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Normale Version: Grönland: frosted Hurricane!
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Guten Morgen in die Wetter-Runde!

Heute ein Ereignis, das die Kinowelt erfunden haben könnte:

Ein Hurricane "zerschellt" an der Küste Grönlands und türmt so gewaltige Schneemengen auf, wie man es noch nie zuvor erlebt hatte. Kein Horrorszenario aus der Kinowelt, nein, es ist bereits messbare Realität!

Nach der sensationshaschenden Einleitung nun die nüchternen Fakten: Cool

Der Ex-Hurricane Nicole ist am 19. Oktober 2016 nach einer langen Lebensdauer und langer Reise auf die SO-Küste Grönlands getroffen. Dort prallte er mit seiner mitgeführten großen Energiemenge auf die wohl kälteste Luftmasse der Nordhalbkugel. Das Ergebnis: heftigste Niederschläge - als Schnee - verbunden mit orkanstarken Winden. Eine Art Jahrhundert-Schneesturm sollte das wohl gewesen sein, wenn man sich anschaut, wie sich durch dieses Ereignis die Massebilanz Grönlands von einem Tag auf den übernächsten verändert hat. Man staune und sei demütig gegenüber der Kraft der Natur:

[attachment=899]
Man sieht die taggenaue Massebilanz (also tägliche Zunahme/Abnahme) von ganz Grönland. Der Peak (Ausschlag) nach oben am 19. Oktober ist gewaltig und - ist ein absoluter Rekord seit Messbeginn! Um knapp 12 Gt ( = 12 Milliarden Tonnen oder 12.000.000.000.000 Kg) ist die Massebilanz nach oben geschnellt - an einem einzigen Tag! Manche Leute denken nun, dies wäre wohl nur einem Messfehler geschuldet. Doch tatsächlich wird nur deutlich, dass ein ganz besonderes Ereignis auf Grönland stattgefunden hat. Doch wo auf Grönland ist die Anomalie entstanden, wo also fand das Ereignis statt? Dazu dieses Schaubild:

[attachment=898]

Damit ist klar, im SO von Grönland fand das Ereignis statt. Und wir hier im Forum wissen ja, was da geschehen ist. Der Ex-Hurricane - der mit seiner sehr ungewöhnlichen Zugbahn auf Grönland zu meine erste erweiterte Mittelfristprognose durchkreuzt hat - ist mit voller Wucht gegen die Kaltluft über Grönland gedrängt worden, was seine Warmluft aufgleiten ließ und zu heftiger Konvektion führte. Man stelle sich das Szenario mal bildlich vor: der kräftige Sturm trieb den Schnee bis weit ins Landesinnere, füllte jede Vertiefung und türmte mancherorts gewaltige Schneedünen auf. Auf den glatten Oberflächen sammelten sich trotz des starken Windes auf riesiger Fläche mehrere dutzend Zentimeter Schnee, so dass insgesamt die Massebilanz im betroffenen Gebiet so extrem stark anstieg.
Wie stark muss dieser Schneefall gewesen sein, dass sich eine so dicke Schneedecke ausbilden und kräftig verdichten konnte bei derart starken Winden, die Schneeflocken problemlos über hunderte Kilometer fortwehen können. Der Autor eines Kinothrillers hätte es nicht besser erfinden können, was sich dort abgespielt haben muss!

Zurück zu den Fakten. Dieses außergewöhnliche Ereignis (frosted Hurricane Big Grin ) hat die Massebilanz auf Grönland nachhaltig verändert. Man sieht das auch an der Bilanz seit 01. September bis 20.10.2016:

[attachment=900]
Quelle: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.

Und daran kann man auch erahnen, wie viel Energie selbst in einem ergrauten Ex-Hurricane stecken kann.

Und noch eine Quiz-Frage zum Abschluss: da Energie ja nicht verschwindet, wo ist diese gewaltige Energiemenge jetzt?
Was meint Ihr? Ich freue mich auf Eure Ideen, Kommentare, Euer Wissen und Eure Phantasien dazu!

Wir stellen aber schon einmal nüchtern fest: kein Messfehler, sondern Naturgewalt!

Ich hoffe, ich konnte Euch meine Faszination für die ungeheure Kraft der Natur vermitteln.

Allen einen schönen Tag!
Hallo Wetterleuchte,

danke für den interessanten Bericht, der uns wieder mal vor Augen führt, wie klein der Mensch doch im Vergleich zur Natur ist..auch wenn man sich den gewaltigen Zuwachs innerhalb kurzer Zeit so garnicht visualisiern kann.
Noch schöner wäre der Schnee natürlich hier im Winter bei uns..

LG
Country
Danke für den Artikel!

Ja, das sind schon unvorstellbare Massen!! Und welche Energien da an die Küste von Grönland gebrandet sind...Wahnsinn!!

Ich hoffe ja, dass dort im direkten Einflussbereich keine Dörfer waren! Die hätten wahrscheinlich jetzt ihre Probleme entweder durch Flut (an der Küste wars ja doch eher Regen) oder Schnee...

Und die Frage nach der Energie...ich denke ja, dass die jetzt da erstmal im Schnee gespeichert ist und nur darauf wartet im Winter durch eine Nordwestströmung nach Mitteleuropa zu kommen um sich dann bei uns auszutoben! (Bitte nicht ernst meinen Angel Big Grin Big Grin )
Für die Leser, die der englischen Sprache mächtig sind, habe ich einen interessanten Bericht über die letzte Phase des Hurricane Nicole vom 17.10.2016 zu empfehlen. Zwei Tage vor Anbrandung an Grönlands Küste erschien dieser Bericht unten: alle Links darin (erkennbar farblich abgesetzte Worte) funktionieren auch hier im Forum und sind durchweg ergiebige Quellen weiterer Infos!

Quelle: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.
Zitat:Nicole is venturing awfully far north for a hurricane
Don’t look now, but Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login. is making a run for Greenland. Nicole regained hurricane strength on Saturday, the first Atlantic storm to cross the hurricane threshold at least three times in its life since Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login. (thanks to Phil Klotzbach at Colorado State University for researching this statistic and to wunderground member Oxfordvalley for updating it]. Nicole has stubbornly retained its warm-core characteristics well north of the tropics, making it to 41°N as of Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.. Nicole was heading north-northeast at about 9 mph and should accelerate in that direction. Eventually, Nicole will become a cold-core system, although that transition may happen extremely far to the north. The National Hurricane Center predicts that Nicole will become a post-tropical cyclone Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.. However, a phase-space diagram produced by Robert Hart (Florida State University) for Nicole Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login., suggested that Nicole would remain a warm-core system (though increasingly asymmetric) until Thursday. On Thursday morning, the NHC forecast has Nicole as a post-tropical cyclone located between Greenland and Iceland, less than 70 miles from the Arctic Circle. Even then, Nicole should still be a powerful storm, with a surface pressure below 970 millibars and peak winds on the order of 60 mph. After Nicole finally dissipates somewhere near Greenland, its core of warm, moist air will continue into the Arctic, where the extent of sea ice is at its lowest mid-October level Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login..

One of the few potential analogs for Nicole is Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login. (1966), which was still classified as a Category 1 hurricane at latitude 61.1°N, the furthest-north position of any tropical cyclone in the Atlantic. Faith also carved out the Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login. of any Atlantic hurricane on record.

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Figure 4. Visible satellite image of Hurricane Nicole as of 1245Z (8:45 am EDT) Monday, October 17, 2016.

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Figure 5. NHC forecast for Hurricane Nicole as of 0900Z (5:00 am EDT) Monday, October 17, 2016. Although Nicole is predicted to maintain hurricane-strength winds through Tuesday and tropical-storm-strength winds through Thursday, the National Hurricane Center predicts it will be a post-tropical cyclone by Tuesday.

Dieser Bericht zeigt vorauseilend, dass ein ganz besonderes Ereignis anstehen würde. Denn über einen historisch direkt auf Grönland treffenden Ex-Hurricane kann auch Wonderground nichts berichten. Dies scheint dann wohl eine Primiere gewesen zu sein (jedenfalls so lange wir Menschen uns erinnern können oder es aufschreiben können). Tja, kein Wunder, dass ich eine solche Zugbahn allein schon aus Wahrscheinlichkeitsgründen ausgeschlossen hatte (in meiner Prognose - Wetterforum). Ist doch auch eine Art Trost..

Gruß!
Und noch einen schönen vorausschauenden Bericht über die wettertechnische Betrachtung, diesmal vom 18.10.2016:

Quelle: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.

Hinweis: da hier die Bilder von Kachelmanns Seite im Zitat nicht abbilden, lohnt sich auch ein Klick auf die Quellenangabe zum Original hin!


Zitat:Enorme Regen- und Schneemengen im Südosten Grönlands!
von Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login./ 18. Oktober 2016
Im Südosten Grönlands werden in den kommenden Tagen enorme Niederschlagsmengen erwartet. Das globale deutsche Wettermodell rechnet bis Freitagabend an der Südostküste mit Niederschlagsmengen von teilweise 200 bis 400 Litern pro Quadratmeter! Das kann man in der zu erwartenden Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login. anhand der Legende ablesen:

 
Schuld an diesen enormen Mengen ist ein Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.. Dieses Tief ist der Ex-Hurrikan „Nicole“ und bleibt ziemlich ortsfest bis zum Wochenende dort liegen und sorgt zudem dafür, dass mit stetig starkem Südostwind angewärmte Meeresluft auf die Südostküste Grönlands trifft. Per se hat Ex-Nicole schon sehr viel Feuchtigkeit mit im Gepäck, was zusätzlich für die enormen Niederschlagsmengen sorgt:

 
Schauen wir uns das alles mal genauer an, wie solch enormen Mengen zustande kommen. Zum Einen liegt das Tief wie bereits erwähnt über mehrere Tage nahezu Ortsfest vor der Südspitze Grönlands. Zum Anderen wird angewärmte Meeresluft von Südosten nach Grönland transportiert, denn das Meer hat südlich von Island und Grönland noch 8 bis 12 Grad, wie man anhand der nächsten Karte sehen kann:
 
Die Strömung kommt somit stramm und meist konstant aus Südost und bringt viel Feuchtigkeit an die Südostküste. Hier wird die Luft zum Aufsteigen gezwungen, denn Grönland ist dort nicht einfach eine platte Insel, sondern es geht knapp hinter der Küste rasch auf 2000, teilweise sogar auf 3000 Meter drauf. Die sehr feuchte Luft wird hier zum Aufsteigen gezwungen.
 
Doch damit nicht genug. Diese angewärmte Meeresluft muss stark runter gekühlt werden, denn sie trifft hier auf Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login. und kann bei weitem nicht mehr so viel Wasserdampf halten. Daher regnet und schneit es direkt im Küstenumfeld im Südosten Grönlands kräftig und lang andauernd.
 
Dabei fällt aber nur unmittelbar an der Küste Regen, sobald man ein paar Kilometer ins Land rein kommt und dementsprechend auch höher kommt, so kommt hier alles als Schnee runter, wie auch Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.. Es sind also nur direkt an der Küste enorme Regenmengen möglich, alles andere wird meist Schnee sein und die Schneedecke kann hier bis Freitagabend stellenweise um gute 2 Meter anwachsen! Natürlich wird durch den stürmischen Wind aber auch viel Schnee einfach vom Winde verweht.

Schönen Abend noch!
(21.10.2016, 17:51)Wetterleuchte schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.Und noch einen schönen vorausschauenden Bericht über die wettertechnische Betrachtung, diesmal vom 18.10.2016:

Quelle: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.

Hinweis: da hier die Bilder von Kachelmanns Seite im Zitat nicht abbilden, lohnt sich auch ein Klick auf die Quellenangabe zum Original hin!


Zitat:Enorme Regen- und Schneemengen im Südosten Grönlands!
von Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login./ 18. Oktober 2016
Im Südosten Grönlands werden in den kommenden Tagen enorme Niederschlagsmengen erwartet. Das globale deutsche Wettermodell rechnet bis Freitagabend an der Südostküste mit Niederschlagsmengen von teilweise 200 bis 400 Litern pro Quadratmeter! Das kann man in der zu erwartenden Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login. anhand der Legende ablesen:

 
Schuld an diesen enormen Mengen ist ein Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.. Dieses Tief ist der Ex-Hurrikan „Nicole“ und bleibt ziemlich ortsfest bis zum Wochenende dort liegen und sorgt zudem dafür, dass mit stetig starkem Südostwind angewärmte Meeresluft auf die Südostküste Grönlands trifft. Per se hat Ex-Nicole schon sehr viel Feuchtigkeit mit im Gepäck, was zusätzlich für die enormen Niederschlagsmengen sorgt:

 
Schauen wir uns das alles mal genauer an, wie solch enormen Mengen zustande kommen. Zum Einen liegt das Tief wie bereits erwähnt über mehrere Tage nahezu Ortsfest vor der Südspitze Grönlands. Zum Anderen wird angewärmte Meeresluft von Südosten nach Grönland transportiert, denn das Meer hat südlich von Island und Grönland noch 8 bis 12 Grad, wie man anhand der nächsten Karte sehen kann:
 
Die Strömung kommt somit stramm und meist konstant aus Südost und bringt viel Feuchtigkeit an die Südostküste. Hier wird die Luft zum Aufsteigen gezwungen, denn Grönland ist dort nicht einfach eine platte Insel, sondern es geht knapp hinter der Küste rasch auf 2000, teilweise sogar auf 3000 Meter drauf. Die sehr feuchte Luft wird hier zum Aufsteigen gezwungen.
 
Doch damit nicht genug. Diese angewärmte Meeresluft muss stark runter gekühlt werden, denn sie trifft hier auf Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login. und kann bei weitem nicht mehr so viel Wasserdampf halten. Daher regnet und schneit es direkt im Küstenumfeld im Südosten Grönlands kräftig und lang andauernd.
 
Dabei fällt aber nur unmittelbar an der Küste Regen, sobald man ein paar Kilometer ins Land rein kommt und dementsprechend auch höher kommt, so kommt hier alles als Schnee runter, wie auch Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.. Es sind also nur direkt an der Küste enorme Regenmengen möglich, alles andere wird meist Schnee sein und die Schneedecke kann hier bis Freitagabend stellenweise um gute 2 Meter anwachsen! Natürlich wird durch den stürmischen Wind aber auch viel Schnee einfach vom Winde verweht.

Schönen Abend noch!

Danke für die anschaulichen, gut erklärenden Zusatzinformationen.

LG
Country
So ganz unvorstellbar sind die Mengen nicht, 200-400mm kennen auch die italienischen Alpen. Aber schon extrem, natürlich.

@Country biste sicher, dass du 2m Schnee haben willst? Mir ist 1m genug.

@Wetterleuchte der viele Schnee entsteht durch aufgleitende feuchte Warmluft.

[Bild: anom2mf00arctufq16rmj29.png]

Quelle  Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.
Danke für den tollen Bericht Wetterleuchte. Bin mal gespannt was das noch für Auswirkungen auf Kaltwaseranomalien und Sonstiges hat. Ich denke die Wetterküche wird ganz schön durcheinander gewirbelt.
(21.10.2016, 19:53)Robbi schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.@Country biste sicher, dass du 2m Schnee haben willst? Mir ist 1m genug.

Übereinander wär´s vielleicht ein bisschen viel..1m würd gut reichen, da hast du Recht.

LG
Country
(21.10.2016, 15:35)Regensburg91 schrieb: Link ist nur fuer registrierte User sichtbar. registrieren oder login.Danke für den Artikel!

Ja, das sind schon unvorstellbare Massen!! Und welche Energien da an die Küste von Grönland gebrandet sind...Wahnsinn!!

Ich hoffe ja, dass dort im direkten Einflussbereich keine Dörfer waren! Die hätten wahrscheinlich jetzt ihre Probleme entweder durch Flut (an der Küste wars ja doch eher Regen) oder Schnee...

Und die Frage nach der Energie...ich denke ja, dass die jetzt da erstmal im Schnee gespeichert ist und nur darauf wartet im Winter durch eine Nordwestströmung nach Mitteleuropa zu kommen um sich dann bei uns auszutoben! (Bitte nicht ernst meinen Angel Big Grin Big Grin )

Hi Regensburger91,

sollte man denken, dass die Energie nun im Schnee lagert. Doch:

Auflösung Teil 1 für meine "Quis"-Frage: "da Energie ja nicht verschwindet, wo ist diese gewaltige Energiemenge jetzt?"

Wenn sich aus Regentropfen Schnee bildet, steigt in der Wolke die Temperatur, denn beim Gefrieren geben die Kristalle Wärme ab, während sie beim Verdampfen (Schmelze) Wärme aufnehmen. Heißt also: wenn es schneit, wird die Luft wärmer. In den Schnee ist die Energie also nicht gewandert. Wohin dann?

Nicht so einfach, oder doch?

Gruß!
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