prognose ab Tag 8/9 nämlich praktisch schon widerlegt.
Gruß in die Wetter-Runde!
Ja, darin liegt das Grundproblem bei erweiterten Mittel- und Langfristprognosen. Schon eine kleine
Änderung in der Kurzfrist ergibt in den meisten Fällen eine völlig veränderte Großwetterlage in der
Langfrist.
Ich stell mir eine Langfristprognose immer vor, wie ein Labyrinth mit unzähligen Abzweigemöglichkeiten,
wo dann an jeder "Kreuzung" neu gewürfelt wird, in welche Richtung es weitergeht. Je stabiler die GWL,
desto geringer die Anzahl solcher "Kreuzungen", je unsicherer, desto mehr! Und wenn es halt sehr oft
die Möglichkeit gibt, falsch abzubiegen, dann ist natürlich auch der ursprünglich prognostizierte Zielpunkt
umso unwahrscheinlicher.
Deshalb orientier ich mich meistens an den 18 verschiedenen Läufen des ENS. Diese entsprechen quasi
18 verschieden Wegen im Labyrinth und immer wenn es wieder Punkte gibt, ab wo sich die einzelnen
Läufe in verschieden Richtungen entwickeln, ist dies mit solch Kreuzungen zu vergleichen. Wobei eine
relativ geringe Streuung bis zum Ende hin bedeutet, daß es zwar auch verschiedene Wege dorthin gab,
viele Abzweigungen aber nicht so gravierend waren (Umleitungen/Umwege), oder sich aber im laufe der
Zeit wieder kompensierten. Das Ergebnis wären dann 18 verschieden Zielpunkte, die allerdings recht nah
beieinander liegen.
Um ein ENS genauer zu analysieren, bedarf es aber doch immer einer recht aufwendigen Methode. Man
sucht sich mehrere Läufe aus, die eine Zeit lang fast gleich verlaufen. Im heutigen 12-er Lauf für München
wär z.B der 24.Oktober so ein "Kreuzungspunkt", dem man näher auf den Zahn fühlen könnte. Bis dahin
verlaufen die ENS realtiv gleichgerichtet:
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Wir sehen also bis zum 24.Oktober lediglich 2 gravierende Ausreisser (einen grünen in den sehr milden
Bereich und einen blauen in den sehr kalten Bereich ab dem 21.). Auch diesen 2 könnte man jetzt
genauer auf denZahn fühlen - was ich auch kurz zu Demonstrationszwecken hier machen werde. Man
sieht, daß sie bis zum 21.Oktober in etwa ähnlich verlaufen, dann sich aber plötzlich völlig auseinander
entwickeln.
Beim blauen Lauf handelt es sich vermutlich um den P2 und beim grünen um den P9! Leider ist mit
dem ersten Blick nicht immer gleich genau erkennbar, welche Farbnuance welcher Laufbezeichnung
entspricht.
Die Karten für die einzelnen Member des ENS findet man unter "ENS-alle Member" (hier für den 21.):
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Jetzt können wir uns die Läufe P2 (der blaue kältere) und P9 (der grüne milde) für die Tage vom 21. bis 24
genauer anschauen und miteinander vergleichen. Dazu müssen wir die einzelnen Tage durchklicken und uns
die Grafiken für P2 und P9 rausschneiden. Linke Spalte zeigt den kalten P2, rechte Spalte den milden P9:
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Wir sehen also ganz deutlich, was bei den beiden Ausreißern passiert:
Am 21. noch sieht die GWL recht ähnlich aus, auch wenn man beim kalten Lauf schon einen schmalen
Hochdruckkeil bis weit in die Nordsee rauf erkennen kann. Am 22. beginnt dann beim kalten Lauf, östlich
des stabilen Keils, Kaltluft aus Nordost vorzustoßen. während beim milden Lauf eher die milde Luft aus
dem Mittelmeerraum für Mitteleuropa tonangebend wird. Diese Tendenz verstärkt sich dann bis zum 24.
noch, womit bis dahin in Mitteleuropa 2 völlig konträre Temperaturbedingungen vorherrschen.
Im ENS aller Läufe sehen wir ja, daß der kalte Ausreißer am 27.Okt. seine maximale Ausprägung erreicht
hätte. Wenn wir uns dann die Temperaturkarte vom P2 am 27. anschauen, sehen wir da eine toll aus-
geprägten, sehr stabilen Trog bis an die Adria runter - noch immer geschützt von diesem schmalen aber
sehr stabilen Hochdruckkeil, den wir schon am 21. erkannt haben:
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Dieser Keil ist somit auch die Ursache, des ganzen "Kaltausreißers", wir könnten also jetzt zum 2o. hin
immer ein Auge drauf werfen, ob es tatsächlich zur Ausbildung eines solchen Hochdruckkeils kommt.
Denn nur dann wär auch eine solch längere Kaltphase recht wahrscheinlich!
So, damit hätten wir uns diese 2 Ausreißer mal etwas genauer angesehen!
Aber wie im gesamten ENS zu erkennen, ist es jetzt wichtig, die Wahrscheinlichkeit dieser 2 Läufe auch
richtig einzuordnen. Es sind lediglich 2 von 18 Läufen, die schon ab dem 21. so eine gravierende
Abweichung anzeigen, alle anderen Läufe (also ca. 90% davon) zeigen dies bei weitem nicht so ausgeprägt!
Somit scheinen beide Läufe mit einer Eintreffwahrscheinlichkeit von ca. 5% (genau genommen 1/18)
doch recht unwahrscheinlich.
Hiermit wollt ich eigentlich nur ein kurzes Beispiel zeigen, wie man dem ENS genauer auf den Zahn
fühlen kann. Es ist leider sehr mühsam und zeitaufwendig, sich so immer ein genauers Bild machen
zu wollen. Wie praktisch wär es, wenn man im ENS aller Läufe einfach auf einen einzelnen Lauf klicken
könnte, und man bekäme die Animation der nächste 14 Tage angezeigt. Vielleicht gibt's unter den Profis
auch schon sowas, ich jedenfalls kenn sowas leider noch nicht und wär ich Meteorologe, ich hätt mir
so ein Tool längst gebastelt.
Bei Konstellatonen des ENS, wo sich aber 2 große Teile der Läufe ab einem bestimmten Tag völlig konträr
verhalten, lohnt es sich dennoch, dieses halbe Stündchen zu investieren - um zu sehen, was sich da tat-
sächlich hinter dem bloßen Liniendiagramm so verbirgt.
lg und schönen Tag noch!
lg